Klappohrkatze - Wie ich vom Katzenhasser zum Dosenöffner wurde: "Wie ich vom Katzenhasser zum Dosenöffner wurde"
Sekunde. Dann zwei Sekunden … dann … Brrrmiauuu .
Ein grauer Kopf mit gefalteten Ohren schob sich aus dem Gebüsch – genau dort, wo ich ihn zuletzt gesehen hatte. Der Rest des Körpers folgte. Norton stand auf dem Bürgersteig und sah mit einem seiner »Was ist das Problem?«-Blicke zu mir auf.
Ich wollte ihm nicht zeigen, dass ich völlig das Vertrauen in ihn verloren hatte und in Panik ausgebrochen war, deshalb gestattete ich mir nur einen winzigen erleichterten Seufzer. Dann wandte ich mich um, ging am Supermarkt vorbei und hielt erst wieder an, als ich meine Holzveranda erreicht hatte. Ich musste mich nicht umsehen: Norton war natürlich mitgekommen und den ganzen Weg lang anderthalb Meter hinter mir hergelaufen.
Im Laufe des Sommers wurden Nortons kleine Ausflüge zu einem wunderschönen, angenehmen Ritual. Cindy arbeitete jetzt wieder mehr und immer öfter auch an den Wochenenden, sodass Norton alle zwei, drei Wochen mein einziger Begleiter am Strand war. Er begleitete mich morgens immer zum Supermarkt, normalerweise auch mittags, und manchmal ließ er sich auch dazu herab, es abends zu tun. Dabei lief er kaum je direkt neben mir. Am liebsten hielt er jenen bequemen Abstand von anderthalb Metern. Er miaute regelmäßig, um mich wissen zu lassen, dass er noch da war. Als ich mich daran gewöhnt hatte, drehte ich mich nicht mehr nach ihm um. Ich ging einfach munter meiner Wege, hörte seine Zurufe, dass alles in Ordnung war, und rief dann zurück: »Okay, okay, sieh zu, dass du Schritt hältst.« Ich gewöhnte mich auch daran, dass, wenn Leute an uns vorbeikamen, manchmal jemand zu seinem Begleiter, dem die Augen fast aus dem Kopf fielen, sagte: »Siehst du, ich hab’s dir ja gesagt.«
Als sich unser Spaziermuster richtig eingespielt hatte, wurde er (und ich denke, ich auch) abenteuerlustiger.
Mein Schreibpartner heißt David Handler. Wir schreiben die meisten unserer Fernseh- und Filmskripts zusammen; in unserem Geschäft gibt es so viele haifischartige Monster, deren größtes Vergnügen es ist, ihre scharfen Zähne in hilflose Autoren zu schlagen, dass wir, vermutlich fälschlicherweise, annehmen, dass man zu mehreren sicherer ist. David und seine Freundin Diana hatten ein Haus vier oder fünf Blocks nördlich von meinem gemietet. An den Tagen, an denen wir dort arbeiteten, begleitete Norton mich immer. Er kannte den Weg bald genau: mehrere Blocks geradeaus, nach links, dann ganz runter bis zur Bucht. Er kannte ihn sogar so gut, dass er den Ausflug auch allein unternahm. Nicht selten rief David an, wenn Cindy und ich gerade mit den Vorbereitungen für das Abendbrot beschäftigt waren, und berichtete uns, dass Norton gerade für ein paar Stunden zu Besuch gewesen und gerade wieder gegangen sei, sodass ich ihn sicher bald zurückerwarten konnte. Und wirklich, zwanzig Minuten später erklang ein Miauen an der Tür, und eine gewisse herumstreunende Katze machte mehr als deutlich, dass sie sehr gerne eine Dose Hühnchenstücke mit Käse essen würde, und zwar jetzt sofort .
Ich begriff sehr schnell, dass ich mir niemals Sorgen machen musste, Norton irgendwo unterwegs zu verlieren, ganz egal, wie weit wir reisten. Wenn wir über den Central Walk – den holprig gepflasterten Weg, der mehrere Kilometer durch das Zentrum der Insel führte – zu Davids Haus gingen, wurde Norton immer wieder abgelenkt, erschreckt oder übermütig. Wenn ein Eichhörnchen seinen Weg kreuzte, jagte Norton ihm nach, manchmal in die Büsche, manchmal unter das Haus von jemandem, manchmal einen Baum hinauf. Wenn ein Hund beschloss, sich wie ein Hund zu benehmen und zu bellen oder zu knurren, war Norton sofort weg. Das Gleiche passierte auch, wenn ein Fahrrad zu dicht an ihm vorbeifuhr. Zuerst wartete ich einfach ungeduldig darauf, dass er wieder auftauchte, was manchmal bis zu fünfzehn Minuten dauern konnte, oder ich verbrachte die gleiche Zeit damit, herumzukriechen und nach ihm zu suchen und ihn einzufangen. Einmal hatte ich es besonders eilig. David und ich erwarteten einen Anruf von einem Produzenten aus L. A., der offenbar dachte, dass er uns auch genauso gut am Telefon als persönlich fertigmachen konnte. Also ließ ich Norton unter der Veranda eines Hauses, unter die er gelaufen war, zurück. Ich nahm mit David zusammen den Anruf entgegen und verbrachte eine Dreiviertelstunde damit, die komplizierten Handlungsfäden einer superrealistischen Sitcom-Episode (in der es um einen College-Studenten ging, der jedes Mal
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