Klappohrkatze auf Reisen
fuhren alle zusammen nach Arles und versuchten irgendwelche Spuren von Van Gogh zu finden, aber abgesehen vom ultramodernen Van Gogh Café und einer Van-Gogh-Tankstelle erinnert kaum noch etwas an ihn. Es ist trotzdem eine schöne Stadt, und Norton war fasziniert von der Stierkämpfer-Schule, die im römischen Kolosseum der Stadt trainiert. Außerdem besuchten wir Avignon, eine wahrhaft großartige Stadt. Ich weiß nicht, ob Norton imstande war, dem Palais des Papes etwas abzugewinnen oder der spektakulären Mauer, die die Stadt umschließt, oder auch dem Utopia, dem einzigen englischsprachigen Kino südlich von Paris. Ich weiß hingegen, dass er sich definitiv für le manège interessierte, das prächtig beleuchtete Karussell, das vorm Opernhaus steht und sich die ganze Nacht dreht. Norton wäre am liebsten davor sitzen geblieben und hätte bis zum Morgengrauen zugeschaut.
Natürlich fuhren wir mit unserem Besuch zum Markt in L’Isle-sur-la-Sorgue, wo wir absolut jeden Menschen trafen, den wir in der Provence kannten. Gegen Ende der Einkaufstour dachten Esther und Norm bestimmt, wir hätten Wildfremde bestochen, uns zu begrüßen und unseren Gästen weiszumachen, wir seien allseits bekannt. Nachdem wir unseren Wochenvorrat eingekauft hatten, fuhren wir zu einer Weinprobe nach Châteauneuf-du-Pape, das nur vierzig Minuten von Goult entfernt liegt. (Falls noch niemandem ein Zusammenhang zwischen all den Orten mit pape im Namen aufgefallen sein sollte, kommt hier eine kurze und wahrscheinlich ungenaue Geschichtslektion: Als die französische Regierung den Vatikan mehr oder weniger zu übernehmen versuchte, setzte sie schließlich einen eigenen Papst ein und lockte das Hauptquartier der katholischen Kirche nach Frankreich herüber. Wenn man in Avignon und Châteauneuf unterwegs ist, versteht man leicht, warum alle angerannt kamen. Die Paläste sind ehrfurchtgebietend und der Wein dürfte zu den besten der Welt gehören. Als der korrupte französische Papst endlich starb, wurde er durch einen korrupten italienischen Papst ersetzt, der wieder nach Italien ging, aber die Paläste und die Weine blieben da, mit Avignon als Mittelpunkt. Ende der Geschichte.) Janis und ich waren schon mehrmals in Richtung Châteauneuf gefahren und kannten sogar ein paar Inhaber kleinerer Winzereien (uns kann man sich leicht merken: Es gibt nicht so viele amerikanische Paare, die mit einem Scottish Fold zur Weinprobe kommen). Typisch für provenzalische Franzosen – für ihre Klasse, ihre Wärme und ihren Stil – war, dass einer der cave -Inhaber, mit dem wir früher schon ausführlich über Wein geredet hatten, Esther und Norm je eine halbe Flasche seines neuesten Weins schenkte. Er bot Norton auch eine an, aber ich fand, meine Katze hatte schon genügend Laster, und da Norton zumindest auf dem Papier minderjährig war, lehnte ich in seinem Namen ab.
Als der Montag kam, waren Esther und Norm ziemlich überzeugt, dass wir im Paradies lebten. Und dann beschlossen wir, es wirklich wild zu treiben.
Einer der größten Vorteile von Goult ist die Lage. Es liegt nicht nur im Herzen des herrlichen Lubéron; innerhalb von zweieinhalb Stunden ist man zum Skifahren in den Alpen oder in derselben Zeit in Barcelona oder Italien und Nizza und Cannes sind nur zwei Stunden entfernt. Also beschlossen wir, uns ins Abenteuer zu stürzen und fremde Länder zu besuchen.
Norton war bereits oft in Italien und unten an der Riviera gewesen. Nizza (französisch: Nice, was die Franzosen »Niess« aussprechen, Engländer/Amerikaner dagegen »Neiss« wie »nett«; glauben Sie mir: Das wird später noch eine Rolle spielen) war eine seiner Lieblingsstädte in Frankreich. Ihm gefielen die Unterkünfte, das Essen, und er fand die Einwohner ganz besonders freundlich. Wir waren schon oft dort gewesen, manchmal geschäftlich, meist aber, weil dort Freunde von uns wohnten.
Einer meiner alten Freunde war Joel Douglas (Sohn von Kirk, Bruder von Michael und selbst ein erfolgreicher Filmproduzent). Ich kannte Joel und Michael seit unserer Jugendzeit, und wir waren über die Jahre in Verbindung geblieben. Michael wurde dann natürlich ein millionenschwerer Filmstar und Oscar-Gewinner und durfte sogar Sharon Stone nackt sehen (wofür ich mit Vergnügen die Millionen und den Oscar hergeben würde). Joel war ein perfektes Leben beschieden; er zog nach Monaco, heiratete eine extrem nette Frau aus Nizza und leitete das älteste noch in Betrieb befindliche Filmstudio Europas, das er
Weitere Kostenlose Bücher