Klappohrkatze auf Reisen
Haus in Ramatuelle gekauft. Es war eine eher kleine bescheidene Bude: ein ehemaliges Hotel mit sechs oder sieben Schlafzimmern, einer Profiküche (einschließlich Kühlraum), unzähligen Arbeitszimmern und Büros, einem Balkon mit Blick auf St. Tropez und das Mittelmeer. Rund um den Swimmingpool war ein Hanggarten, der es mit dem von Versailles aufnehmen konnte. Mehr nicht.
Norton als echtem Jetsetter gefiel Ramatuelle ganz gut, auf St. Tropez fuhr er aber richtig ab. Dort saß er an der Bucht, schlürfte – oder, genauer gesagt, schlabberte – einen café liegois , eine Kreuzung zwischen Eiskaffee und Mokka-Eisbecher und der erste nicht-schokoladenhaltige Drink, über den ich meine Katze ausflippen sah.
Das alles soll nur zeigen, dass Norton ein sehr viel erfahrenerer Südfrankreichreisender war als unsere menschlichen Weihnachtsgäste.
Das Erste, was wir mit Esther und Norm unternehmen wollten, war ein Zwischenstopp in Nizza mit einem Rundgang durch die Altstadt. Das machten wir dann, und es lief auch alles glatt, bis zu dem Moment, als Norm, der wieder mal vergessen hatte, dass er kein Französisch konnte, mit einer Ladeninhaberin ins Gespräch kam. Er kaufte ein paar Geschenke für die Leute zu Hause, und die Frau im Laden fragte ihn etwas in ihrer Muttersprache. Norm, der sich immer noch weigerte zuzugeben, dass er die Sprache nicht verstand, nickte und antwortete: »Oui. Un peu.« (Ja. Ein bisschen.)
Das verwirrte die Frau ohne Ende, hatte sie ihn doch gefragt:
»Soll ich es Ihnen als Geschenk einpacken?«
Versuchen Sie mal, etwas »ein bisschen« als Geschenk einzupacken.
Weltmännisch wie wir waren, beschlossen wir zum Lunch nach Italien zu fahren. Außerdem erklärten wir Spontaneität zum Motto unseres kurzen Zweitagesausflugs – wir würden einfach sechsunddreißig Stunden lang immer das tun, wonach uns gerade der Sinn stand. Und natürlich stand uns als Erstes der Sinn nach Essen. Also fuhren wir eine halbe Stunde bis nach Ventimiglia, dem italienisch-französischen Gegenstück zu Tijuana.
Janis, Norton und ich hatten diesen Trip schon mehrmals gemacht. Nichts bereitete uns in diesem Jahr mehr Vergnügen, als ganz spontan zu sagen: »Fahren wir doch zum Lunch nach Italien.« Und Ventimiglia ist eine durch und durch nette Stadt. Es ist nicht Rom, Verona oder Venedig, aber es liegt in Italien, was könnte daran schlecht sein?
Wir hatten einen köstlichen Lunch direkt am Meer. Norton bekam einen eigenen Teller mit Scampi, und er fühlte sich im Restaurant so zu Hause, dass er ein bisschen auf Wanderschaft ging, ein paar der anderen Gäste besichtigte und in die Küche schlenderte, um zu sehen, was er an Antipasti abstauben konnte. Nach dem Lunch machten wir das, was anscheinend die meisten Leute taten: Wir standen zwei Stunden in einer Bank Schlange, um Geld abzuholen, da der Geldautomat defekt war. Dann gingen wir auf einen Markt, um noch mehr Lebensmittel einzukaufen. Der einzige Haken an der Sache war, dass Norton ganz alleine beinahe den Dritten Weltkrieg vom Zaun gebrochen hätte.
Als wir auf den Markt kamen, war der kleine Kerl in seiner üblichen Position; er saß in der Schultertasche, den Kopf hinausgestreckt. Die Italiener bringen Katzen und Hunden genauso warme Gefühle entgegen wie die Franzosen – für sie ist überhaupt nichts Seltsames daran, wenn eine Katze ein Restaurant oder einen Markt besucht –, und sobald wir auf dem Markt waren, sprang einer der Verkäufer heran und bot Norton eine frische Sardine an. Norton schaute ihn an, als habe er den Verstand verloren, schnüffelte ziemlich unerzogen an dem Fisch und wandte seine Aufmerksamkeit dann anderen Dingen zu – vor allem dem gelato -Stand.
»Was ist los mit ihm?«, fragte der Fischverkäufer mich. »Ist er sich zu fein für meinen Fisch?«
»Nein, nein, nein«, versicherte ich ihm hastig. »Er mag einfach keinen Fisch.«
»Aber er ist doch eine Katze?«, wollte der Fischverkäufer wissen.
»Klar, er ist eine Katze«, bestätigte ich.
»Dann sollte er doch Fisch essen.«
»Ich weiß, dass er das sollte« – und hier zuckte ich sehr philosophisch die Schultern; bei Franzosen wirkt das meist – »aber anscheinend ist er eher ein Fleischfresser.«
Ich sollte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass das, was ich hier sprach, Normsprache war. Ich spreche kein Wort Italienisch, also mixte ich ein bisschen Französisch mit einem bisschen Englisch und einer Menge italienischem Akzent.
»Das ist hier ein Fisch -Markt«,
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