Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2

Abtaststrahl.
    »Was meinst du, Api? Wird es schwierig werden?«
    Saluafata zuckte die Achseln; es dauerte einen Moment, bis sich die Bewegung von seinem säulenförmigen Nacken über die enormen Schultern bis hin zu seinen Oberarmen fortgesetzt hatte. »Das kann man im Voraus nicht sagen, Mandy. Bis jetzt ist es größtenteils unsere Regierung gewesen, die gegeben und gegeben hat. Die Pitar waren mehr als freundlich; sie haben sich als zugänglich erwiesen. Aber noch nie zuvor haben wir ein Anliegen von solcher Tragweite geäußert.« Er beugte sich vor und schenkte sich ein Glas Wasser ein. Da es kein festgelegtes Protokoll für den Umgang mit den Pitar gab, brauchte er auch nicht zu befürchten, dass er dagegen verstieß, indem er ein Glas Wasser trank.
    »Was, wenn sie ablehnen?« Den Rekorder griffbereit, strich Ymir sich mehrmals mit der Hand durch das kurze, blonde Haar. Saluafata bemerkte die nervöse Angewohnheit seines Sekretärs, machte ihn jedoch nicht darauf aufmerksam. Alle waren nervös, und schließlich würde Ymir wohl kaum Schaden anrichten, wenn er seine Nervosität abbaute, indem er sich durchs Haar strich. Die Pitar waren nicht wie die Thranx, die jede Geste, ganz gleich wie belanglos, einem verbalen Kommentar gleichsetzten. Wenn man es mit den insektenähnlichen Wesen zu tun hatte, durfte man keine unbewusste Bewegung machen, ansonsten musste man damit rechnen, die Thranx versehentlich zu verwirren oder, schlimmer noch, zu beleidigen. Die Pitar setzten mitunter ihre Hände beim Sprechen ein, aber nicht bei der interpersonellen Kommunikation. Dass eine Hand voll fleißiger Pitar mittlerweile flüssig Terranglo sprach, vereinfachte die Verständigung zusätzlich. Sie sprachen weit besser Terranglo als die Thranx.
    Natürlich ist ihr Sprechapparat auch viel besser für unsere Sprache geeignet, dachte Saluafata. Genau genommen, gebührte den Thranx, die die Menschensprache erlernt hatten, größeres Lob. Wie immer, wenn man die Thranx mit den Pitar verglich, kamen sie schlechter davon. Aber wer würde das nicht?, überlegte der Minister. Im Vergleich zu den Pitar sieht jeder plump und ungraziös aus.
    Saluafata hatte beschlossen, dass die anstehende Konferenz nicht von derart belanglosen Äußerlichkeiten geprägt sein sollte. Persönliche Merkmale würden keine Rolle spielen. Die Gespräche waren zu wichtig, das Thema zu bedeutend, als dass man seine Entscheidungsfindung durch die eigene oberflächliche Wahrnehmung trüben lassen durfte. Er würde sich nicht ablenken lassen. Und auch wenn er nicht so attraktiv wie die Pitar sein mochte, konnte er doch weit charmanter sein als sie.
    Der leise melodiöse Ton erklang zweimal. Saluafata schob den speziell für ihn angeforderten, übergroßen Stuhl zurück und erhob sich gemeinsam mit seinen Kollegen, als die Delegation der Pitar den Raum betrat. Er erkannte Urin-Delm und JparVhet wieder, denen er schon mehrmals begegnet war. Beide Männer waren groß, muskulös, perfekt gebaut und stellten den vertraut unverbindlichen Gesichtsausdruck der Pitar zur Schau. Sie trugen schlichte, graue Overalls, mit Schriftzeichen bestickt, welche sowohl die Namen als auch die Funktion ihres Trägers verrieten. Zwischen den beiden Männern ging eine erwachsene Frau, die … die …
    Der Minister schluckte schwer, als Menschen und Pitar mehr oder minder gleichzeitig Platz nahmen. Seinem Sekretär flüsterte er zu: »Mund schließen!«
    Selbst für pitarische Schönheitsstandards sah die Frau hinreißend aus. Das silbrig-türkisfarbene Haar, das ihr Gesicht umrahmte, erinnerte an die hochgradig kunstvollen Arbeiten der Zuni-Silberschmiede. Ihre Augen waren von kräftigem, edlem Purpur. Den vollen Mund hatte sie leicht geöffnet, und die Moleküle ihrer Atemluft, die ihr mitjedem Atemzug über die Lippen strichen (die nichts im diplomatischen Dienst zu suchen hatten), waren um ihr Glück nur zu beneiden. Auch für den Rest ihres Körpers war das Wort »perfekt« eine viel zu schwache Umschreibung. Für knapp eine Minute vergaß Apileaa Saluafata, Minister für Extraterrestrische Angelegenheiten, wer er war.
    Erst als ihn jemand in die Seite stieß, fiel er aus seinem verträumten Himmel der Bewunderung. Obwohl Staatssekretärin HoOdam vom Aussehen der drei Pitar höchst beeindruckt war, behielt sie halbwegs die Kontrolle über sich.
    »Du starrst sie an, Api! Wir müssen jetzt an unsere Arbeit denken!«
    Nachdem die drei Pitar Platz genommen hatten, beobachteten sie ihre