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Kite

Kite

Titel: Kite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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Reichweite und führten etwa drei Meter zum Boden hinab.
    An einer anderen Wand sah ich eine Tür und daneben ein Tastenfeld.
    Ein sargähnlicher Gegenstand aus Eisen oder Stahl lehnte aufrecht an der Wand gegenüber.
    Ich hielt mich an der obersten Eisenstange fest und zog mich unter Aufbietung aller meiner Kräfte aus dem Schacht. Dann setzte ich meine Füße auf eine weiter unten liegende Stange. Das Grunzen, das ich dabei ausstieß, war mir so peinlich, dass ich froh war, nur einen Psychopathen als Zeugen zu haben.
    Ich stieg vier Sprossen nach unten und stand schließlich auf einem Boden, der wie ein Metallrost aussah.
    Meine Kleider waren von der Dusche unter der Dachrinne immer noch durchnässt und ich fröstelte. Aber irgendwie kam mir dieser Raum wärmer vor als die anderen.
    Viel wärmer sogar.
    Aber vielleicht litt ich auch nur unter einer massiven Hitzewallung.
    Ich ging zur Wand und sah mir die Tür und das Tastenfeld an.
    Dann drehte ich mich um und ging zu dem Sarg.
    Er war aus einer dunkelgrauen Metalllegierung gefertigt und hatte eine glatte Oberfläche. Außer einer neuen Tafel und einem zehn Zentimeter breiten Schlitz in Kopfhöhe besaß er keine auffälligen Merkmale.
    Ich stutzte.
    Durch den Schlitz blickten mich Augen an.
    »Wer ist da drin?«, fragte ich und trat einen Schritt näher.
    Die Augen starrten mich reglos an. Zunächst fiel mir ihr freundlicher Ausdruck auf, doch dann stellte ich fest, dass jegliches Leben aus ihnen gewichen war.
    Die Kapillaren im Augenweiß waren schon vor längerer Zeit geplatzt.
    Es waren die Augen eines Toten.
    Ich trat zurück und ließ etwas Licht hinein. Jetzt konnte ich das zerstörte Gesicht sehen, an dessen Wangen getrocknetesBlut klebte. Ein schwarz-weißer Kragen eines Geistlichen umschloss den Hals. Luther hatte einen Priester ermordet und in den Sarg gesteckt.
    Warum?
    Mein Blick fiel auf die Tafel in der Mitte des Sargs. Im selben Moment überkam mich eine neue Hitzewallung. Während der Schwangerschaft war mir das öfter passiert, aber noch nie so stark wie in diesem Augenblick. Auf meiner Stirn brach Schweiß aus.
    Ich las die Inschrift auf der Tafel:
    SECHSTER KREIS: HÄRESIE
    Halten Sie die Hitze aus?
    Sonst stand da nichts. Kein Dante-Zitat. Auch kein Code.
    Die Hitzewallung wurde schlimmer. Sie beschränkte sich nicht nur auf mein Gesicht. Fast kam es mir so vor, als würde die Hitze unter mir aus dem Boden emporsteigen.
    Ich entfernte mich von dem Sarg. Mir wurde schwindlig, als stünde ich kurz vor einem Hitzschlag.
    Von meiner Windjacke stieg Dampf auf.
    Hitzewallungen während der Schwangerschaft waren nichts Ungewöhnliches, aber das hier war einfach lächerlich.
    Plötzlich fiel mir etwas auf dem Boden ins Auge.
    Oder vielmehr etwas unter dem Metallrost.
    Ich sah konzentrische Kreise, die zunächst in einem schwachen Braun glühten, das irgendwann in Gelb und schließlich Orange überging. Der Anblick erinnerte mich an die Herdplatten in meiner Küche.
    Die Hitze wurde schlimmer und verwandelte den Sarg in einen Backofen. In seinem Inneren zischte und brutzelte es, und dann füllte der Geruch von gebratenem Fleisch den Raum.
    Ich rannte zum Tastenfeld an der Tür.
    Bei der Hitze fiel es mir schwer, mich zu konzentrieren.
    Okay, im letzten Raum hatte auf der Tafel kein Code gestanden, aber dafür hatte ein entsprechender Polizeicode funktioniert. Was war gleich wieder der Polizeicode für … starke Hitze?
    Brandstiftung?
    Ich wischte mir den Schweiß aus den Augen und tippte 447 ein.
    Rotes Licht.
    Die Raumtemperatur stieg immer schneller an. Ich blickte über meine Schulter nach hinten. Im Sarg züngelten die Flammen am Gesicht des Priesters empor. Der Gestank im Raum war schon mehr als widerwärtig – es roch nach menschlichem Fleisch, das sich in Rauch und Asche verwandelte.
    Ich probierte etwas anderes – den Code für Feuer.
    Da meine aktive Dienstzeit schon eine Weile zurücklag, musste ich kurz überlegen, aber dann fiel er mir ein.
    904.
    Rotes Licht.
    Okay, dann eben den Elfer-Funkcode.
    Feueralarm … Scheiße, was war das gleich wieder?
    1170?
    Ich probierte es einfach.
    Das rote Licht blinkte zum dritten Mal. Gleichzeitig roch ich meine verbrannten Schuhsohlen – eine Mischung aus verschmortem Gummi und Grillfleisch.
    Brandbericht.
    1171.
    Rotes Licht.
    »Verdammt noch mal!«
    Das Brennelement unter dem Gitterrost glühte jetzt in einem kräftigeren Orange und ich spürte die Hitze an meinen nassen Socken und

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