Kismet Knight
meinen Mund konzentriert hatte. Er hatte sicherstellen wollen, dass ich die gesamte Dosis abbekam. Ja, das musste es wohl gewesen sein – ganz bestimmt! Nicht einmal ich selbst glaubte an diese Erklärung.
Ich wusste, dass ich mir nicht selbst die Schuld an dem geben durfte, was geschehen war. Ich war mir vollkommen klar darüber, wie viel Schaden man anrichtet, wenn man das Opfer für seine Erlebnisse verantwortlich macht. Aber ich brachte keine Ordnung in den Schwall meiner Empfindungen.
Ich hätte eben doch in der Lage sein sollen,
irgendetwas
zu tun. Wozu war meine Ausbildung eigentlich gut, wenn ich nicht einmal mit einem einzigen Irren fertig wurde?
Aber verdammt noch mal, ich hatte Arme und Beine nicht bewegen können! Was zum Teufel war da eigentlich los gewesen? Waren alle Möchtegernvampire zugleich heimliche Hypnotiseure?
Und wie konnten diese Arschlöcher es wagen, einfach hier hereinzukommen und dafür zu sorgen, dass ich mich in meinem eigenen Sprechzimmer unsicher fühlte? In meinem eigenen Leben?
Ich hatte mich selbst niemals als eine Person gesehen, die gerettet werden musste. Und ich mochte dieses Gefühl ganz und gar nicht.
Devereux drehte meinen Kopf behutsam zur Seite und inspizierte die Wunde an meinem Hals.
Irgendetwas an ihr veranlasste ihn, die Stirn zu runzeln. »Du hast Blut verloren. Wahrscheinlich wird dir eine Weile schwindlig sein. Darf ich?«
Er beugte sich weiter vor – um besser zu sehen, wie ich annahm. Dann spürte ich, wie seine Zunge über die blutenden Einstiche an meinem Hals glitt. Ich zuckte zurück und schrie wütend: »Was zum Teufel machst du da?« Gleich darauf wurde mir schwindlig von der plötzlichen Bewegung. Aber ich dachte gar nicht daran, heute Abend noch jemand anders als Imbiss zu dienen.
»Ich bringe die Blutung zum Stillstand. Ein Aspekt der Vampirlegenden, der tatsächlich stimmt, ist der, dass unser Speichel einen gerinnungsfördernden Stoff enthält, der Wunden schneller verheilen lässt. Und natürlich ist Blut eine solche Delikatesse, dass ich keine Gelegenheit vorbeigehen lasse, es zu genießen. Es liegt in meiner Natur.«
Etwas an dem Ausdruck »Es liegt in meiner Natur« ließ mich aus meiner Benommenheit hochschrecken. Schlagartig kehrteich in die Wirklichkeit zurück. Ich saß in meinem Sprechzimmer, und Devereux war einer dieser verwirrten Leute, die so taten, als wären sie Vampire. Und ich war gerade von einem Verrückten angegriffen worden.
»Ich tue nicht so, als sei ich irgendetwas. Ich bitte um Entschuldigung dafür, dass ich wieder in deine Gedanken eingedrungen bin, aber ich glaube nicht, dass wir diesen interessanten Tanz fortsetzen können, den wir da aufgeführt haben. Bryce ist in der Tat ein Verrückter, und du musst dich mit Tatsachen wappnen. Ich glaube zu wissen, dass Tatsachen dir wichtig sind, oder nicht?«
Ich kämpfte mich vom Sofa hoch; mein Gesicht brannte vor Ärger, und ich war drauf und dran, ihn in Worte zu fassen, als Devereux aufstand und mich hochhob, alles in einer einzigen schnellen Bewegung.
Nun bin ich nicht gerade eine kleine Frau. Mit Absätzen bringe ich es mühelos auf eins achtundsiebzig, und kein Mensch hat sich je darüber beschwert, dass ich meinen Badeanzug nicht richtig ausfülle. Aber jetzt war ich zum zweiten Mal an einem einzigen Abend hochgehoben worden wie ein Sack Kartoffeln und kam mir vor wie ein hilfloses Kleinkind. Ich konnte mich nicht einmal erinnern, wann zuvor jemand das letzte Mal gewagt hatte, mich ohne meine Erlaubnis zu berühren, aber bei diesen Leuten war das offenbar so üblich.
Ich stemmte mich gegen Devereux, und ebenso wie bei Bryce erreichte ich damit gar nichts. Seine Arme gaben nicht nach. Ich kniff die Augen zusammen, um die Tränen zurückzuhalten, die sich dort zu stauen begannen, und gab mir große Mühe, nicht zu weinen; aber ich war so erschöpft, dass ich nicht mehr wusste, wie lange ich mich noch zusammennehmen konnte. Ein Teil von mir wollte sich nur noch in seine Arme schmiegen und einschlafen.
»Du musst mir jetzt zuhören.« Devereux ging mit eleganten Bewegungen im Raum auf und ab – offenbar, um mich zu beruhigen. »Es gibt vieles, das ich dir sagen muss.«
Ich schüttelte den Kopf. »Bitte setz mich jetzt ab! Ich bin sicher, du meinst es gut, aber ich habe einen grässlichen Abend hinter mir und will jetzt einfach nach Hause gehen. Ich weiß es zu schätzen, dass du Bryce von mir abgehalten hast, und du bist sehr freundlich gewesen, aber ich habe
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