Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
ersten Klingeln. Ihre Stimme klang fröhlich wie immer. »Hej, schön dass du anrufst. Kann ich dich später zurückrufen, ich habe mormor versprochen, mit ihr die Fenster zu putzen.«
»Am liebsten würde ich dich treffen. Ich muss dir unbedingt etwas erzählen.«
»Oh!« Lilja senkte die Stimme. »Aufregende Neuigkeiten von deinem Elchfreund?«
»Nicht ganz«, erwiderte ich. »Heute Nacht ist hier gegenüber eingebrochen wurden und ich habe es gesehen.« Bei dem Gedanken daran fröstelte ich innerlich.
»Cool«, entfuhr es Lilja. »Du musst mir alles genau berichten!«
»Ob es so cool ist, weiß ich nicht. Ich bin immer noch völlig fertig.«
»Oh, natürlich«, Lilja klang jetzt ungewohnt ernst. »Dir ist doch aber nichts passiert, oder?«
»Nein, mir geht es soweit gut. Aber ich muss mit jemanden darüber reden.«
»Ich verstehe«, sagte Lilja. »Soll ich später zu dir kommen?«
»Ehrlich gesagt, möchte ich dich lieber im Eiscafé treffen. Ich denke, es ist besser, ich komme mal für einige Zeit hier weg.«
»Gut, ich werde versuchen mich sobald wie möglich zu verdrücken. Wollen wir uns um 14 Uhr treffen? Es kann allerdings sein, dass du etwas warten musst. Wie ich min mormor kenne, lässt sie mich nicht gehen, bevor nicht alle Fenster blitzeblank geputzt sind. Da ist sie rigoros.«
»Ja, 14 Uhr wäre prima. Und keine Sorge, wenn du dich etwas verspätest, ich sitze gemütlich im Café. Bis nachher.« Ich legte auf und freute mich darauf, die Ereignisse der letzten Nacht mit Lilja zu besprechen.
Es war 14.20 Uhr als Lilja im Café erschien. Ich hatte bereits eine schwedische Mandeltarte und zwei Kugeln Vanilleeis verdrückt. Jetzt bestellte ich mir einen Cappuccino, während Lilja ausführlich die Eiskarte studierte.
»Und du willst wirklich nichts mehr essen?«, fragte mich Lilja. »Die Kuchen sind auch ganz ausgezeichnet.«
»Ja, ich weiß. Ich hatte schon ein Stück davon. Ich muss nachher eine extra Runde rudern, sonst wandert das direkt an die Hüften.«
Lilja winkte ab. »Das hast du wirklich nicht nötig.«
»Noch nicht«, mit einem kritischen Blick schaute ich an mir hinunter. »Aber wenn ich weiter so viel nasche, passe ich bald nicht mehr in meine Jeans.«
Als Lilja ihren Eisbecher vor sich stehen hatte, sagte sie: »Nun erzähl mir alles genau. Was ist passiert?«
Ich berichtete ihr ausführlich von meinen Beobachtungen, dem Mann am Fenster und meinem Gespräch mit der Polizei. Lilja hörte schweigend zu, während sie ihr Eis löffelte.
»Wow, das ist wirklich aufregend«, rief sie, als ich fertig war. »Da musst du ja wirklich Ängste ausgestanden haben. Allein in dem dunklen Haus, während der Verbrecher zum Fenster kam. Das darf ich meiner Oma gar nicht erzählen, sonst wird sie noch ängstlicher, als sie sowieso schon ist.«
Ich nickte. »Ja, ich hatte wirklich Panik, der Mann könnte ins Haus kommen und mir etwas antun.« Ich fühlte ein kurzes Schaudern. Hoffentlich würde ich so etwas nie wieder erleben. Ich trank einen großen Schluck vom Cappuccino.
»Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist«, Lilja lächelte mich aufrichtig an. »Und ich hoffe, die Polizei schnappt die Bande endlich.«
Das hoffte ich auch.
»Aber nun komm mal zum wirklich wichtigen Teil der Nacht! Wie ist dein Date gelaufen?«, fragte mich Lilja.
Ich war kurz verblüfft, wie locker sie das Thema wechselte und musste dann aber lachen. »Männer und die Liebe scheinen in deinem Leben das Wichtigste zu sein.«
Lilja grinste mich an. »Mais oui! Ich bin immerhin zum Teil in Paris aufgewachsen.«
»Also gut«, begann ich. »Es war insgesamt ein herrlicher Abend.«
Lilja leckte genüsslich den letzten Eisrest vom Löffel.
»Kjell hat mich an seinen Lieblingsplatz tief im Wald geführt. Weißt du …«
Ein Handyklingeln unterbrach mich. Es war aber nicht mein Handy sondern Liljas. Sie verdrehte die Augen und hob ab. Mit der Hand machte sie mir ein Zeichen still zu sein. »Hej! Ja, ich bin noch beim Einkaufen. Also wirklich, mormor, du hast mir ja auch so eine lange Einkaufsliste mitgegeben. Was soll das heißen? Nein, natürlich nicht. Ja, ich bin bald zurück. Aber der Laden ist voll und ich muss wirklich erst mal alle Sachen von der Liste zusammensuchen. Nein, ich vergesse das Brot ganz sicher nicht, nein …« Lilja zwinkerte mir verschwörerisch zu. Während sie mit ihrer Oma telefonierte, schaute ich gelangweilt zum Fernseher, der auf dem Tresen des Cafés stand und ganz leise lief. Ein
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