Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2
menschlichen Gegenstücke in erwartungsvollem Schweigen. Einer von ihnen durchwühlte bereits die Schale mit den gesalzenen Nüssen vor sich auf dem Tisch.
Unfähig, der Außerirdischen vor sich in die amethystfarbenen Augen zu sehen, nahm Saluafata verwirrt sein eigenes Lesegerät aus dem Koffer, aktivierte es und scrollte durch die Themenpunkte, die auf der Tagesordnung standen. Der nüchterne, objektive Plan half ihm dabei, sein berufliches Gleichgewicht wiederzufinden. Aber das war nicht leicht. Jedes Mal, wenn er den Blick hob, waren die purpurroten Augen dieser überirdischen Schönheit da, starrten ihn über den Konferenztisch hinweg an. Diese Augen wollten ihn dazu verleiten, an alles Mögliche zu denken, nur nicht an seine Arbeit. Es half auch nicht viel, dass die Pitar-Frau als Erste das Wort ergriff.
»Das Dominion der Zwillingswelten grüßt das Volk der Erde an diesem angenehmen Tag. Wir sind gespannt auf alles, was Sie uns zu sagen haben.«
Eigentlich dürfte kein Diplomat eine solche Stimme haben wie diese Frau, dachte der Minister. Ihre Stimme verlieh ihr einen unfairen Vorteil, der nicht das Geringste mit den Themen zu tun hatte, die auf dieser Konferenz zur Sprache kommen sollten. Der Klang dieser Stimme erinnerte Saluafata an schläfrige Tage an verlassenen Stränden, an Hängematten, die in einer sanften Brise leicht hin und her schaukelten, und an kühle würzige Frucht-Drinks, die in Reichweite der Hängematten standen. Die Stimme erinnerte ihn an …
»In Freundschaft begrüßen wir die Repräsentanten des Dominions«, hörte er sich selbst antworten, »und hoffen sehr, dass die anstehende Diskussion für beide Seiten angenehm und erfolgreich verläuft. Ich nehme an, Sie alle hatten Gelegenheit, den offiziellen Vorschlag zu sichten, den wir an Ihre zuständige Abteilung oder Behörde gesandt haben?«
Zu Saluafatas Enttäuschung ergriff der Pitar-Mann, der Ymir gegenübersaß, das Wort. Wäre es nach Saluafata gegangen, so hätte er einfach nur da gesessen und der säuselnden Stimme der Frau gelauscht - sich in einem Gefühl gebadet, das der Wärme glich, die der Anblick eines perfekten Sonnenuntergangs in dessen Beobachter zurückließ. Nicht dass die Stimme des männlichen Pitar in irgendeiner Weise unangenehm geklungen hätte, wie die ersten Risse im Panzer von HoOdams diplomatischer Distanziertheit eindeutig belegten.
»Wir haben uns gründlich mit dem Vorschlag befasst«, erwiderte der unverantwortlich attraktive Mann. »Sie bitten uns um die Erlaubnis, Siedlungen auf der Welt zu gründen, die Sie Argus V oder auch Treetrunk nennen.«
Saluafata nickte. Rechts und links von ihm bemühten sich Ymir und HoOdam darum, möglichst geschäftsmäßig zu wirken. Das hielt sie indes nicht davon ab, die strahlende Anmut der drei Pitar mit verstohlenen Blicken zu bewundern. Falls die Besucher die unprofessionelle Aufmerksamkeit der Menschen bemerkten oder sich sogar daran störten, so ließen sie es sich durch nichts anmerken. Vermutlich, dachte der Minister, haben sie sich mittlerweile daran gewöhnt.
»Das ist korrekt.« Der speziell verstärkte Stuhl bot Saluafata genug Platz, um wirkungsvoll seine ganze Körpermasse darin in Szene zu setzen. »Natürlich verstehen wir, dass Sie uns diese Erlaubnis nur zögerlich geben wollen. Ich will Ihnen versichern, dass meine Regierung alle Nachteile, die Ihnen durch eine von uns in Angriff genommene Kolonisierung entstehen, auszugleichen willens ist, ganz gleich wie zahlreich diese Nachteile auch sein mögen. Auch zu weiteren Verhandlungen ist unsere Regierung bereit. Wir wollen in dieser Frage mit Ihnen zusammenarbeiten, bis beide Parteien mit der Lösung völlig zufrieden sind. Wir können Ihnen anbieten …«
»Wir zögern nicht im Mindesten. Das Dominion der Zwillingswelten hat keine Einwände dagegen, dass das Volk der Erde den Planeten namens Treetrunk besiedelt.«
Der Minister hatte sich und sein Personal auf lange, schwierige Verhandlungen gefasst gemacht, auf das ausgedehnte politische Spiel von Geben und Nehmen, auf Argumentationen und Meinungsverschiedenheiten, und nun war er mehr als nur ein wenig verblüfft, dass die Pitar der Menschheit so unerwartet und in jeder Hinsicht bedingungslos die Kolonisierungsrechte einräumten. Er brauchte einige Augenblicke, um seine rasenden Gedanken zu sammeln.
»Ich muss mich vergewissern, dass wir einander wirklich verstehen.« Er wandte sich an die Frau. Für ihn hatten ihre Begleiter zu existieren
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