Klassentreffen (German Edition)
so gern ungeschehen machen.« Meike senkte den Blick. »Ich hatte damals einfach keine Kraft, damit umzugehen. Ich wünschte, ich wäre so stark gewesen wie du.«
Franzi musste lächeln. »Dieser Eindruck hat getäuscht. Glaub mir, ich war alles andere als stark . . . Du warst schließlich meine erste große Liebe. Das war auch für mich alles gar nicht so leicht. Es hat mich ziemlich viel Überwindung gekostet, dir meine Gefühle zu gestehen und mich dir anzunähern.«
»Auf mich hast du immer so selbstbewusst gewirkt. Für dich schien es keine Probleme zu geben. Deswegen habe ich dich bewundert.« Meikes Gesicht bekam einen sanften Ausdruck. Aber noch immer sah sie Franzi nicht in die Augen.
»Hast du denn damals nichts geahnt, als wir zusammen abgehauen sind?«, fragte Franzi. »Es war doch klar, worauf das hinauslaufen würde.«
Meike schmunzelte. »Doch. Irgendwie schon.« Sie nahm erneut einen großen Schluck Sekt. »Als du meintest, dass du keine Lust hättest, mit den anderen auf die Wanderung zu gehen, sondern den Nachmittag über lieber mit mir den Wald erkunden wolltest, da habe ich mir schon gedacht, dass du mal wieder irgendeinen Plan hattest. Aber das war ja nichts Ungewöhnliches für dich.«
»Es war mein erster Kuss.« Ein Lächeln huschte über Franzis Gesicht. Meikes süße Lippen auf ihren . . . Sie konnte sie immer noch spüren.
»Meiner auch. Und . . .« Meike stockte. Ihre Stimme senkte sich zu einem Flüstern. »Ich hätte es mir nicht schöner vorstellen können. Danke.« Auf einmal berührten ihre Finger Franzis Arm und strichen an ihm entlang, bis sie Franzis Hand erreicht hatten, die in Franzis Schoß lag. Noch ehe Franzi richtig begriffen hatte, was da geschah, verflochten sich ihre Finger eng ineinander.
Franzi leerte ihr Glas in einem Zug. Ihre Wangen glühten. Der Alkohol vernebelte ihre Sinne; so viel Sekt war sie nicht gewohnt. »Meike«, begann sie. »Was . . .«
Aber Meike stoppte sie. Zärtlich legte sie ihren Zeigefinger auf Franzis Lippen. »Psst.«
Und plötzlich geschah es. Wie von selbst.
Mit sanftem Druck trafen ihre Lippen aufeinander.
Franzi schloss die Augen. Es kribbelte heftig in ihrem Bauch. Meikes Mund fühlte sich so weich und zart an, genau wie sie es in Erinnerung hatte.
Ihre Zungenspitzen suchten einander, bis sie sich berührten und zu einem sinnlichen Tanz vereinten . . .
~*~*~*~
Z ärtlich fuhr Franzi durch die blonden Haare. Es fühlte sich so vertraut an. Sie wollte die Frau näher zu sich ziehen, sie küssen. Doch in diesem Moment verschwamm das Bild, löste sich auf. Rauch erfüllte den Raum. Flammen loderten auf. Ein Schrei.
Schweißgebadet schreckte Franzi hoch. Ihr Herz klopfte laut in ihrer Brust. Sie spürte die kräftigen Schläge bis zum Hals.
Es war nur ein Traum, versuchte sie sich zu beruhigen. Sie bemühte sich, ihren Atem zu kontrollieren. Aber es wollte ihr nicht gelingen.
Isabel war fort. Für immer.
Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals und nahm ihr die Luft.
In ihrem Kopf dröhnte es. Die Nachwirkungen vom vielen Sekt. Sie versuchte, sich an den Ausgang des gestrigen Abends zu erinnern. Da fiel ihr Blick auf Meike, die neben ihr im Bett lag – nackt. Was war passiert? Sie hatten zu viel getrunken. Definitiv. Und dann? Warum lag Meike nackt neben ihr? Franzi sah an sich herunter und zog dann hastig die Bettdecke höher. Und warum lag sie selbst nackt in Meikes Bett?
»Alles in Ordnung?«, fragte Meike in diesem Moment schlaftrunken. Es dämmerte bereits. Stirnrunzelnd betrachtete sie Franzi.
Franzi nickte. Sie war nicht fähig zu sprechen, ihre Zunge klebte an ihrem Gaumen. Bilder der vergangenen Nacht schossen durch ihren Kopf. Meike und sie . . . Keine Sekunde hatte sie an Isabel gedacht. Was hatten sie getan?
Meike fasste sich an den Kopf. »Oh, brummt mir der Schädel.« Sie rieb sich die Schläfen. »Hast du gut geschlafen?«
»Nicht so«, erklärte Franzi knapp. Hastig stand sie auf und blickte auf Meike hinunter. Sie musste kräftig schlucken, um die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Wie hatte das passieren können? Nach Isabels Tod hatte sie sich niemals wieder zu einer anderen Frau hingezogen gefühlt, geschweige denn eine andere geküsst oder gar mit ihr geschlafen. Nun hatte sie das Gefühl, Isabel betrogen zu haben. Ihre geliebte Isabel.
»Ich glaube, ich auch nicht.« Mit einem lauten Stöhnen richtete sich Meike auf.
Schweigend sammelte Franzi ihre Sachen ein und begann sich
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