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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Millhone.«
    »Nennen Sie mich ruhig Harris«, sagte er kurz.
    »Oh, gut, Harris. Ich hatte eigentlich gehofft, ich würde sie noch zu Hause erreichen, aber da muß ich Sie verpaßt haben. Mir ist leider etwas sehr Wichtiges dazwischengekommen, und ich muß für heute mittag absagen. Kann ich Sie später in der Woche noch einmal anrufen, um etwas auszumachen?«
    Seine Stimmung besserte sich schlagartig, und das war wirklich beunruhigend, wenn man bedenkt, daß ich ihn praktisch sitzenließ. »Kein Problem«, versicherte er. »Melden Sie sich einfach, wenn es Ihnen paßt.« Gelassen, gutmütig.
    Ein kleines Warnlicht begann zu blinken. »Danke. Das ist wirklich verständnisvoll von Ihnen. Es tut mir leid, daß ich Ihnen diese Ungelegenheit bereiten mußte.«
    »Machen Sie sich deswegen nur kein Kopfzerbrechen. Ach — aber wissen Sie, ich wollte mich eigentlich mal kurz mit Jaffes Expartner unterhalten. Ich könnte mir denken, daß der was weiß. Ist es Ihnen gelungen, ihn aufzustöbern?«
    Beinahe wäre ich mit meinen Informationen herausgeplatzt, aber im letzten Moment hielt ich mich zurück. So war das also. Der Bursche wollte mir ein Schnippchen schlagen und mich ausmanövrieren, um selbst an Jaffe heranzukommen. Ich sprach lauter. »Hallo?« Ich ließ zwei Sekunden verstreichen. »Hallooo?«
    »Hallo?« echote er.
    »Hallo? Sind Sie noch da?«
    »Ich bin am Apparat«, schrie er.
    »Könnten Sie vielleicht ein bißchen lauter sprechen? Ich kann Sie nicht hören. Das ist ja eine furchtbare Verbindung. Mensch, was ist denn mit diesem Telefon los? Können Sie mich hören?«
    »Ich höre Sie bestens. Können Sie mich hören?«
    »Was?«
    »Ich sagte, wissen Sie zufällig, wie ich mich mit Carl Eckert in Verbindung setzen kann? Ich konnte bisher nicht feststellen, wo er jetzt lebt.«
    Ich schlug den Hörer auf das kleine Bord, mit dem jede Telefonzelle ausgestattet ist. »Halllooo? Ich kann Sie nicht hören!« rief ich. »Hallo?« Und dann sagte ich in wütendem Ton: »Ach Mensch, verdammt noch mal!« und knallte den Hörer auf.
    Sobald die Verbindung unterbrochen war, hob ich wieder ab. Ich blieb in der Zelle, den Hörer am Ohr, und tat so, als sei ich in ein angeregtes Gespräch vertieft, während ich den Restauranteingang im Auge behielt. Es dauerte nicht lang, da kam er heraus, ging über den Parkplatz und stieg in einen klapprigen alten Ford. Ich hätte ihm folgen können, aber wozu? Im Moment konnte ich mir nicht vorstellen, daß er mich an einen interessanten Ort führen würde. Und es war nicht allzu schwer, wieder mit ihm Verbindung aufzunehmen, insbesondere da ich Informationen besaß, die er gern haben wollte.
    Als ich die Tür zu meinem Wagen öffnete, sah ich, daß die Wirtin des Restaurants mich durch das Fenster beobachtete. Ich überlegte, ob ich noch einmal zu ihr gehen und ihr ein nettes Märchen auftischen sollte, um zu verhindern, daß sie ihm erzählte, wie ich ihn hinters Licht geführt hatte. Aber ich wollte nicht mehr Wirbel um den Zwischenfall machen als unbedingt nötig. Er ging wahrscheinlich sowieso nur alle zwei bis drei Monate in den Laden. Warum ihre Aufmerksamkeit auf die Sache lenken? Ich wollte doch, daß sie sie vergaß.
    Ich fuhr zu meinem Büro und gurkte endlos um den Block, bis ich endlich eine Parklücke fand. Ich mag gar nicht nachrechnen, wieviel Zeit ich jeden Tag auf diese Weise vertue. Manchmal begegne ich Alison oder Jim Thicket, unserem juristischen Mitarbeiter, die so angespannt wie ich den Block in der anderen Richtung umkreisen. Vielleicht wird Lonnie mal einen großen Fall gewinnen und jedem von uns einen eigenen kleinen Parkplatz spendieren.
    Da ich schon einmal in der Nähe war, ging ich in den Supermarkt und kaufte mir etwas zu essen. Die Wettervorhersage, die ich im Auto gehört hatte, war gespickt gewesen mit obskuren meteorologischen Fachausdrücken und Hinweisen auf Hochs und Tiefs und Prozentsätze. Dem entnahm ich, daß die Wetterexperten genausowenig wie ich wußten, was als nächstes geschehen würde. Ich ging zu Fuß zum Gerichtsgebäude und suchte mir einen geschützten Ort. Der Himmel war bewölkt, die Luft ziemlich kühl und von den Bäumen tropfte noch der Regen von der Nacht zuvor. Im Augenblick war es trocken, und das Gras im Park duftete angenehm.
    Eine weißhaarige Fremdenführerin führte gerade eine Gruppe Touristen durch den großen steinernen Torbogen zur jenseits liegenden Straße. Hier hatte ich in den Tagen unserer >Romanze< oft mit Jonah zu

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