Klassentreffen (German Edition)
getroffen zu haben, betrat Franzi Meikes Wohnung. »Gern.«
»Du scheinst es dir zur Angewohnheit zu machen, mich zu überraschen«, fuhr Meike schmunzelnd fort.
»Ich muss mit dir reden«, erklärte Franzi ohne Umschweife. »Aber wenn ich ungelegen komme . . .«
»Nein, nein.« Meike machte eine wegwerfende Handbewegung. »Mich erwarten nur Klassenarbeiten. Davon lasse ich mich gern ablenken.«
Franzi zog Jacke und Schuhe aus und folgte Meike ins Wohnzimmer. Ihr war ein wenig schwindelig. War sie gerade dabei, ihre Freundschaft ein zweites Mal aufs Spiel zu setzen? Sie hatte den ganzen Tag versucht, sich Meikes Reaktion auf ihr Geständnis auszumalen, war aber zu keiner stichhaltigen Vorhersage gekommen.
»Darf ich dir etwas zu trinken anbieten?« Meike stand vor Franzi, die bereits auf der Couch Platz genommen hatte.
Franzi schüttelte den Kopf. »Setz dich lieber zu mir.« Mit Smalltalk hatten sie schon mehr als genug Zeit verschwendet.
Ihre Blicke trafen sich. Franzis Puls ging augenblicklich schneller. Sie war in Meike verliebt. Vom ersten Augenblick an hatte sie ihre Nähe gewollt. Unbedingt. Daran bestand kein Zweifel.
»Wie du meinst.« Meike setzte sich so dicht neben Franzi, dass sich ihre Beine berührten.
Franzis Haut brannte. Der Körperkontakt machte es ihr nicht leichter, sich zu konzentrieren. »Also«, begann sie. Sie sah Meike geradewegs in die Augen und ergriff Meikes Hände. »Ich muss dir etwas Wichtiges sagen.« Sie hielt den Atem an. Dies war der entscheidende Moment, nach dem es kein Zurück gab . . . Konnte sie das wirklich?
Verunsicherung spiegelte sich in Meikes Augen wider. Ihre Finger in Franzis Händen wurden feucht.
»Meike, ich habe noch immer Gefühle für dich. Vielleicht sogar noch mehr, als ich jemals hatte. Ich . . .« Franzi schluckte. »Ich habe mich in dich verliebt.«
Meikes Mundpartie zuckte. Aber sie sagte kein Wort. Mit geweiteten Pupillen sah sie Franzi an.
Franzis Daumen strich zärtlich über Meikes Hand. »Es hat eine Weile gedauert, bis ich mir dessen bewusst geworden bin, bis ich mir sicher war.« Am liebsten hätte sie Meike zu sich gezogen, sie geküsst, aber Meike saß regungslos neben ihr. »Meike, sag doch bitte etwas.«
Meike räusperte sich. »Ähm . . .«, stammelte sie. »Das . . . das kommt jetzt sehr plötzlich für mich.«
»Es tut mir leid, ich wollte dich nicht so mit meinen Gefühlen überfahren.« Franzi presste die Lippen aufeinander. Sie hätte sich denken können, dass das alles zu viel für Meike sein musste. Ihr wurde übel. »Ich . . . Du musst nichts dazu sagen. Vergiss es einfach.« Innerlich verfluchte sie sich selbst. Sie hätte es langsamer angehen lassen sollen. Nun hatte sie mit ihrer forschen Art alles vermasselt.
Da holte Meike tief Luft. »Nein. Es ist schon gut. Ich habe mir auch viele Gedanken über uns gemacht in den letzten Tagen . . . das kannst du mir glauben.« Ihre Stimme war leiser geworden. Sie versuchte zu lächeln, doch es geriet schief. »Franzi, ich hatte noch niemals solche Gefühle für eine andere Frau wie für dich. Vielleicht . . .« Sie stockte. »Vielleicht hatte ich solche Gefühle noch niemals für einen anderen Menschen.«
Franzi wurde neuerlich schwindelig. Doch diesmal war es Erleichterung, die wie eine Woge über ihr zusammenschlug. Sie wagte nichts zu sagen, wagte noch nicht einmal zu glauben, was sie da gerade gehört hatte. Sie verstärkte nur ihren Händedruck ein wenig, um Meike zu ermutigen, fortzufahren.
»Aber das macht mir Angst. Und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich möchte dir nahe sein, mit dir meine Zeit verbringen.« Meike flüsterte jetzt beinahe. Ihr Körper war starr, sie saß kerzengerade, aber sie sprach weiter: »Ich weiß nicht, was das ist. Ich fühle mich wirklich zu dir hingezogen, Franzi. Du löst etwas in mir aus, etwas, wovon ich bisher nicht wusste, dass es das gibt.«
Franzi legte zaghaft ihren Arm um Meike. »Wir müssen nichts überstürzen. Ich kann dich verstehen.«
»Ich fühle mich so unsicher. Als wäre es das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich . . .« Meike stockte.
Franzi strich ihr über die Wange. »Wir müssen nichts tun, was du nicht möchtest.«
»Ich möchte, aber ich weiß gar nicht, wie das geht.« Meike stockte und räusperte sich. »Also, mit einer Frau zusammen zu sein.« Das Blut schoss ihr ins Gesicht. »Eine Frau zu berühren.« Wieder eine Pause, ein verlegener Blick zu Franzi. »Eine Frau
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