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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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Dann konzentrierte ich mich darauf, mich selbst zu retten.
    Der Haufen wuchs zu schnell. Kaum hatte ich einen Fuß angehoben, versank der andere bis zum Knöchel.
    Bald steckten beide Knöchel in Münzen.
    Ich schaufelte weiter und warf sie nach hinten über die Schulter. Sobald ich meine Füße bewegen konnte, krabbelte ich auf allen vieren.
    So fühlte es sich wahrscheinlich an, wenn man auf Wasser ging – der Haufen hob und senkte sich ständig und ich drohte immer wieder darin zu versinken. Ich kämpfte mich zur Wand durch und stellte mich mit gespreizten Beinen hin. Während der Haufen höher wurde, verlagerte ich ständig mein Gewichtvon einem auf das andere Bein. Auf diese Weise ließ ich mich Zentimeter um Zentimeter nach oben tragen und näherte mich dem Lüftungsschacht.
    Eine Hand ragte aus den Pennys hervor und griff mit zuckenden Fingern nach dem Himmel oder was auch immer.
    Ich trat in die Mitte des Raums, stabilisierte mein Gleichgewicht und packte Amenas Hand. Während mir die Münzen über die Knöchel stiegen, drückte ich sie, bis sie erschlaffte.
    Obwohl ich diese Frau nicht kannte, füllten sich meine Augen im Schein des blauen Lichts mit Tränen, während es weiter Kupfermünzen regnete.

    Drei Minuten später hatte der wachsende Haufen Pennys mich so weit nach oben getragen, dass ich in den Lüftungsschacht steigen konnte.
    Bevor ich mich durch die Öffnung zwängte, fiel mir etwas auf dem Beton darüber ins Auge – eine Tafel:
    VIERTER KREIS: HABGIER
    Des Volkes mehr als anderwärts noch sah ich,
Das, mit der Brust sich gegenstemmend, Lasten
Von beiden Seiten wälzte mit Geheule.
Sie stießen aufeinander, und dann wandte
Zur Stelle jeder sich und wälzte rückwärts
»Was hältst du fest?«, »Was wirfst du von dir?« rufend.
    Inferno, Siebter Gesang
    Ich hievte mich in den Schacht und robbte auf meinem dicken Bauch vorwärts. Aus meinen Haaren fielen Münzen.
    Hier drinnen war es viel dunkler und der Lärm der fallenden Pennys verebbte langsam.
    Im Schein des blauen Lichts, das aus dem Betonraum in den Schacht fiel, sah ich weiter vorne das Tastenfeld.
    Als ich dort ankam, befiel mich für einen Augenblick Panik. Mir fiel nämlich ein, dass der Text auf der Tafel keinen Code enthielt.
    Also probierte ich es einfach aufs Geratewohl und gab 2-1-1 ein – den Polizeicode für Raubüberfälle.
    Und siehe da, ein grünes Licht leuchtete auf.
    Die Tür ging auf und ich hievte mich nach oben in einen breiteren Schacht. Als ich keuchend nach Atem rang und einen plötzlichen Weinkrampf unterdrückte, hörte ich plötzlich Luther. »Sie sind ungewöhnlich schweigsam, Jack … überlegen Sie sich etwa, wie Sie es mir mit barer Münze heimzahlen können?«

Luther
    Er bekommt ihre Antwort nicht mehr mit, da etwas anderes seine Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Auf einem der Flachbildmonitore sieht er die zwei Eindringlinge, die schon seit vierundzwanzig Stunden in seiner Geisterstadt umherirren.
    Sie nähern sich dem Lagerhaus, wo Jack gerade um ihr Leben gekämpft hat.
    Luther muss sich um diese neue Bedrohung kümmern, und zwar sofort.
    Aber noch kann er Jack nicht aus den Augen lassen.
    Nicht jetzt, wo sie seinen liebsten Höllenkreis noch vor sich hat.

Jack
    Ich beruhigte mich mithilfe der Lamaze-Atemtechnik aus dem Kurs, den Phin und ich gemeinsam besucht hatten. Eigentlich dauerte er drei Wochen, aber wir waren nur einmal hingegangen. Die vielen Fragen über mein Alter hatten mich genervt. Eine junge Frau hatte sogar die Frechheit besessen, mich für das Guinnessbuch der Rekorde vorzuschlagen.
    Mir kam es vor, als wäre es eine Ewigkeit her, ja, als wäre es jemand anderem passiert, in einem anderen Leben. Ich versuchte, nicht mehr an die Vergangenheit und an Phin zu denken, und kroch weiter.
    Mit meinem Schwangerschaftsbauch war das Kriechen eine schwierige und langsame Angelegenheit, wie alles andere auch. Aber ich ließ mich dadurch nicht stoppen, sondern arbeitete mich weiter voran. Dabei fielen die letzten Pennys von meinen Kleidern.
    Schließlich gelangte ich zum Ende des Schachts. Ich stieß einen Gitterrost beiseite und steckte den Kopf durch die Öffnung. Eine nackte Glühbirne hing an einem Kabel von der Decke – die einzige Lichtquelle.
    Der Raum vor mir war doppelt so groß wie der vorherige. Ich überlegte, wie ich aus dem Schacht nach unten kommen konnte, doch dann fiel mein Blick auf eine Reihe Eisenstangen, die in die Steinmauer eingelassen waren. Sie befanden sich in

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