Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klassenfahrt zur Hexenburg

Klassenfahrt zur Hexenburg

Titel: Klassenfahrt zur Hexenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
überein. Aber das
war ohne Belang, denn das Gesicht ist immer noch typischer für einen Menschen
als seine Höhe in Zentimetern.
    „Ihr Rover, Döring, scheint
kein Glückswagen zu sein.“ Reinbold machte eine Handbewegung, als halte er
Kraftfahrzeuge grundsätzlich für Unglücksbringer. „Erst wird er in Chicvillage
geklaut — und jetzt will man ihn rauben.“
    „Ich verstehe das nicht.“
Döring schüttelte den Kopf. „An Ihrem Wagen muss was dran sein“, meinte die
Kommissarin. „Vielleicht ist er ein technisch interessanter Prototyp und soll geklaut
werden für eine Firma in Fernost — damit man dort das technische Know-how
studieren kann.“ Ziemlich verbogene Überlegung, dachte Tim, sagte aber nichts.
    Gaby sah ihn an, pustete gegen
ihren Goldpony und schielte kurz zu Reinbold.
    Tim schüttelte unmerklich den
Kopf. Null Ähnlichkeit mit Ossinsky — hieß das.
    „Ich hatte bei Ihnen
angerufen“, sagte Döring, „wollte Ihnen mitteilen, dass sich mein Wagen
wiedergefunden hat. Aber Sie waren schon unterwegs, wie die Dame... wie Ihre
Bekannte sagte.“
    „Meine Bekannte?“ Reinbold hob
die Brauen.
    „Ja. Mir fällt der Name nicht
ein. Äh... Gabriele, glaube ich.“
    „Geraldine“, lächelte Reinbold.
„Das ist meine Nachbarin. Sie versorgt die Guppys.“
    Tim horchte Reinbolds Stimme
nach. Ja, es war der Mann — der Verwandte der sich gemeldet hatte, als Tim bei
Haito anrief. Dieselbe heisere, etwas bellende Stimme. Aber auch das besagte
nichts.
    Unser Bemühen, dachte der
TKKG-Häuptling, ist offenbar umsonst. Ossinsky ist untergetaucht. Trotzdem —
wir langweilen uns nicht. Wir sind eingekesselt, werden belagert, sind von der
Außenwelt abgeschnitten und werden bedroht. Also echt coole, ferienmäßige
Äktschen.
    „Und Sie haben keine Ahnung,
wer die Autodiebe sind?“, fragte Reinbold.
    „Nicht die geringste“,
antwortete Döring.
    „An Ihrem Wagen muss was
Besonderes sein“, beharrte Eva Zimpe.
    „Nicht dass ich wüsste.“ Döring
schüttelte den Kopf. „Staubbedeckt ist er. Sonst... nein, nichts.“
    Reinbold schnitt ein Gesicht,
als wäre er beim Kreuzworträtseln auf eine Bildungslücke gestoßen. Er trug einen
weißen Jeans-Anzug und gelbe Adventure-Stiefel.
    Unterhalb der Schläfen und vor
den Ohren entdeckte Gaby feine Narben an ihm: auf beiden Seiten. Aber es
konnten auch Fältchen sein.
    „Wenn ich Sie wäre“, sagte
Reinbold, „ginge ich unter keinen Umständen auf diese Forderung ein. Wo kommen
wir denn hin, wenn uns die Wegelagerer schon auf diese Weise ausnehmen? Nein!“
    „Ich denke nicht im Traum
daran, meinen Wagen zu opfern“, nickte Döring.
    Ein älterer Herr trat zu ihnen.
Er hatte Silberhaar, einen silbrigen Schnauzbart und sogar seine Augen blitzten
wie dieses Edelmetall. Es war Karl-Walter von Sill, der DGIAS-Präsident,
Gutsbesitzer und Großwildjäger.
    „Wir unternehmen einen
Ausbruchsversuch“, erklärte er mit grimmigem Lächeln. „Westphal und Pauschke
werden mit Westphals Porsche nach Niedersteupen fahren. Dabei wird sich
erweisen, ob wir wirklich belagert und abgeschnitten sind. Zu sehen“, er wies
zur Wehrplatte des Bergfrieds hoch, „ist nämlich nichts.“
    Oben, in schwindelnder Höhe,
standen wie Türmer ein paar Gestalten. Man blickte hinab in die Wälder. Aber
der Feind — falls es ihn gab — hielt sich verborgen.
    „Wahrscheinlich ist alles ein
Scherz.“ Reinbold reckte seine athletische Gestalt. „Es soll ja Scherzbolde
geben, die sich die Sache was kosten lassen und sie voll durchziehen, nicht nur
halbherzig. Diese Typen schneiden auch Telefonleitungen durch, brechen in
Hotelzimmer ein und klauen Handys.“
    Niemand pflichtete ihm bei.
    Spinner!, dachte Gaby. Das
glaubst du doch selbst nicht.
    Im Hintergrund wurde ein Porsche
gestartet. Zwei Männer saßen drin. Westphal und Pauschke machten einen
handfesten Eindruck.
    Tosend senkte sich die
Zugbrücke. Ketten rasselten. Scharniere quietschten. Bohlen dröhnten, als der
Porsche hinüberrumpelte. Einige liefen ins Torhaus, um hinterher zu glotzen.
Aber die meisten stiegen rasch die Holztreppen zu den Wehrgängen hinauf.

    Tim und Gaby schlossen sich an.
Sie sahen gerade noch, wie der Porsche im Wald verschwand.
    Das Pärchen stand hinter einer
Schießscharte. Tim hatte seiner Freundin den Arm um die Schultern gelegt. Lauer
Wind strich um die Mauern. Der Himmel war blau so weit man sehen konnte, der
Wald scheinbar unendlich.
    „Die alten Ritter“, meinte Tim
leise,

Weitere Kostenlose Bücher