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Kirschroter Sommer (German Edition)

Kirschroter Sommer (German Edition)

Titel: Kirschroter Sommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carina Bartsch
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Kneipe fast leer war, zwei Gäste aber beharrlich sitzen blieben, konnten Nicolas und ich den Laden nicht frühzeitig schließen. Elyas war der dritte und penetranteste Gast.
    Ich war gerade dabei, hinter der Theke sauber zu machen, als Elyas mit den Augen ein weiteres Mal die Kneipe erkundete. Seit stolzen fünf Minuten hielt er tatsächlich den Mund und ich konnte nicht beschreiben, wie unglaublich wohltuend ich diese Ruhe empfand. Doch wie alles im Leben, fand auch das viel zu schnell ein Ende.
    »Hast du Lust, mit mir Billard zu spielen?«
    »Falls du es vergessen hast, ich muss arbeiten.«
    Er sah auf die Uhr. »Aber nicht mehr lange. Und außerdem hast du ohnehin nichts zu tun. Du putzt gerade zum dritten Mal innerhalb von fünfundvierzig Minuten den Tresen.«
    Ich hielt in meiner Bewegung inne. »Führst du sonst noch irgendwelche Listen über Tätigkeiten von mir?«
    »Ja, ein paar. Zum Beispiel warst du in den letzten zwei Stunden dreimal auf Toilette. Offenbar mache ich dich nervös.«
    Ich schnaubte und schrubbte mit dem Lappen fester über das Holz. »Schon mal daran gedacht, dass ich vielleicht kotzen war?«
    Er lachte. »Nein, habe ich nicht. Aber stimmt, das hätte ich fast vergessen, du machst mich ja bald zum Papa.«
    Ich musste grinsen.
    »Also, was ist nun?«, fragte er. »Spielen wir eine Runde?«
    »Ich weiß nicht. Es sind immerhin noch zwei Gäste da, die bedient werden müssen.«
    »Wenn du gebraucht wirst, können wir eine Pause einlegen. Wo ist das Problem?«
    Um genau zu sein, gab es kein Problem – zumindest keins außer ihm. Und so brachte er mich ernsthaft dazu, es in Erwägung zu ziehen. Es brächte jedenfalls den entscheidenden Vorteil mit sich, dass er nicht so viel reden könnte, wenn er mit Spielen beschäftigt war. Bei Kindern nannte man so etwas Beschäftigungstherapie und bei Elyas fiel mir ebenfalls keine treffendere Bezeichnung dafür ein. Die Hoffnung, er würde in naher Zukunft verschwinden, hatte ich sowieso längst aufgegeben. Also warum nicht das Beste aus meiner Misere machen?
    »Gut, von mir aus«, sagte ich letztendlich, womit ich ihm ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht zauberte. Während ich mir die Hände an der Schürze abwischte, sprang er bereits lässig – wohlgemerkt viel lässiger, als ich es jemals gekonnt hätte – vom Barhocker und begab sich zum Billardtisch.
    Ich holte die Kugeln aus dem nahe stehenden Schrank und ordnete sie im Dreieck auf dem mit grünem Filz bezogenen Tisch an. Dabei entging mir nicht, von diesem Blödmann bei jeder meiner Bewegungen genauestens beobachtet zu werden. Und ich befürchtete, es hatte rein gar nichts damit zu tun, ob ich die Kugeln richtig legte oder nicht.
    »Wollen wir um etwas spielen?«, schlug er vor.
    Ich richtete mich auf. »Vergiss es, Elyas, ich spiele nicht um Sex!«
    Er schmunzelte. »Ich bitte dich, um so etwas würde ich nicht wetten.«
    »Und an was hast du angeblich dann gedacht?«
    Eine ganze Weile sah er mich an, bis auch ich zu überlegen anfing, ob ich von einem möglichen Spieleinsatz unter Umständen profitieren könnte. Immerhin war ich dank Nicolas nicht der schlechteste Billardspieler. Er war eine Art Amateur-Meister auf diesem Gebiet und hatte mir in den letzten zwei Jahren an ruhigen Tagen immer wieder Nachhilfe gegeben. Ich wusste zwar nicht, wie gut Elyas dieses Spiel beherrschte, aber zumindest standen meine Chancen, gegen ihn zu gewinnen, gar nicht mal so schlecht.
    Immer noch hielten wir Augenkontakt und überlegten, als uns scheinbar gleichzeitig ein Geistesblitz überkam, mit dem wir postwendend herausplatzten.
    »Ein Kuss!« »Ich darf mit dem Mustang fahren!«
    Misstrauisch blickten wir uns an und gelangten offenbar zu dem gleichen Ergebnis.
    »Vergiss es!«, sagten wir synchron. Doch auch ihm stand die Gier nach dem erdenklichen Gewinn deutlich ins Gesicht geschrieben.
    Ein Kuss … Pah! Bei dem piepte es wohl! Anderseits war die Fahrt mit dem Mustang zum Greifen nahe … Es sei denn, ich würde verlieren, was ich durchaus mit einkalkulieren musste. Ich wog ab, wie groß das Opfer für mich bei einer möglichen Niederlage sein würde, und kam zu dem Entschluss, dass es sehr groß, um nicht zu sagen verdammt groß war.
    Aber was, wenn ich gewinnen würde?
    Mustang fahren …
    Ein Kuss …
    Mustang fahren …
    Vielleicht ein kurzer Kuss …
    Mustang fahren …
    Er hatte nichts von Zunge erwähnt, oder?
    Das erste Mal in meinem Leben meinen geliebten Mustang fahren …
    Weil es mir

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