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Klang des Verbotenen

Klang des Verbotenen

Titel: Klang des Verbotenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Febel
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dem Ellenbogen in die Seite, und alle lachten.
    »Ja, ja …« Escarlati dachte an all die langweiligen Liebesduette, die er hatte komponieren müssen, immer ein Ach! Ach! Und Oh! Immer Adagio, Dur und niemals Moll …
    »Und nun zu dir … zu Euch«, sagte Curro Montoya unvermittelt – noch hatte sich die Form der Anrede nicht eingependelt.
    Also erzählte Domingo ein wenig von sich, woher er kam, dass er der neue Hofmusiker war, und auch von seiner Zeit in Rom als Leiter der vatikanischen Kapelle, also letztendlich als Dirigent des Papstes – was Curro offenbar besonders beeindruckte, denn er übersetzte es sogleich den anderen in ihre Sprache. Die Freunde nickten, sahen einander an und murmelten respektvoll.
    Escarlati erzählte auch, dass er jene Stelle gekündigt und die Einladung nach Sevilla angenommen hatte; was Montoya noch mehr beeindruckte.
    »Du hast beim Vertreter Gottes auf Erden gekündigt, verdad?«, sagte Curro. »Einfach so? Hattest du denn keine Angst? Was geschah? Zog ein Gewitter auf, schlug der Blitz ein? Ein Vorhang riss in zwei Stücke? Nein? Nichts? Gar nichts? Nada?«
    »Nichts«, sagte Domingo. »Ich nehme an, Gott war das ziemlich egal. Vielleicht ist er ja unmusikalisch.«
    »Hahaha!« Montoya brüllte vor Lachen. »Der Herr ist unmusikalisch! Na ja, wenn ich mir den Gesang der Priester so anhöre! Du gefällst mir, Domingo. Ihr gefallt mir, Caballero Escarlati – ach, wie auch immer …«
    Domingo fühlte sich wohl, lachte mit, fühlte sich verstanden: Den respektlosen Witz, den er innen trug, stülpte Montoya nach außen. Ja, sie waren wie ein Paar Handschuhe, der eine davon nach innen gewendet.
    »Und gefällt es Euch hier?«, fragte Curro und hielt Escarlati zum wiederholten Mal die Kaktusflasche hin.
    »Das kann ich noch nicht sagen«, erwiderte dieser. »Es ist auch nicht wichtig, denn – ich wollte gar nicht irgendwo hin, sondern von etwas weg; und das ist schon einmal geschafft. Schwer genug war’s.« Der Alkohol löste ihm die Zunge.
    »Wenn du keine Heimat finden willst«, lachte Curro, »dann bist du in diesem Land richtig. Und ganz besonders bei uns.«
    Wieder wurde es Nacht. Steil war die Sonne hinab ins Meer gestürzt, sodass es dampfte und neue Wolken sich in der Finsternis auftürmten, Sterne und Mond allmählich verdunkelten und nahezu unbemerkt einen neuen regnerischen Tag vorbereiteten.
    Escarlati verabschiedete sich und machte sich auf den Weg nach Hause, das heißt, zurück in den Palast – na, ist das vielleicht ein Zuhause? »Verrückte! Da kann man nur lachen«, murmelte er angenehm betrunken und wurde gewahr, wie es endlich in seinem Kopf begann zu komponieren.

11
    »Diese? Diese? Oder doch diese da?«, fragte Prinz Fernando und stülpte sich eine Perücke nach der anderen über. Er schnupperte an den gepuderten Kopfbedeckungen, bevor er sie aufsetzte, betrachtete sich dann im Spiegel, wobei er die Haarteile hin und her schob, bald mit der Rechten von hinten frech in die Stirn wie einen Sommerhut, bald in die Höhe, sodass über seinem eigenen Haarschopf ein Hohlraum entstand, in dem eine Schwalbe hätte nisten können.
    »Wie bin ich hübsch! Wie bin ich hübsch!«, rief er seinem Spiegelbild zu, das sich, noch im Nachtgewand, wendete und drehte.
    »Was wiederholst du alles? Sei doch ein Mal ernst«, sagte Prinzessin Maria Barbara, öffnete die Flügeltüren zum Innenhof und warf sich ein Tuch über das Hemd. »Du bist und bleibst ein Bub – wie schade!«
    Der Prinz verstand die Anspielung nicht, wollte sie nicht verstehen oder war ganz in seinen eigenen Anblick versunken.
    »Bald sind wir König! Bald sind wir König!«, trällerte er und hopste durch das Ankleidezimmer. »Und dann gehört mir alles, was es gibt!« Er drehte sich mit ausgestreckter linker Hand um die eigene Achse, grazil wie ein Tänzer. »Und dann regiere ich die ganze Welt. Viel besser als Papa. Stehe auf, wann ich will …«
    Maria Barbara seufzte: »Warum musste ich nur ein kleines Kind heiraten?«
    »… und sperre ein, wen ich will. Zigeuner. Juden. Gottlose. Bei Wasser und Brot! Wenn überhaupt!«
    »Das ist jetzt nicht mehr lustig«, sagte Maria Barbara wie eine Mutter zu ihrem ungehorsamen Sprössling.
    »War doch nur Spaß«, plapperte der Prinz fort. »Doch der Monseñor hat’s auch gesagt. Das Böse muss man strafen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Und überhaupt: bald? Wieso denn bald?«
    Er näherte sich seiner Frau, wie um ein Geheimnis auszuplaudern, und flüsterte ihr

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