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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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meinen geschwollenen Füßen.
    Ich musste etwas übersehen haben.
    Ich taumelte in die Mitte des Raums und sah mich noch einmal gründlich um. Aus dem brennenden Sarg quoll der Rauch und füllte meine Nase mit einem süßlichen, Übelkeit hervorrufenden Geruch.
    Was zum Teufel hatte ich nur übersehen?
    Den Sarg hatte ich mir bereits gründlich angesehen. Aber vielleicht war mir beim erstmaligen Betreten des Raums etwas entgangen.
    Ich starrte durch den Rauch zum Lüftungsschacht empor.
    Da.
    Es war mir vorhin überhaupt nicht aufgefallen.
    Jetzt, wo der Deckel nach meinem Hindurchklettern den Schacht wieder verschloss, sah ich auf seiner Oberfläche einen runden Gegenstand, außen silbern, innen weiß, mit Ziffern und Strichen.
    Vielleicht eine Uhr?
    Nein.
    Natürlich – ein Thermometer.
    Um es mir näher anzusehen, musste ich allerdings wieder hinaufklettern.
    Ich eilte zu den schwarzen Eisenstangen, die mir zuvor als Leiter gedient hatten, und griff nach einer auf Brusthöhe.
    Kaum hatte ich sie angefasst, schrie ich auf und ließ sie los.
    Das Metall war glühend heiß.
    Ich blickte auf meine Schuhe. Die Sohlen qualmten.
    Mein Glaube, Luther wolle mich nicht töten, wich jetzt der Furcht, bei lebendigem Leib zu verbrennen.
    Ich zog die Ärmel meiner Windjacke über die Hände, um sie vor dem heißen Metall zu schützen.
    Obwohl ich keine Lust hatte, mir erneut die Finger zu verbrennen, kletterte ich sofort los. Meine Beinmuskeln brannten zwar immer noch von der Anstrengung zuvor, aber ich konntees mir nicht leisten, Zeit zu vertrödeln. Trotz der Jackenärmel spürte ich die glühende Hitze auf meinen Händen.
    In ein paar Sekunden gelangte ich zur obersten Stange. Sie war merklich kühler als die untersten. Ich hielt mich mit einer Hand fest und lehnte mich zu dem Thermometer hinüber.
    Es hatte einen Durchmesser von etwa acht Zentimetern und war mit einem Magnet an der Abdeckung des Lüftungsschachts befestigt. Meine Augen brannten vom Schweiß und vom Rauch. Ich blinzelte.
    Es war eins von diesen Thermometern, wie man sie in Laboren findet, mit einer Skala von –50° C bis 260° C.
    Als ich hinsah, kroch die Nadel an 49° C vorbei.
    Mit der Temperatur stieg gleichzeitig meine Panik. Was bedeutete das? Was hatte es mit dem Code für das Tastenfeld zu tun? Würde Luther mich hier drinnen verrecken lassen?
    Ich beugte mich näher an das Thermometer heran. Die Stange war inzwischen unerträglich heiß. Lange konnte ich mich nicht mehr halten.
    Ich schaute auf den Herstellernamen, die Striche, die Ziffern, die …
    Da.
    Ich musste die Augen zusammenkneifen, um es überhaupt zu sehen. Bildete ich es mir nur ein, oder war da tatsächlich ein dünner, von Menschenhand angebrachter Strich neben der fetten Linie, die den Wert 190° C markierte?
    War das Absicht?
    Die Hitze wurde langsam unerträglich.
    Ich kletterte wieder die Leiter hinab. Unten herrschten lebensbedrohliche Backofentemperaturen. Länger als eine Minute würde ich es nicht mehr aushalten.
    Aus dem Sarg schossen Flammen und gelbe Rauchschwaden hingen im Raum.
    Als ich auf das Metallgitter trat, zischten meine Schuhsohlen,und einer meiner offenen Schnürsenkel fing an zu glühen, als er den Boden berührte.
    Ich taumelte zur Tür.
    Der Schweiß lief mir in Strömen über die Stirn. Ich streckte die Hand nach dem Tastenfeld aus und gab 1-9-0 ein.
    Etwa eine Minute lang passierte gar nichts.
    Das Brennelement in der Mitte des Raums glühte inzwischen in einem kräftigen Orange. Flammen loderten aus dem Sarg mit dem toten Priester. Meine Schuhsohlen schmolzen mir unter den Füßen weg und die Hitze versengte die Härchen in meinen Nasenlöchern.
    »Los, mach schon!«
    Ein grünes Licht blinkte auf.
    Das Bolzenschloss klickte.
    Die Tür ging auf und ließ einen Schwall kalte Luft herein.
    Ich zwängte mich durch den Türrahmen und stolperte aus dem sechsten Kreis der Hölle ins Freie.
    »Wow«, sagte Luther. »Das war ’ne heiße Nummer.«
    Für einen Moment dachte ich, ich wäre in einem anderen stockfinsteren Raum gelandet, aber allmählich funktionierten meine Augen wieder.
    »Gute Arbeit, Jack. Gehen Sie weiter.«
    Es roch nach Regen. Überall um mich herum hörte ich Wasser tropfen.
    Ich wagte mich einen Schritt vorwärts. Meine Schuhe fühlten sich seltsam und uneben an, nachdem die Sohlen erst geschmolzen und dann wieder hart geworden waren.
    An meiner rechten Hand hatte ich eine Brandblase vom Anfassen der heißen Eisenstangen.
    Ich atmete ein

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