Kismet Knight
ein leises klapperndes Geräusch, als etwas an die Sargwand stieß. Ich griff danach, um herauszufinden, woher das Geräusch kam, und meine Finger schlossen sich um einen langen stockartigen Gegenstand. Ich hob ihn ans Licht und stellte fest, dass ich einen menschlichen Knochen erwischt hatte. Ich hatte auf demjenigen gelegen, der ursprünglich in diesem Sarg bestattet worden war.
Heiliger Bimbam!
Mein Magen meldete sich wieder. Ich kam auf die Füße, als hätten mich Seile nach oben gezogen. Als ich nach unten sah, konnte ich die Überreste des ursprünglichen Sargbewohners dort liegen sehen. Ich klopfte mir mit zitternden Händen so viel von dem verrotteten Zeug vom Hintern meiner Jeans, wie ich konnte, und entschuldigte mich in Gedanken bei dem Menschen, dessen Überreste ich da ringsum verstreute.
Der Sarg, in dem ich jetzt stand, befand sich seinerseits auf einem Sockel, etwa einen Meter über dem Boden. Ringsum war der Fußboden bedeckt mit Leichen und Pfützen von blutigem Wasser. Ich hätte springen müssen, was selbst unter anderen Umständen eine Körperbeherrschung erfordert hätte, die ich nicht kultiviert hatte. Über die Sargwand hinwegzuspringen, wenn man Zehn-Zentimeter-Absätze trug, garantierte eine schmerzhafte Landung. Andererseits, wenn ich nur die Wahl hatte, in dem Sarg auf die Rückkehr des Irren zu warten oder einen verstauchten Knöchel zu riskieren, dann hätte ich jederzeit den verstauchten Knöchel gewählt.
Ich habe keine Erfahrung mit Situationen, die Sportlichkeit erfordern, und so dauerte es eine Weile, bis mir aufging, dass ich in die Hocke gehen, mich auf die Sargkante setzen und die Beine vorsichtig über sie hinwegheben konnte. Dann musste ich nur noch einen Fleck finden, auf den ich einen Fuß setzen konnte – vorzugsweise an einer der wenigen trockenen Stellen des Fußbodens –, und mich vorsichtig von dem Sockel heruntergleiten lassen.
Genau das tat ich, wobei ich die ganze Zeit auf Geräusche lauschte, die mir die Rückkehr des Irren angekündigt hätten, der mich überhaupt erst hierhergebracht hatte.
Ich ging auf Zehenspitzen zur Tür, wobei ich die Pfützen aus schleimigem blutigen Wasser nicht ganz vermeiden konnte, und erreichte schließlich die Stufen, die ans Tageslicht hinaufführten. Ich hatte meinen Magen so krampfhaft unter Kontrolle gehalten, dass ich kaum eingeatmet hatte, seit ich aus dem Sarg geklettert war. Ich stieg die steinernen Stufen hinauf und gab der Tür einen Stoß. Sie öffnete sich in ihren rostigen Angeln und machte dabei das charakteristische Geräusch, das man in jedem Horrorfilm zu hören bekommt. Dann trat ich ins Sonnenlicht hinaus und fand mich auf einem alten Friedhof wieder.
Ich hörte Verkehrslärm in der Nähe und ging ihm nach. Dabei sah ich mich immer wieder um, um mich zu vergewissern, dass das Ganze nicht eine Falle gewesen war und niemand hinter einem der riesigen Grabsteine hervorstürzen und mich in das Höllenloch zurückzerren würde, aber ich war allein.
Ich muss einen interessanten Anblick geboten haben, als ich durch das reichverzierte schmiedeeiserne Friedhofstor auf den Parkplatz eines McDonald’s-Restaurants trat.
Kapitel 13
Ich hatte keine Ahnung, wo genau ich war.
Ein strahlend sonniger Tag hatte ohne mich angefangen, und das schon vor einiger Zeit. Die Sonne stand fast senkrecht über mir, es musste also gegen Mittag sein. Ich beschattete meine Augen mit der Hand und drehte mich ein Mal langsam im Kreis auf der Suche nach den Bergen in der Ferne, die mir eine Vorstellung davon geben sollten, wo ich mich befand. In der Umgebung von Denver gibt es mehrere sehr charakteristisch geformte Berggipfel, und ich war daran gewöhnt, mich anhand meiner Position im Verhältnis zu diesen Gipfeln zu orientieren – und natürlich an den Wolkenkratzern des Stadtzentrums.
Es stellte sich heraus, dass ich gar nicht weit von Devereux’ Club entfernt war. Ich hatte nur nicht gewusst, dass hinter der Reihe von Schnellrestaurants ein alter Friedhof versteckt lag. Na ja, es heißt ja immer, dass man jeden Tag dazulernt.
Schrilles Gekicher brachte meine Aufmerksamkeit von der fernen Bergkette wieder nach unten, und ich sah mich einer Meute kleiner Mädchen gegenüber, alle mit tropfenden Eistüten in den Händen. Eins der kleinen Engelchen stellte fest: »Du siehst komisch aus!« Was die nächste Welle von Gelächter auslöste.
»Ich sehe komisch aus?«
Das nun war offenbar zum Totlachen.
Eine andere der süßen Kleinen
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