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Klang des Verbotenen

Klang des Verbotenen

Titel: Klang des Verbotenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Febel
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Maricati! Eine Galeone soll bald ablegen, vielleicht sogar schon morgen und über Marseille nach Napoli gehen, und so gebe ich ihr einen Brief für Dich mit – möge er Dich erreichen, ja mehr, möge er Dich gesund und fröhlich antreffen! Wie geht es Dir? Was macht der Bauch und unser Kind darin? Und wann kommst Du nach? Willst Du
    nicht lieber die Zeit zu Hause abwarten, bei der Familie – und dann kommt ihr gar zu zweit, Mutter und Sohn? Mir geht es gut. Ich liebe und vermisse Dich. Meine Arbeit …
    Die Feder hatte sich in einer Faser des Papiers verhakt, spannte sich, sprang dann wieder zurück und verteilte feinsten Regen schwarzer Punkte auf dem geschriebenen Absatz. Kein Malheur – nur eine graue Tönung wie Staub, kaum sichtbar. Kein Grund, den Brief noch einmal zu beginnen.
    Ich liebe und vermisse Dich, las Escarlati und hielt inne. Das habe ich letztes Mal auch so geschrieben, genau so – diesmal hätte ich es etwas anders formulieren sollen, doch wie? Ach was! Es stimmt ja nach wie vor, nicht wahr? Das ist die Hauptsache. Und meine Arbeit … Nun … nun …
    Einen ersten Unterricht hatte er endlich gegeben. Maria Barbara war eine gute, ja, sehr gute Cembalistin geworden, wagte sich an die größten Schwierigkeiten heran, und doch gab es viel zu tun. Zunächst würde man ihre Verspannungen lösen müssen, denn sie verwandte zu viel Kraft auf das Spiel – das konnte auf die Dauer nicht gut gehen. Nein, nicht so sehr in den Fingern, die sich flink wie Tanzmäuse über die Tasten bewegten, sondern eher in den Armen, im Oberkörper …
    … ist nicht schwer, schrieb er weiter, Bin mein eigener Herr, unterrichte ab und zu, habe auch schon vor dem König gespielt, und stell Dir vor …
    Als er Japón im Eingang entdeckte, legte Domingo die Feder beiseite und winkte. Japón setzte sich zu ihm, nicht ohne sich mithilfe komplizierter Gesten mehrfach zu vergewissern, dass er auch sicher nicht, gewiss nicht, ganz bestimmt und über jeden Zweifel erhaben nicht bei irgendetwas Wichtigem störe, wobei doch just das Gegenteil der Fall war und Escarlati den angefangenen Brief erleichtert und gut gelaunt beiseite schob. Macht nichts, die Galeone wird nun mit ein paar Gramm weniger Ballast in See stechen und ein paar Sekunden früher Napoli erreichen.
    »Werter Japón«, sagte Escarlati. »Ihr müsst mir doch noch die Geschichte erzählen!«
    Japón strahlte – er hat’s nicht vergessen! –, wehrte zwar noch zwei, drei Mal bescheiden mit beiden Händen ab, als rücke ein Möbelstück auf ihn zu, gab dann aber auf, entspannte sich, lächelte und begann. »Das war so: Im fernen Land Nihon, von euch Nippon oder auch Japan genannt, und darin im noch ferneren, weil besonders zur Winterszeit überaus schwer erreichbaren Königreich Voxu …«
    Da trat Montoya herein, und wieder wurde der Erzähler unterbrochen.
    »Ihr hier«, rief Escarlati. »Curro? Und Ihr kennt Euch, Herr Japón und Montoya?«
    »Ja und ja«, lachte der Gitano. »Hier ist’s warm, gemütlich und Caballero Japón weiß spannende Geschichten. Por favor! Hat er schon von seinem Königreich erzählt?«
    »Gerade wollte ich …«, sagte dieser, doch Curro sprach weiter: »Es gibt nicht viele Orte in unserer Stadt, an denen so behaglich eingeheizt wird, dass sich nicht nur die eisigen Knochen, sondern auch eingefrorene Zungen lösen – und dies schon ohne Wein! Und auch, ohne gleich abgeschnitten zu werden, wenn man – dann mit Weinzum Vögelchen geworden ist und zu viel tiriliert. Seht nur …« Er blickte rundum.
    Domingo verstand nicht.
    »Keine Kapuzen«, fuhr Montoya fort, »keine Kutten, gefalteten Hände, tuschelnden Köpfe, seltsamen Frisuren, Gürtel aus Kordel … habt Ihr’s jetzt kapiert?«
    Escarlati ging ein Licht auf: sicheres Terrain! Ja, hier in Spanien war es offensichtlich noch schlimmer als in Napoli – und vielleicht sogar als in Rom.
    »Du bist neu hier«, sagte Curro, »und sowieso ein vorsichtiger Mensch. Hast Manieren. Das ist gut für dich. Trotzdem – ein gründlicher Blick in die Runde empfiehlt sich überall und allezeit, bevor man den Mund zu weit aufmacht, es sei denn, man schluckt nur ein Stück Braten herunter. Doch keine Sorge. Es wird zur zweiten Natur.«
    Japón nickte. »Wenn ich jetzt …«
    Doch Curro war ins Monologisieren geraten, hatte vielleicht auch schon anderswo dieses oder jenes Gläschen zu sich genommen, und zwar ohne den Braten dazu; und so fuhr er fort. War Japón verletzt, so ließ er es sich nicht

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