Kirschroter Sommer (German Edition)
vorgestellt!«
Ruhe kehrte ein, bis ich ihn schließlich seufzen hörte. »Ich verstehe es nicht. Warum verabscheust du mich so?«
Als hätte mir jemand einen Eimer Wasser über den Rücken gekippt, schnellte mein Kopf hoch. »Bitte was?« Hatte ich gerade richtig gehört oder litt ich an Wahrnehmungsstörungen?
»Warum du mich so verabscheust.« Abwartend blickte er mich an, während ich vergeblich versuchte, aus seinem Gesicht irgendetwas abzulesen.
Was zur Hölle sollte das denn jetzt wieder? Erst fragte er mich, ob wir uns treffen wollten und nun kam er auch noch mit so etwas?
»Elyas«, begann ich. »Was auch immer das für eine neue Schiene ist, die du dir hast einfallen lassen – Fakt ist, auch sie wird nichts daran ändern, dass ich mit Sicherheit nicht mit dir ins Bett steigen werde.«
Er legte seinen Kopf schief und schmollte. »Nicht?«
»Nein!«
Er seufzte. »Schade – aber egal, ich will es trotzdem wissen.«
Mann, gab dieser Typ denn nicht eher Ruhe, bis er mich irgendwann in die Psychiatrie gebracht hatte?
»Ich habe nur noch zwei Stunden, bis meine Schicht zu Ende ist. Ich fürchte, die Zeit wird nicht ausreichen, um die Liste abzuarbeiten.«
»Dann versuch’s zusammenzufassen«, sagte er.
Ich stöhnte. »Was hast du davon?«
»Ich würde es nur gerne wissen, weil ich keinen Grund dafür finde.«
»Du findest keinen Grund?«, erwiderte ich, doch seine Miene blieb ernst und er nickte.
»Okay«, sagte ich schließlich. »Bitte, ich gebe dir deine Gründe. Ich halte dich für ein gefühlloses, arrogantes und ziemlich oberflächliches Arschloch.« Nicht zu vergessen natürlich, dass ich ihn allein schon wegen damals hasste. Ich erwähnte es nur nicht, weil er mir sonst noch vorwerfen und sich darüber lustig machen könnte, dass ich nachtragend war, was in diesem Fall tatsächlich auch gewaltig stimmte.
»Autsch«, sagte er. »Offensichtlich bin ich nicht der Einzige mit schlechter Menschenkenntnis.«
»Auf die Gegenargumente bin ich jetzt aber gespannt.« Ich verschränkte die Arme und wusste, dass er mich mit nichts überzeugen könnte.
»In Ordnung, fangen wir mit ›arrogant‹ an. Ja, vielleicht bin ich ein bisschen arrogant, oder sagen wir, zumindest dir gegenüber. Hast du zum Beispiel schon mal erlebt, dass ich anderen Menschen arrogant gegenübertrete?«
Ich dachte angestrengt nach, doch mir fiel wahrhaftig keine einzige Situation ein, in der er sich anderen gegenüber so verhalten hatte.
»Okay«, antwortete ich und war nun ernsthaft an der Antwort interessiert. »Also, warum dann bei mir?«
»Nun ja«, lächelte er. »Zu allererst trieze ich dich ziemlich gerne. Ich weiß nicht warum, aber ich stehe drauf, wenn du giftig wirst.«
Er hielt einen Moment inne, nahm meinen bösen Blick zur Kenntnis und grinste kurz, ehe er mit »Zweitens:« fortfuhr. »Hast du schon mal darauf geachtet, wie du mir gegenübertrittst? Du behandelst mich mindestens genauso arrogant, wenn nicht sogar noch schlimmer.«
Ich schnaubte und hätte ihm nur allzu gerne gesagt, dass er schließlich damit angefangen hatte. Allerdings unterließ ich es, weil das doch ein bisschen kindisch gewesen wäre. »Und drittens?«, fragte ich stattdessen hochnäsig.
Nachdenklich betrachtete er mich für einen Augenblick. »Es gibt tatsächlich ein Drittens, aber das werde ich dir nicht verraten.«
»Warum nicht?«
»Ich habe meine Gründe«, erklärte er. »Aber egal, wie lange du bohren wirst, ich werde sie dir nicht sagen.« Ich begutachtete ihn und wollte nur allzu gerne wissen, was es damit auf sich hatte. Und weil er wahrscheinlich bereits ahnte, dass ich dieses Thema nicht ohne Einspruch fallen lassen würde, fuhr er fort: »Okay, zweiter Vorwurf: Warum denkst du, ich bin gefühllos?«
»Elyas«, lächelte ich. »Erstens habe ich es damals am eigenen Leib erfahren und zweitens glaube ich, dass für dich so etwas wie Liebe überhaupt nicht existiert.«
»Gut«, sagte er souverän und schien sich stichpunktartig zurechtzulegen, wie er darauf reagieren würde. »Vielleicht kann ich nicht gerade mit langjährigen Beziehungen auftrumpfen, aber wieso sollte ich deshalb gefühllos sein?
»Zugegeben, ich hatte einen ziemlich großen Frauenverschleiß in den letzten Jahren, aber das heißt nicht, dass ich vorhabe, bis an mein Lebensende so weiterzumachen. Ich habe mich einfach schon lange nicht mehr verliebt. Also warum sollte ich hier sitzen, Däumchen drehen und mir den Spaß entgehen lassen? Ich mag Sex –
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