Kirschroter Sommer (German Edition)
weiß ja, dass du schüchtern bist, aber so schüchtern?« Er seufzte. »Würde es dir helfen, wenn wir mit Händchenhalten anfangen und ich mich eher langsam herantaste?«
Das. War. Zu. Viel.
»Raus!«
»Nein, nein«, lachte er und gestikulierte sogleich mit seinen Händen. »Das war doch nur Spaß, Schatz. Bitte nicht rauswerfen.«
»Zu spät. Du hast versprochen, dich zu benehmen, und was machst du? Du hältst mich vom Lernen ab. Genau, wie ich es vorhergesagt habe.«
»Bitte, ich werde mich jetzt zusammenreißen, okay?« Flehentlich sah er mich an. »Ich vermisse dich schon die ganze Woche. Und jetzt willst du mich schon nach eineinhalb Stunden vor die Tür setzen?«
Ich dachte kurz darüber nach und sagte: »Ja!«
»Ach komm schon«, schmollte er. »Ich bin so gerne in deiner Nähe und wäre unendlich traurig, wenn du mich jetzt rauswirfst.«
»Mir kommen die Tränen …«
»Wirklich«, beteuerte er. »Ich schwöre dir, dass ich ab sofort ruhig sein werde und brav lese, okay?«
Ich fuhr mir mit der Hand durchs Gesicht. »Selbst wenn ich wollte – was definitiv nicht der Fall ist – Ich muss wirklich lernen, und das geht in deiner Anwesenheit nun mal nicht.«
»Du machst seit einer Woche nichts anderes als lernen.«
»Ja, verdammt, weil ich muss! Vielleicht ist es dir ja entgangen, aber ich war drei Wochen nicht hier, weil ich mich um meine Eltern gekümmert habe.«
»Du weißt genau, dass mir das nicht entgangen ist.« Zornig blickte er mich an. »Trotzdem finde ich, dass du es übertreibst. Was spricht denn dagegen, wenn du dir mal für ein paar Stunden eine Auszeit gönnst?«
»Die Interpretation und das Exposé, die ich bis Montag abgeben muss!«, knurrte ich.
Er atmete tief durch und sah mich eine Weile an. »Wenn ich dich jetzt weiter lernen lasse, versprichst du mir dann, demnächst mehr Zeit für mich zu haben?«
»Nein!«
»Warum?« Es klang mehr nach einer Beschwerde, als nach einer Frage.
»Herrgott, Elyas«, brach es aus mir heraus. »Ich bin kurz davor, aus reiner Verzweiflung mit dir zu schlafen, nur damit du mich endlich in Ruhe lässt!«
»Wer sagt, ich würde dich danach in Ruhe lassen?« Er grinste, während ich mit meinen Nerven langsam am Ende angelangte.
»Natürlich würdest du das! Jetzt tu nicht so!«
»Vielleicht schon, vielleicht auch nicht. Wie wäre es, wenn du es herausfindest?«
Ruhig bleiben, Emely, ruhig bleiben. Tief durchatmen …
»Okay, okay, Schatz«, sagte er schnell. »Du willst wirklich, dass ich jetzt gehe, oder? Du sagst das nicht nur so …«
»Bingo!«
Er seufzte. »Okay, ich werde gehen. Das mit der Auszeit war aber trotzdem mein Ernst. Wenn du sie dir schon nicht mit mir nehmen willst, dann irgendwie anders. Du siehst vollkommen gestresst aus und hast Ringe unter den Augen. Ich meine es nur gut.«
Ich verdrehte die Augen und nickte.
»Na dann …« Er erhob sich, lief um das Bett herum und steuerte auf mich zu. »Einen Abschiedskuss?«
Ich war kurz davor, in Tränen auszubrechen. »Nein«, jammerte ich.
»Ist ja gut«, schmunzelte er und sah mich mitleidig an. »Tut mir leid, dass ich dich gestört habe, Emely.«
Brummig nickte ich und er begab sich zur Tür. Dort angekommen, drehte er sich zu mir um. »Aber ich werde dein Versprechen nicht vergessen«, sagte er.
»Welches Versprechen?«
»Dass du bald wieder mehr Zeit für mich hast. Mach’s gut, Schönheit, du fehlst mir jetzt schon.« Mit diesen Worten verschwand er aus meinem Zimmer.
Ich starrte ihm nach, bis ich erneut nach meinem Buch griff. Aber schon nach einer gelesenen Zeile schmiss ich es zurück aufs Bett. Ich rollte mich auf den Bauch und vergrub mein Gesicht im Kopfkissen. Langsam aber sicher machte er mich mürbe, und ich wollte nicht mürbe werden! Ich wollte ihn hassen, anstatt mir die ganze Zeit Gedanken über ihn zu machen! Warum musste ich ausgerechnet auf ihn so reagieren? Weshalb konnte er mir nicht einfach egal sein?
Es war so dumm, so unsagbar dumm von mir. Und ich hasste mich dafür …
KAPITEL 18
Warum tut er das?
Ich stand unter der Dusche und ließ das warme Wasser über meinen Körper laufen. Wie wohltuend und entspannend doch so ein Brausebad sein konnte, selbst wenn die Aussicht auf das mir bald Bevorstehende zu wünschen übrig ließ. Alex hatte für heute einen Kneipenabend einberufen; mit im Gepäck waren Sebastian und – wie ich stark vermutete, obwohl nie die Rede davon gewesen war – Elyas.
Seit unserem gemeinsamen Lernnachmittag waren
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