Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2
leicht wellige, von Staub und Sand bedeckte Gelände schweifen. »Wir brauchen ein Dutzend Leute. Selbst mit vielen Hilfskräften dauert es Monate, um in diesem Chaos etwas zu finden.«
»Wenn der Triebwerksstrahl des Reparaturschiffs einen Stein von dieser Größe so weit vom Kraterrand fortschleudern konnte, ist die Box mit der Aufzeichnung vielleicht zehnmal weiter fortgetragen worden.« Rothenburg blickte nicht auf den Boden rings um seine Füße, sondern in die Ferne.
»Nicht unbedingt«, widersprach Mallory. »Sie könnte in den Staub hineingetrieben worden sein. Vielleicht ist sie aber auch an einem anderen Stein oder am Rand eines dieser kleinen Krater hängen geblieben. Sie könnte eine Armeslänge von uns entfernt sein oder hundert Meter.«
Der Major nickte. Er tat, was er am besten konnte, was er am meisten genoss: er organisierte. »Ich werde die Suchtrupps entsprechend instruieren. Wir bringen Sensoren mit und ein paar einfache Siebkästen, mit denen wir den Staub hier durchsieben können. Wir werden die Box finden!« Er klang entschlossen.
»Es sei denn, sie ist ins All geschleudert worden«, bemerkte einer der Techniker. »Die Schwerkraft ist hier so niedrig.«
»Das wäre möglich«, musste der stets rationale Rothenburg einräumen, auch wenn ihm der Gedanke gar nicht gefiel. »Aber um die Box von der Oberfläche aufzuwirbeln, hätten die Triebwerke der Bergungsschiffe fast senkrecht nach unten weisen müssen. Ich glaube eher, dass die Box noch immer hier irgendwo liegt, unter einer Staubschicht oder vor einem schützenden Felsen.« Seine Gesichtsmuskeln waren straff gespannt. »Davon müssen wir einfach ausgehen.«
Wären die UnopPatha zufällig zum inneren Mond von Argus V zurückgekehrt, sie wären erstaunt gewesen, mehr als einhundert Menschen in Raumanzügen vorzufinden, die wie Ameisen ein kleines Gebiet des unbedeutenden Monds durchstreiften. Da die UnopPatha die Menschen ohnehin ein wenig rätselhaft fanden, wäre dieser Eindruck nur noch verstärkt worden durch die Tatsache, dass die Menschen nun so emsig in der völligen Stille des Vakuums zugange waren.
Aufgrund von Rothenburgs Anweisungen war der Suchtrupp darauf gefasst, einen Monat vor Ort zu verbringen. Doch hätte sich niemand auf einen solch langen, monotonen Aufenthalt einstellen brauchen.
Der junge weibliche Ensign, der zwei Tage später die Cafeteria betrat, hatte sich noch nicht einmal die Zeit genommen, ihren schweißdurchtränkten Overall auszuziehen, den sie unter dem Raumanzug getragen hatte. Von zwei Kameraden und einem Vorgesetzten begleitet, trat sie an den Tisch in der Ecke des Raums und salutierte zackig vor der fragend dreinblickenden Nadurovina. Ohne weitere Umstände drehte sie den kleinen, metallisch glänzenden Beutel, der an ihrer Seite hing, vor den Bauch, öffnete ihn, griff hinein und holte ein Objekt heraus, das sie sanft auf den Tisch legte.
»Ist sie das?«, fragte sie ohne weitere Erklärungen.
Auf dem Tisch, zwischen einem Geflügel-Vollkornsandwich und einem gemischten Salat, lag das allerwichtigste Objekt im ganzen Spiralarm. Es sah nicht sonderlich bedeutend aus. Seine Oberfläche wies kleine Kratzer auf, und eine Ecke war zerdrückt - kleine Beschädigungen, die zweifellos daher rührten, dass der Triebwerksstrahl des Bergungsschiffs es über die Mondoberfläche hatte schlittern lassen. Der Verschluss indes war nach wie vor intakt.
Mallory war überrascht, dass seine Finger nicht zitterten, als er den Arm ausstreckte und das Objekt an sich nahm. Nahezu beiläufig öffnete er den Vakuumverschluss. Die Box klappte auf. Darin lag eine kleine silberne Kugel von einem Zentimeter Durchmesser, die im Licht der Cafeteriabeleuchtung metallisch glitzerte, obwohl sie gar nicht aus Metall bestand.
Tse konnte sich nicht zurückhalten: Sie umarmte Mallory stürmisch und drückte ihn so fest an sich, dass Nadurovina schon befürchtete, er würde die kleine Box fallen lassen. Doch das war sehr unwahrscheinlich. In der nächsten Zeit würde sie mit der Hand des Patienten regelrecht verwachsen sein wie ein kleiner, silbriger sechster Finger. Mit der Hand des ehemaligen Patienten, korrigierte sie sich. Der weibliche Ensign, der die Box gefunden hatte, stand neben dem Tisch und strahlte stolz. Niemand hatte ihre Frage beantwortet. Das war auch gar nicht nötig.
Tse starrte finster auf den unscheinbaren Inhalt der Box. »So viel Tragödie auf einem so kleinen Datenträger.«
Mallory nickte. »Er enthält
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