Klappohrkatze auf Reisen
Jahre altes Steinhaus mit zwei Speisesälen. Der vordere verfügt über eine riesige Theke, an der normalerweise einheimische Lastwagenfahrer stehen, Wein und pastis kippen und Geschichten erzählen. Im hinteren Saal gibt es vielleicht zwanzig Tische und einen Kamin, in dem sich in der Regel ein Lamm-, Huhn- oder Kaninchenbraten dreht. Im Winter ist das Bistrot nur mittags unter der Woche geöffnet, und es gibt jeden Tag nur ein Gericht. Man ruft an und fragt, was an diesem Tag auf der Karte steht, und dann sagen sie, es gibt ein pot-au-feu mit aïoli (das gibt es jeden Freitag) oder einen coq au vin , und dann entscheidet man, ob man darauf gerade Appetit hat. Außerdem gibt es dort einen köstlichen Salat und so viel Rotwein, wie man trinken möchte (die Flasche steht schon auf dem Tisch, wenn man sich hinsetzt; er wird exklusiv für das Restaurant hergestellt und ist biologique – das heißt, er enthält keine Sulfite oder anderen ekligen Chemikalien). Der Inhaber war ein erfolgreicher Werbemanager, der eines Tages beschlossen hatte, dass er es leid war, Perrier oder was auch immer zu verkaufen, also eröffnete er diesen perfekten Traum von einem französischen Restaurant.
Das Bistrot du Paradou gehört zu Nortons – und unseren – drei liebsten provenzalischen Restaurants. Ich glaube, das liegt zum einen daran, dass eine bestimmte Kellnerin ihn sehr mag und ihm immer erzählt, wie viel schlauer er als ihr Hund ist, und zum anderen daran, dass der Kamin so groß ist und Norton fast überall im gesamten Restaurant sitzen und sich am prasselnden Feuer wärmen kann.
Nach dem Lunch fuhren wir ein paar Meilen die Straße entlang zur besten Olivenmühle in ganz Frankreich, der Mühlenkooperative in dem Städtchen Maussane. Maussane ist zufällig Janis’ Lieblingsstadt in Frankreich, möglicherweise mit Ausnahme von St. Remy. Es ist direkt entlang der Straße gebaut, klein und charmant, dabei aber äußerst kultiviert. Das Wichtigste aber ist: Ihr Olivenöl ist so köstlich, dass wir persönlich langjährige Gefängnisstrafen riskiert haben, um zahllose Liter von dem Stoff nach New York zu schmuggeln.
Nachdem wir ihnen beim Zermahlen der Oliven zugesehen und dann genug Öl gekauft hatten, um halb Westeuropa zu frittieren, fuhren wir nach Goult zurück. An diesem Nachmittag gaben wir selbst eine Party, eine Cocktailparty von fünf bis Ende offen, damit alle unsere neuen Freunde unsere beiden alten Freunde kennenlernen konnten. Wir hatten insgesamt ungefähr dreißig Leute da, ein paar Briten, einen Exilamerikaner, ein paar Schweden und ansonsten überwiegend Franzosen. Wir tischten Truthahnreste und einen riesigen Schinken auf und Unmengen köstliche kalte champagnoise aus der cave in Coustellet, aber der größte Hit waren die Bagels und der Creamcheese, die Norm und Esther aus New York mitgebracht hatten. Für die Franzosen war es das Leckerste seit der Erfindung des Croissants, und sie verputzten die Zwiebelbagels, als gäbe es kein Morgen.
Die größte Überraschung der Party war aber nicht, dass alle unsere Freunde sich so gut verstanden, sondern die, dass Norton zum ersten Mal in seinem Leben nicht nur fast den ganzen Abend auf der Party blieb, sondern dass auch alle Kinder kommen und ihn streicheln durften.
Ich habe bisher noch nicht über die dunkle Seite von Nortons Persönlichkeit gesprochen, hauptsächlich, weil es im Grunde keine gibt. Wenn er überhaupt einen Fehler hat, dann den, dass er Kinder nicht besonders mag. Kleine Kinder, um genau zu sein. Ich nehme an, das ist verständlich. Kinder sind sehr zappelig und laut und machen plötzliche, ruckartige Bewegungen. Als Erwachsener finde ich sie schon gruselig genug, daher verstehe ich gut, dass Norton immer vor ihnen zurückgeschreckt ist. Wenn wir uns in der Öffentlichkeit befinden, was häufig der Fall ist, faucht Norton nicht oder kratzt sie oder sonst etwas. Er wird einfach ganz passiv und zieht sich in sein Schneckenhaus zurück oder geht ihnen, wenn möglich, aus dem Weg. Auf unserer ersten größeren Cocktailparty in Goult aber liefen eine Menge Kinder herum. Sie waren zwischen fünf und zwölf Jahre alt, und ungefähr um acht Uhr abends sah ich, wie Norton seelenruhig auf dem Wohnzimmerfußboden ausgestreckt lag und einen der Fünfjährigen seinen Kopf anmalen ließ.
Frankreich zeitigte eindeutig Wirkung beim Star meiner Familie. Und ich muss sagen, mir gefiel das.
***
Die nächsten Tage verbrachten wir ausschließlich touristisch.
Wir
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