Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman
glaubte nicht, dass ich schon so weit war, um von ihm immerfort an die Tatsache erinnert zu werden, dass er tot war. Mir schien es unnötig, dass ich ihm Vorhaltungen wegen seiner Arroganz oder seiner Neigung machte, sanft wie ein Bulldozer Leute hin und her zu dirigieren. Er ging ohnehin schon härter mit sich selbst ins Gericht, als ich es getan hätte, also versuchte ich lieber, die Atmosphäre zu entkrampfen.
»O ja, du bist ein veritabler Fred Feuerstein!«, scherzte ich lachend.
»Fred Feuerstein?« Er senkte seine Stimme und sah mir in die Augen. Offenbar hielt er es für ein überaus ernstes Thema. »Handelt es sich bei ihm um einen deiner Klienten?« Seine antiquierte Aussprache und der Ernst, den er meiner Bemerkung beimaß, brachten mich noch mehr zum Lachen. Wie er es geschafft hatte, der erfolgreiche Milliardär zu werden, der er war, und in unserem modernen Jahrhundert zu funktionieren, war mir ein Rätsel, denn sein Wissen über alles, was er für irrelevant hielt, war bestenfalls mager. Aber ich schätzte, dass jemand von Devereux’ Alter und Temperament die gesellschaftliche Fixierung auf Oberflächlichkeiten schlicht uninteressant fand.
Und einen Fernseher scheint es in seinem Sarg nicht zu geben.
»Nein, er ist eine Trickfilmfigur. Aber egal.« Ich wusste, dass er beleidigt wäre und mich fragen würde, ob ich ihn für eine Trickfilmfigur hielt, und diese Diskussion wollte ich mir tunlichst ersparen. »Ich glaube nicht, dass du ein schwachköpfiger Höhlenmensch bist – obwohl, wenn du mich vor ein paar Tagen gefragt hättest, wäre die Antwort eventuell anders ausgefallen.«
Endlich erkannte er, dass ich Spaß machte, und lächelte. »Ja, und ich hätte es verdient gehabt.« Leider wurde er gleich wieder ernst. »Ich habe inzwischen entdeckt, dass Hallow hinter der Fehde zwischen den beiden Vampirzirkeln steckt, die ich schlichten wollte. Er kann Gedanken kontrollieren wie kein anderer, und er wusste genau, wie er mich am besten ablenken konnte. Ich war ein Narr, mich von ihm manipulieren zu lassen. In meinem irrigen Glauben, dass ich als Meister des größten Zirkels in diesem Teil des Landes der Einzige wäre, der den Disput beilegen könnte, lief ich blind in seine raffinierte Falle. Es stimmt, dass es eines Vermittlers zwischen den beiden Zirkeln bedurfte, doch einzig aufgrund seiner Intervention. Das hätte ich viel früher begreifen müssen. Und ich hätte mehr für dich da sein sollen. Ich hätte nicht von deiner Seite weichen dürfen.« Er küsste mich auf die Stirn.
Meine Therapievorlesung über die elterlichen Wurzeln der Neigung, sich selbst mit »hätte« oder »sollte« zu schelten, fiel mir ein. Ich konnte wohl nie aufhören, Therapeutin zu sein, nicht einmal mitten in einer psychischen Hirnspaltung. Und ich bezweifelte, dass Devereux sich über eine inoffizielle Beratungssitzung freuen würde. Er war so wunderbar und machte sich solche schrecklichen Vorwürfe, dass ich es für angebracht hielt, meine eigene Beteiligung an dem Problem einzugestehen. Verdammte Ethikerziehung!
»Nun, so faszinierend deine Selbstkasteiung auch ist, muss ich zugeben, dass ich es dir nicht leichtgemacht habe, an meiner Seite zu bleiben. Und ich habe nicht auf dich gehört, als du mir sagtest, dass Hallow mich beeinflusst. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung, was du meintest, aber inzwischen weiß ich es. Mir war nicht klar, dass er imstande ist, mich zu zwingen, meine logische, praktische Seite zu vergessen und mich auf einen primitiveren Teil meiner selbst zu reduzieren. Ich begriff erst, dass er ein Monster im wahrsten Sinne des Wortes ist, als ich sah, wie er den Radiomoderator vor meinen Augen ermordete.«
Devereux erstarrte. Jegliche Entspannung wich einer gebannten Aufmerksamkeit. »Was meinst du damit? Wann hast du so etwas gesehen?«
Die kühle Luft – und die Energie, die von Devereux’ Wut ausging – wurden allmählich ungemütlich, weshalb ich ein wenig brauchte, um meine Gedanken zu sammeln. Ich bemerkte verwundert, dass ich barfuß war, und fragte mich, was mit meinen Schuhen passiert war, als brauchte mein Verstand etwas Einfaches, auf das er sich konzentrieren konnte. »Wenn wir das Gespräch fortsetzen wollen, möchte ich doch lieber vorher nach drinnen gehen.«
Ohne ein Wort nahm er mich in die Arme, stand auf und transportierte uns in mein Schlafzimmer in seinem Penthouse.
Ich rechnete damit, dass er sofort verlangte, alles darüber zu erfahren, wie ich den
Weitere Kostenlose Bücher