Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2
Besucherin nickte - eine Geste, die die Thranx mittlerweile übernommen hatten und sowohl unter sich als auch in Gegenwart der Menschen anwandten. »Dann läuft hier alles zu Ihrer Zufriedenheit?«
»Zu unserer vollen Zufriedenheit.« Der Führer konnte es sich nicht verkneifen hinzuzufügen: »Wir bekommen regelmäßig Unterstützung von der Erde, ab und an auch von New Riviera oder Proycon - und vor allem von den Pitar, die uns wirklich sehr geholfen haben. Sie haben uns nicht nur ermutigt, sondern auch mit Baumaterialien ausgeholfen. Vor allem während der ersten beiden Kolonisierungsjahre war ihre Hilfe für uns von unschätzbarem Wert.«
Falls die Thranx-Frau diese Bemerkung als zynische Anspielung darauf verstand, dass ihr eigenes Volk den Kolonisten nicht ausgeholfen habe, so war davon ihrem Tonfall jedenfalls nichts anzumerken. »Wir sind froh, dass Sie die nötige Hilfe bekommen haben. Sie können sich glücklich schätzen. Die Ausweitung der Kolonien in dem Raumquadranten, den wir gerade erforschen, nimmt uns voll in Anspruch, denn wir erhalten keine Hilfe von einer anderen Spezies. Hinzu kommt, dass wir schon seit langem mit der Spezies in Konflikt stehen, die Sie unter dem Namen ›AAnn‹ kennen. Das verkompliziert und hemmt uns in unseren Kolonisationsbemühungen.«
»Die AAnn kommen uns hier nicht in die Quere.« Unwissentlich hatte der Führer einen leicht überheblichen Ton angeschlagen.
»Chur.’kk, die AAnn sind sehr gerissen.« Mit einer Echthand, die in isolierendem Stoff steckte, vollführte sie eine Geste, die der sie um einiges überragende Führer nicht einmal ansatzweise verstand. »Wenn man glaubt, vor ihnen sicher zu sein, geschützt durch Allianzen, Abkommen und eine dünne Barriere aus Verträgen und Bündnissen, ist das höchst gefährlich. Einen größeren Fehler kann ein Volk nicht begehen!«
»Tja, ich bin zwar kein Diplomat, aber ich kann Ihnen versichern, dass die AAnn uns keine Schwierigkeiten gemacht haben.«
»Haben die AAnn Ihnen einen Besuch abgestattet?«
Der Führer blinzelte. »Mehrmals, glaube ich. Ich bin selbst erst vor ein paar Jahren auf diese Welt übergesiedelt. Aber ja, Schiffe des AAnn-Imperiums haben Treetrunk besucht. Wenn ich mich recht entsinne, haben die AAnn sich hier umgesehen, unserer Kolonialregierung viel Erfolg gewünscht und einige harmlose Messungen durchgeführt, ehe sie weitergeflogen sind. Soweit ich weiß, waren ihre Besuche immer sehr kurz.« Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Zweifellos fanden sie es hier ein bisschen zu kühl für ihren Geschmack.«
Erneut vollführte die Thranx eine Geste. »Die AAnn brauchen eine ähnliche Umwelttemperatur wie wir, aber ein wesentlich trockeneres Klima, als es sogar Ihre Spezies bevorzugt.« Mit zwei Händen wedelte sie in seine Richtung. »Sorgen Sie dafür, dass das Personal auf Ihren Ortungsstationen gut geschult und immer auf der Hut ist! Es gibt nichts Gefährlicheres als einen AAnn, der einem alles Gute wünscht.«
»Wir passen schon auf«, erwiderte der Führer mit höflicher Unbekümmertheit.
Ob die in dicke Kleidung eingehüllte Thranx einen merkwürdigen Unterton in der Stimme ihres Gastgebers entdeckte oder ob sie einfach beschloss, das letzte Wort zu haben, erfuhr der Mann nie, doch drehte sie sich blitzschnell zu ihm um und blickte ihm in die Augen. Zumindest glaubte er, dass sie das tat. Wenn man in Facettenaugen sieht, kann man schwer bestimmen, wohin sie genau blicken.
»Wir wundern uns immer wieder über das Selbstvertrauen, dass ihr Menschen angesichts unseres tödlichen und gleichgültigen Universums an den Tag legt. Passt auf, dass euer Selbstvertrauen nicht eines Tages in sich zusammenbricht!«
»Vielen Dank für diese fürsorgliche Predigt«, erwiderte er in scharfem Ton. »Wir wissen, was wir hier tun.«
»Weiß überhauptjemand, was er tut? Ob Individuum oder Spezies, es scheint keine Rolle zu spielen. Wir alle sind weise Wesen und treiben gemeinsam in einem Kosmos, in dem selbst der größte Baustein der Materie aus unbeantworteten Fragen zu bestehen scheint.« Sie wandte sich ab und lief auf schnellstem Weg in Richtung der Station, an der der Luftkissengleiter sie auflesen würde. »Ich habe genug gesehen. Mir ist kalt, und ich will wieder zurück in meine Kabine an Bord der Glistener.«
Ich will dich hier unten sowieso nicht mehr sehen, knurrte der Führer leise. Die meisten von uns hier auf Treetrunk haben Besseres zu tun, als euch geschwätzige Käfer zu
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