Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
Lilja?«, verlangte ich deshalb zu wissen.
»Du wirst nicht aufhören zu fragen, bis du die ganze Geschichte kennst, nicht wahr?« Kjells Stimme klang plötzlich erschöpft.
»Nur einmal will ich die reine Wahrheit von dir hören«, erwiderte ich beherrscht. »Keine Ausflüchte mehr.«
»Wir sind Wassergeister!« Kjell zuckte die Schultern, als wäre diese Aussage allein schon Erklärung genug, fuhr dann aber fort: »Wir leben von den Seelen der Mädchen, die wir uns holen. Wir bringen sie dazu, sich in uns zu verlieben und dann, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist …, dann nehmen wir sie mit in den See.«
»Ihr nehmt sie mit in den See?« fragend sah ich ihn an, nicht sicher, ob ich die Antwort wirklich hören wollte.
»Es muss im Wasser geschehen, nur dort können wir uns nähren. Wenn die Mädchen uns voller Liebe küssen und uns ihr Herz anvertrauen, ziehen wir sie in die Tiefe. Während sie ertrinken, atmen wir durch den Kuss ihre Seelen ein, die sie uns in leidenschaftlicher Hingabe schenkten.«
Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Plötzlich erkannte ich die ganze Wahrheit. »Das Vollmondbaden!«, entfuhr es mir. »Unser Kuss!« Eine eisige Klammer legte sich um mein Herz. »Du wolltest mich tatsächlich töten, in dieser Nacht.« Meine Stimme zitterte, während ich gegen die Erkenntnis ankämpfte.
Er nickte. »Ja, ich wollte dich in den See holen, oder besser gesagt, ich musste. Aber ich konnte es nicht.« Er streckte die Hand aus und fuhr mir sanft über das Gesicht und zeichnete meine Lippen nach. »Ich war wirklich böse auf dich, Sofie!«
»Warum auf mich? Du wolltest mich in den See holen und warst sauer auf mich?«
»Du solltest dich in mich verlieben, aber dann … Was hast du mit mir gemacht? Ich war nicht fähig, dich in die Tiefe zu zerren. Dieser Kuss, der Geschmack deines Mundes … Ich wollte dein Herz und deine Seele aufnehmen, aber ich wollte auch, dass es nie mehr aufhört!«
»Deshalb hast du mich wieder an Land gebracht. Aber warum warst du hinterher so gemein zu mir?«, fragte ich, bemüht zu verstehen, was Kjell mir gerade gestand.
»Ich konnte nicht verstehen, warum ich nicht fähig gewesen war, dich hinabzuziehen. Ich wusste nur eines, du musstest fort, damit weder ich, noch einer aus meiner Familie dir gefährlich werden konnte. Und dass einer von ihnen dir etwas tun würde, war sicher, nachdem ich dich nicht geholt hatte. Es war die einzige Möglichkeit.« Kjell fuhr sich durch die Haare und wirkte das erste Mal seit ich ihn kannte unsicher.
»Du wolltest mich von dir forttreiben?« Ich hatte plötzlich einen Kloß im Hals.
»Sieh mich an, Sofie!« sagte er mit dunkler sanfter Stimme. »Bitte, ich …, ich bin nicht gut in so was ….«, Kjell stockte und dann berührte er mit seinen Lippen die meinen. Erst sanft und dann immer drängender. Ich wollte den Kopf wegdrehen. Wollte ihm nicht nachgeben, doch ich konnte nicht. Ich öffnete meine Lippen etwas und ließ seinen Kuss zu. Er küsste mich zuerst sanft und dann immer fordernder. Seine Arme umschlangen mich, als wollte er mich nie wieder loslassen. Ich drückte mich gegen seinen Körper und versank fast ganz in diesem Kuss. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Ich atmete seinen Atem und fuhr mit den Fingern durch seine dunklen Haare. Dann kam ich plötzlich zur Besinnung. Ich küsste einen Mörder! Schnell versuchte ich mich von ihm zu lösen. Er zog mich nur noch fester in seine Arme.
»Nein, ich kann das nicht«, wehrte ich mich nun gegen ihn. Langsam wurde mein Verstand wieder klar. Ich konnte doch keinen Mörder lieben, oder? »Wassergeist hin oder her, du hast all diese Frauen umgebracht«, rief ich verzweifelt.
Kjell lies mich los und schüttelte den Kopf. »Nein, nicht alle. Nur wenige. So oft brauche ich keine Seele. Aber wir sind eine recht große Familie.«
»Und was war mit Lilja?« hakte ich nach.
»Ich sagte dir bereits, ich habe nichts mit ihrem Verschwinden zu tun.«
Ich hatte immer noch Zweifel. »Aber ich habe dich mit ihr auf dem Fest gesehen. Das sah so aus, als wolltest du sie bezirzen.«
»Okay, ich gebe es zu. Ich wollte sie holen. Statt dir. Ich brauchte einen Ersatz. Aber ich war es nicht. Ich musste doch aufpassen, dass du gut über den See kommst. Ich bin dir im Wasser gefolgt, weil ich Angst hatte, mein Cousin würde dir etwas antun. Als ich zurückkam war deine Freundin nicht mehr da. Ich dachte erst, sie wäre bereits nach Hause gefahren, aber vermutlich hat mein Cousin
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