Kjell. Das Geheimnis der schwarzen Seerosen
wage ich
doch zu bezweifeln, dass Sie dazu in der Lage wären. Vor allem
bei einem jungen und kräftigen Mann, wie dem Opfer. Aber ich bin
mir sicher, dass Sie in irgendeiner Verbindung zu diesem Mann
standen. Vielleicht waren Sie seine Geliebte. Offensichtlich gibt es
auch ein Zusammenhang mit den Einbrüchen der Sommerhaus-Bande.
Denn in diesen beiden Häusern wurde auch eingebrochen. Wenn das
Opfer die Bande nicht während des Einbruchs überrascht hat,
und deswegen getötet wurde, ist es doch möglich, dass er
selbst ein Mitglied der Bande war. Was war dann das Motiv? Gab es
Streit um die Beute? Und was haben Sie mit der Bande zu tun? Haben
Sie vielleicht sogar die leer stehenden Häuser für sie
ausgekundschaftet? Was macht eine junge Frau wie Sie, um diese
Jahreszeit hier? Dazu angeblich noch ganz allein.«
Mit listigen Augen
fixierte er mich und beobachte meine Reaktion auf seinen Verdacht.
Mein Zittern verstärkte sich. Ich fühlte mich hilflos und
bedrängt, genauso wie damals. Nun liefen mir die Tränen
über die Wangen, während ich mich mit erstickter Stimme
verteidigte: »Ich kenne diesen Mann nicht. Ich kenne ihn nicht!
Ich mache hier nur Urlaub. Ich weiß nicht, was Sie von mir
wollen!«
Kommissar Persson
nickte. Ob er zufrieden mit meiner Antwort war, wusste ich nicht. Er
sagte nur: »Morgen erscheinen Sie auf dem Revier, um Ihre
Aussage zu unterschreiben. Bis dahin sollten Sie sich überlegen,
ob Ihnen noch etwas einfällt, was den Ermittlungen dienlich sein
könnte. Alles klar?«
»Ja«,
antwortete ich.
»Okay, dann
können Sie jetzt gehen. Wir sehen uns morgen.« Damit war
ich entlassen und Kommissar Persson ließ mich allein. Ich
lehnte mich an die Kiefer hinter mir und wünschte mir aus diesem
Albtraum zu erwachen.
An den Rest des
Tages kann ich mich im Nachhinein nicht mehr erinnern. Irgendwie war
ich zum Sommerhaus zurückgerudert. Hatte das Boot vertäut
und eine sehr lange heiße Dusche genommen, bis meine Haut
krebsrot war. Doch all die Bilder und Gedanken konnte ich nicht
fortspülen. Ich hatte das Bedürfnis, mit jemandem zu reden.
Unschlüssig starrte ich eine Weile auf mein Handy. Ich hatte
einen Anruf in Abwesenheit – von Kari. Ich überlegte kurz.
Aber Kari wollte ich jetzt nicht zurückrufen. Ich hätte zu
viel erklären müssen. Auch mit Rune und sogar mit Lilja
wollte ich nicht sprechen. Der Einzige, dem ich gerne mein Herz
ausgeschüttet hätte, war in diesem Moment Kjell, doch ich
hatte keine Möglichkeit ihn zu erreichen. Warum ich mich gerade
danach sehnte, mit ihm zu sprechen, wusste ich nicht. Vielleicht weil
ich für einen Moment gedacht hatte, er wäre der Mann im
Wasser gewesen? Vielleicht weil ich ihn fragen wollte, was er über
die Sommerhaus-Bande wusste? Oder einfach, weil ich mich an ihn
lehnen und seinen Duft einatmen wollte? Weil ich mir wünschte,
er würde mich in den Arm nehmen so wie in der Nacht im Elchwald?
War das wirklich erst gestern gewesen?
Ich schüttelte
den Kopf, als ob ich damit all diese Fragen verbannen könnte und
legte das Handy zurück auf den Tisch. Obwohl es noch nicht sehr
spät war, ging ich ins Bett, zog mir die Decke über den
Kopf und versuchte zu schlafen. Lange Zeit wollte sich die Müdigkeit
nicht einstellen. Irgendwann kam One Ear zu mir ins Bett. Er tappte
vorsichtig über die Bettdecke und legte sich auf meinen Bauch.
Die Nähe des Katers hatte etwas zutiefst Tröstliches. Ich
begann ihn zu streicheln und er schnurrte zufrieden. Sein Schnurren
beruhigte mich und irgendwann fielen mir die Augen zu.
Ich saß auf
dem kleinen weißen Ruderboot und blickte in Bens Gesicht. Er
lächelte mich an. »Glaub mir Sofie, hier fangen wir
bestimmt einen großen Fisch! Dort wo die Seerosen stehen, ist
die perfekte Stelle. Es gibt hier bestimmt riesige Hechte. Was meinst
du wird Papa dann für Augen machen.« Ben legte die Riemen
ins Boot.
Ich blickte auf das
Wasser. »Schau mal Ben, das Wasser. Es ist ganz schwarz!«
Ben lachte auf:
»Nirgendwo gibt es klareres Wasser als hier. Vielleicht liegt
es daran, dass kleine Zuflüsse aus dem Moor, das Wasser etwas
dunkler färben. Man riecht hier das Moor förmlich. Riechst
du es, Sofie?«
»Ich weiß
nicht. Ich finde, es riecht seltsam. So, wie das tote Kaninchen, das
wir letzten Sommer im Bootshaus gefunden haben. Bitte lass uns
umkehren. Es ist unheimlich hier.«
Ben lachte nur und
steckte seine Hand in das Wasser. Er schöpfte eine Handvoll
raus. »Sieh her! Es scheint nur so schwarz. Siehst
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