Klappohrkatze auf Reisen
belehrte mich der Typ nun. Mittlerweile hatten sich etliche andere Verkäufer um uns geschart, um zu sehen, was los war. Niemand war begeistert, dass es um eine Katze ging, die keinen Fisch fraß.
»Ja«, murrte ein anderer. »Warum bringt man eine Katze, die Fisch hasst, auf einen Fischmarkt mit?«
Ich lächelte sie alle an und zischte meiner Katze aus dem Mundwinkel zu:
»Norton, süßer kleiner Kater, bitte friss die Sardine.«
Keine Chance. Mein süßer kleiner Kater frisst einfach keinen Fisch. Aber der Verkäufer hielt ihm den Fisch noch einmal hin, und Norton würgte beinahe. Bevor ein regelrechter Aufstand losbrechen konnte, kam Janis herüber, nahm mich und Norton am Arm (und der Pfote) und führte uns zurück in den Sonnenschein und in Sicherheit.
»Was war das denn nun wieder?«, wollte sie wissen.
»Er ist ein heikler Esser«, sagte ich und zeigte auf unseren grauen Gefährten. »Es ist nicht seine Schuld.«
»Nein, es ist nicht seine Schuld«, sagte sie und verdrehte die Augen, womit sie keinen Zweifel ließ, wessen Schuld es ihrer Meinung nach war.
Vollgefressen und nun unternehmungslustig – und immer noch auf Spontaneitätskurs – stiegen wir alle wieder in den Wagen und beschlossen, weiter ins Landesinnere von Italien zu fahren.
»Wie wäre es mit der französischen Riviera?«, wollte Esther wissen.
»Italien ist toll«, sagte ich. »Das wird Spaß machen. Wir fahren einfach, bis es irgendwo nett ist, und dann suchen wir uns ein Hotel.«
»Wie wäre es mit einer Reservierung?«, fragte sie, und wir erklärten ihr noch einmal das ganze Prinzip von Spontaneität. Widerwillig erklärte sich Esther bereit, sich der Mehrheit anzuschließen.
Und diese Mehrheit fuhr weiter in fünf Stunden Hölle hinein.
Wir guckten auf eine Landkarte und beschlossen nach San Remo zu fahren, einem angeblich schönen Ferienort, der angeblich nur eine Stunde oder so weiter im Landesinneren von Italien liegt. Man beachte die ständige Wiederholung des Worts angeblich .
Der erste Teil der Fahrt verlief glatt. Dann, als wir uns San Remo näherten, fiel uns auf, dass der Verkehr ins Stocken kam. Für die letzten anderthalb Kilometer in die Stadt brauchten wir etwas länger, als eigentlich nötig gewesen wäre – ungefähr eine Stunde länger. Und ehe wir uns versahen, steckten wir in den Außenbezirken von San Remo im schlimmsten Stau seit Menschengedenken. In der ersten halben Stunde waren wir alle ruhig. In der zweiten halben Stunde schlief Janis ein. Wir waren nun etwa dreißig Meter in die Stadt vorgedrungen. In der dritten halben Stunde begann Esther zu jammern. In der vierten halben Stunde wachte Janis wieder auf und begann ebenfalls zu jammern. Wir waren jetzt ganze dreiunddreißig Meter in die Stadt vorgedrungen. Ungefähr um die Zeit schnappte Norm über. Er begann mit einem fetten italienischen Akzent zu reden, als sei er ein Einwohner von San Remo.
»Excusa me«, sagte er und klopfte ans Fenster, als stünde er draußen vorm Wagen. »Ichä wohnä hiar undä ichä sitzä vierzehnä Jahrä imä Auto. Das Radio tutä nix – issä was passierä?«
Ich begann zu kichern, was ein schlechtes Zeichen war und ihn nur noch mehr anspornte. Der italienische Akzent ging weiter.
»Excusa me. Ichä habä gradä meinä neuä Sohn von Hospital gebrachtä nach Hausä. Hatä gedauertä achtzehn Jahrä, und jetzä muss ichä findenä Universitätä.«
Als Norm mit seiner Nummer fertig war, wussten wir, dass niemand in der Stadt San Remo je seinen Wagen verlassen hatte, dass niemand in der Stadt laufen konnte und dass zweiundvierzig Prozent der Stadtbevölkerung auf den Vornamen Fiat hörten. Das ging fast eine Stunde so weiter (oder noch einmal fünfzig Meter). Janis und Esther waren mittlerweile total in Panik. Sie hassten es nicht nur, im Verkehr festzustecken, sie hassten auch mich und Norm, weil wir so sehr lachten, dass es an eine seltsame Form von Geisteskrankheit grenzte. Norton war der einzige, der nicht den Kopf verlor, aber ich behaupte, das lag daran, dass er mit Esther und Janis auf der Rückbank saß und sich einfach nicht ihren Zorn zuziehen wollte, indem er mit uns lachte.
Außer seiner Nummer mit San Remo erklärte Norm uns auch ein Sprachspiel, das er vor einigen Jahren erfunden hatte, es klingt vielleicht nicht ganz so gut, aber nachdem wir stundenlang im Auto festgesessen hatten, mit italienischen Fahrern, die alle fünfzehn Sekunden auf die Hupe drückten, war es das Größte, das ich je erlebt
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