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Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2

Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2

Titel: Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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stumm beobachtet. Vor allem Joshumabad war von dem Kind fasziniert und angewidert zugleich. Dank der Studien, die er vor der Reise zur Erde betrieben hatte, wusste er, wie Menschenkinder aussahen, doch nun sah er zum ersten Mal eines leibhaftig vor sich. Die unverhoffte Begegnung hatte ihm glatt die Sprache verschlagen.
    »Ist… ist es gefährlich?«
    »Normalerweise nicht«, erwiderte Nilwengerex in seinem gewohnt abgehackt klingenden Ton. »Nicht wenn sie so klein sind. Die Erwachsenen sind potenziell fähig, uns zu töten. Im Gegensatz zu uns haben ihre Körper schon bei der Geburt die gleiche Form wie im Erwachsenenalter - absurderweise schon, bevor ihr Geist heranreift. Ein Mensch wie dieser dort dürfte recht harmlos sein, obwohl sogar Kleinkinder unvermittelt zu Gewalt fähig sind.«
    Das kleine Mädchen richtete sich auf und näherte sich ihnen. Sie hatte die Augen weit geöffnet und empfand offenbar keine Furcht.
    »Was sollen wir jetzt tun?« Angestrengt kämpfte Joshumabad gegen die in ihm aufwallende Panik an.
    »Nichts«, meinte Yeicurpilal lakonisch. »Bleiben Sie, wo Sie sind! Lassen Sie die Larve zu uns kommen!«
    Nicht ohne Sorge tat Joshumabad, wie ihm geheißen. Das Mädchen blieb einige Armlängen entfernt stehen, einen Finger auf die Unterlippe gepresst. »Hallo, Käfer. Was macht ihr hier?«
    »Was machst du hier?«, fragte Nilwengerex sie in so flüssigem Terranglo, dass Joshumabad nur staunen konnte. Er wusste, dass der Kulturspezialist die Sprache der Einheimischen sprach, hatte jedoch nicht geahnt, dass er sie so gut beherrschte. »Das hier ist Sperrgebiet. Nur autorisierte erwachsene Menschen haben hier Zutritt.« Er schaute an dem Mädchen vorbei. »Wie bist du hier hereingekommen?«
    »Da ist ein Loch im Zaun«, antwortete sie prompt. »Mama sagt, der große Sturm letzte Woche hat das Loch gemacht.« Sie sah flüchtig über die Schulter zurück (auch wenn sie den Kopf nicht so weit drehen konnte wie ein Thranx) und zeigte wichtigtuerisch mit einem Finger in Richtung des Zauns. »Wir machen ein Picknick.«
    Nilwengerex sah seine Vorgesetzte an. »Wir müssen dieses unbefugte Betreten melden.«
    Yeicurpilal vollzog eine resignierende Geste. »Natürlich. Die Menschen werden sich sehr aufregen.«
    »Momentan ist uns jede Reaktion willkommen, die wir ihnen entlocken können. Ungeachtet der offiziellen Ungeduld des Großen Rats -« er neigte seine Antennen bedeutungsvoll in Joshumabads Richtung - »freue ich mich auf die Wiederaufnahme der Verhandlungen und des Austausche.« Nach diesen Worten trat er auf das Kind zu.
    Instinktiv wollte Joshumabad den anderen Thranx zurückhalten. Doch da er wusste, dass Nilwengerex ein Spezialist für Thranx-Mensch-Interaktion war und er nur ein Neuankömmling auf der Erde, hielt er sich zurück. Nilwengerex senkte den Kopf und streckte die Echthand auf seltsame Weise aus.
    »Hallo. Ich bin Tomea.« Das Mädchen hatte die ausgestreckte Echthand ergriffen und schüttelte sie auf und ab. Joshumabad war beeindruckt, wie bereitwillig und sicher Nilwengerex die Geste mit vollzog - die üblichste Begrüßungsart der Menschen, wie der Ratsgesandte rasch erkannte. »Schön dich kennen zu lernen«, fuhr das Mädchen fort. »Ich habe gehört, wie Mammi und ihre Freundinnen über euch geredet haben.« Das doppelt perforierte Organ in der Mitte ihres Gesichts dehnte sich aus und zog sich wieder zusammen, mehrmals hintereinander. Dann hoben sich die beweglichen Mundwinkel an, die Kiefer teilten sich und offenbarten weiße Zähne.
    »Ihr riecht lecker.«
    »Tomea!« Die Stimme klang tiefer als die des Mädchens, der Tonfall aufgeregt. »Tomea, wo bist d …?«
    Ein Kraftausdruck gellte durch die Luft, und der erschreckte Joshumabad zog sich instinktiv mehrere Körperlängen zurück. Yeicurpilal tat es ihm nach, Nilwengerex hingegen ließ die Finger des Mädchens los und trat nur zögerlich zurück. Die Möglichkeit, Menschenlarven zu studieren, bot sich äußerst selten. Er war noch nie einer begegnet, die bereitwillig den Kontakt zu ihm aufgenommen hatte.
    Die Frau, die den Strand entlang gerannt kam, war nicht sehr groß. Die dünnen, lockeren Falten ihres einteiligen Kleidungsstücks umflatterten ihren schlanken Körper wie Vogelschwingen. Sie packte das Mädchen bei der Schulter, mit einer Grobheit, die Joshumabad erstaunte. Sie drehte das Kind zu sich und zog es, während sie ihm eine Strafpredigt hielt, auf dem gleichen Weg zurück, auf dem sie hergekommen waren.

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