Klagelied der Sterne: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 2
hätte Recht geben müssen. »Treetrunk ist noch immer eine neue Welt, erst seit ein paar Jahren besiedelt.«
»Seit vier Jahren«, korrigierte Meeker ihn.
»Schön, dann eben seit vier Jahren, verdammt noch mal.« Durch das schmale, gebogene Sichtfenster vor sich sah er nur Sterne und den noch immer fernen Punkt: Argus V, ihr Ziel. »Multipler Bakenausfall ist durchaus möglich, vor allem auf einer Welt, die erst vor so kurzer Zeit kolonisiert wurde wie diese.«
»Der Shuttlehafen in Weald antwortet auch nicht.« Meeker klang zwar versöhnlich, blieb aber hartnäckig.
»Dann sind ihre Kommunikationsanlagen eben auch ausgefallen. Das bedeutet, sie haben ein paar Probleme, mehr nicht.« Während er redete, beugte er sich dichter an die Kommunikationskonsole und studierte aufmerksam die Anzeigen.
Meeker, deren Gesicht entfernt an das eines Kobolds erinnerte, sah zu ihm hoch. »Es gibt keinerlei Hintergrundrauschen. Kein 3-D, kein Funkverkehr, nichts. Nicht mal ein Zischen. In rein kommunikationstechnischer Hinsicht ist der Planet tot.«
Ihre Wortwahl bestürzte Trohanov, doch ließ er sich das nicht anmerken. »Okay, das ist schlecht. Vielleicht sogar sehr schlecht. Wir wollen aber keine voreiligen Schlüsse ziehen. Ich kenne mehrere Leute, die voreilige Schlüsse gezogen haben, und die haben ausnahmslos ein schlimmes Ende genommen.«
»Was ist mit ihnen passiert?«, fragte Hollis leise.
Trohanov richtete die tiefliegenden, zimtfarbenen Augen auf sie. »Sie haben sich hoch verschuldet. Behalten Sie den vorgegebenen Kurs für Orbitaleintritt bei. Es gibt keinen Grund, warum wir anders verfahren sollten. Halten Sie alle in Alarmbereitschaft!«
»Was ist mit dem Rest der Crew?«
»Lassen Sie sie in Ruhe! Ich wüsste nicht, wieso wir sie schon informieren sollten, obwohl wir noch nichts Handfestes wissen. Diejenigen, die momentan schlafen, werden den Schlaf vielleicht bitter nötig haben.« Er legte Meeker die kräftige Hand auf die Schulter. »Überwachen Sie weiterhin den Funkverkehr, und wenn Sie auch nur das Geringste Plappern hören, lassen Sie es mich wissen, auch wenn es nur ein paar fiese Schimpfwörter sind.« Sie nickte einmal. Meeker war kein Mensch, der unnötig Worte vergeudete.
Hollis musterte den Kapitän nachdenklich. »Ich denke, es besteht kein Grund, warum Sie noch länger hier bleiben müssten, Sir. Gehen Sie ruhig wieder zu Bett! Wir rufen Sie, sobald wir etwas wissen.«
Er warf einen Seitenblick auf die stummen, blinkenden Instrumente des Sternenschiffs, und seine Miene verhärtete sich. »Den Teufel werde ich«, grollte er leise.
Sie traten ohne Zwischenfall in den Orbit ein. Wie erwartet, waren sie das einzige anwesende Schiff. Treetrunk war ein Außenposten, eine vergleichsweise neue Kolonie, weit von der Erde und den anderen Kolonien entfernt. Andere KK-Schiffe besuchten die Welt in unregelmäßigen Abständen und nur zu offiziellen Anlässen. In der ellipsoiden Frachtabteilung, die den Großteil des oberen Schiffsrumpfes einnahm, lagerte eine Warensendung von New Riviera. Nach der Ablieferung der Güter würde Trohanovs Frachter durch den Plusraum nach Proycon Weiterreisen. Die gesamte Anlieferung, von der Nutzlast bis zum programmierten Kurs, war reine Routine und verlief völlig normal.
Auf der kalten Welt vor ihnen hingegen war etwas ganz und gar nicht normal.
Meeker hatte bereits weitere sechs Stunden Kommunikationsdaten ausgewertet, als Trohanov schließlich die Geduld verlor. Mittlerweile waren alle drei Personal-Schichten wach. Gerüchte machten die Runde, und die Besatzung diskutierte. Es wurde Zeit, sich endlich Gewissheit zu verschaffen.
»Lassen Sie Shuttle Nummer Zwo checken! Ich gehe da runter. Hollis, Sie haben das Kommando, solange ich fort bin!« Er wandte sich zum Gehen.
»Was ist mit der Fracht, Sir? Wir haben drei volle Ladungen. Die Geschäftsführung tobt jedes Mal, wenn wir ›überflüssige‹ Lieferflüge durchführen.«
»Soll sie doch toben! Da unten gibt es irgendwelche Schwierigkeiten, und solange wir nicht wissen, worin sie bestehen und wie schwerwiegend sie sind, ist es sinnvoller, die Fracht an Bord zu lassen, anstatt einfach mit der Löschung zu beginnen. Sobald wir wissen, was da unten los ist, bringen wir die Container runter. Bis dahin bleibt das Schiff samt Besatzung in Alarmbereitschaft. Ich kümmere mich später um die Beschwerden der Mannschaft, die eigentlich dienstfrei hätte. Im Augenblick müssen wir erst einmal herausfinden, warum der
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