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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Mittag gegessen. Jetzt fiel es mir schwer, mich zu erinnern, worin eigentlich die Anziehung bestanden hatte. Ich verspeiste mein Mittagessen aus der Tüte, sammelte dann Papier und leere Coladose ein und warf alles in den nächsten Abfalleimer. Wie auf ein Stichwort sah ich plötzlich Jonah über den durchweichten Rasen auf mich zukommen. Er sah überraschend gut aus für einen Mann, der wahrscheinlich nicht sehr glücklich war: groß und schlank, an den Schläfen leicht ergraut. Er hatte mich noch nicht bemerkt. Er ging mit gesenktem Kopf, in einer Hand eine braune Papiertüte. Ich wäre gern geflohen, aber ich stand wie angewurzelt und fragte mich, wie lange es dauern würde, bis er mich sah. Er hob den Kopf und sah mich ohne ein Zeichen des Erkennens an. Ich wartete reglos und voll Unbehagen. Als er noch etwa drei Meter entfernt war, hielt er plötzlich an. An seinen Schuhen klebten feuchte Grashalme.
    »Ich kann’s nicht glauben! Wie geht es dir?«
    »Gut«, antwortete ich. »Und dir?«
    Sein Lächeln wirkte mühsam und leicht verlegen. »Das haben wir doch vor ein paar Tagen schon mal am Telefon getan.«
    »Das dürfen wir«, sagte ich milde. »Was tust du hier?«
    Er sah wie verwundert zu der braunen Tüte in seiner Hand hinunter. »Ich habe mich hier mit Camilla zum Mittagessen verabredet.«
    »Ach ja, stimmt. Sie arbeitet hier. Das ist sehr bequem für euch beide, nicht, da deine Dienststelle gleich in der Nähe ist. Da könnt ihr gemeinsam zur Arbeit fahren.«
    Jonah kannte mich gut genug, um meinen Sarkasmus zu ignorieren, der in diesem Fall nicht viel zu bedeuten hatte.
    »Du hast Camilla nie kennengelernt, nicht? Bleib doch einen Moment? Sie wird jeden Augenblick kommen.«
    »Danke, aber ich habe noch etwas zu erledigen«, sagte ich. »Außerdem glaube ich nicht, daß meine Bekanntschaft sie sehr interessieren würde. Ein andermal vielleicht.« Heiliger Strohsack, Jonah, wach auf, dachte ich. Kein Wunder, daß Camilla dauernd wütend auf ihn war. Welche Ehefrau möchte schon die Frau kennenlernen, mit der ihr Mann während der letzten Trennung regelmäßig geschlafen hat?
    »Na ja, es war schön, dich zu sehen. Du siehst gut aus«, sagte er und machte Anstalten zu gehen.
    »Jonah? Ich habe doch noch eine Frage. Vielleicht kannst du mir da weiterhelfen.«
    Er blieb stehen. »Heraus mit der Sprache.«
    »Weißt du Näheres über Lieutenant Brown?«
    Er schien verwundert über die Frage. »Ich weiß einiges, ja. Was denn im besonderen?«
    »Ich hab’ dir doch erzählt, daß die California Fidelity mich beauftragt hat, nach Mexiko zu fliegen, um zu prüfen, ob Jaffe wirklich dort ist.«
    »Ja?«
    »Harris Brown war da unten. Er hat im Zimmer neben Jaffes gewohnt.«
    Jonahs Gesicht wurde ganz ausdruckslos. »Bist du sicher?«
    »Glaub mir, Jonah. Ich irre mich nicht. Er war es. Ich war ihm so nahe.« Ich hielt meine Hand dicht vor meine Nase. Daß ich ihn auch noch geküßt hatte, sagte ich nicht. Bei dem Gedanken lief es mir sogar jetzt noch kalt den Rücken hinunter.
    »Na ja, er kann auf eigene Faust ermittelt haben«, meinte Jonah. »Das ist sicher nicht verboten. Die Sache ist zwar Jahre her, aber er war dafür bekannt, daß er nie locker ließ.«
    »Er ist also beharrlich.«
    »Das kann man wohl sagen.«
    »Kann er jetzt, wo er im Ruhestand ist, immer noch euren Computer benutzen?«
    »Streng genommen wahrscheinlich nicht. Aber ich bin sicher, er hat noch Freunde bei der Truppe, die so was für ihn erledigen würden. Warum?«
    »Ich wüßte nicht, wie er Jaffe ohne Zugang zu dem Computer gefunden haben sollte.«
    Jonah zuckte unbeeindruckt mit den Achseln. »Diese Information haben wir gar nicht, sonst hätten wir ihn doch festgenommen. Wenn der Bursche wirklich noch am Leben sein sollte, haben wir einen Haufen Fragen an ihn.«
    »Aber irgendwo muß er sich die Information geholt haben«, beharrte ich.
    »Na hör mal. Brown war fünfunddreißig oder vierzig Jahre bei der Polizei. Er weiß, wie man sich Informationen beschafft. Der Bursche hat bestimmt seine Quellen. Vielleicht hat jemand ihm einen Tip gegeben.«
    »Aber welchen Wert hat es für ihn? Warum hat er die Information nicht an jemanden auf der Dienststelle weitergegeben?«
    Er musterte mich schweigend, und ich sah förmlich, wie die Rädchen in seinem Hirn sich drehten. »Das kann ich dir so nicht sagen. Ich persönlich glaube, du machst da aus einer Mücke einen Elefanten, aber ich kann ja mal nachfragen.«
    »Diskret«, warnte

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