Klassentreffen (German Edition)
hatte Franzi überlegt, ob sie die Verabredung mit Elli absagen sollte. Spätestens seit der Begegnung mit Meike war Franzi klar, dass sie noch nicht bereit für eine neue Beziehung war. Es wäre nicht fair, Elli etwas anderes vorzuspielen. Sie liebte Meike immer noch – trotz allem.
Am Ende war Franzi zu der Erkenntnis gekommen, dass ein persönliches Gespräch, in dem sie sich erklären würde, besser wäre als eine telefonische Absage. Sie mochte Elli zu gern, um sie auf diese unpersönliche Weise abzufertigen.
Drei Minuten vor der verabredeten Zeit klingelte es. Elli stand mit einem Strauß Sonnenblumen vor der Tür.
»Wo hast du denn um diese Jahreszeit Sonnenblumen herbekommen?« Franzi nahm die Blumen lächelnd entgegen. Im gleichen Moment tat es ihr leid, Elli nicht vorgewarnt zu haben. Wahrscheinlich war sie voller Hoffnung zu Franzi gekommen, nur um in wenigen Minuten neuerlich eine Enttäuschung einstecken zu müssen. »Aber komm doch erst einmal rein.«
»Ich dachte, ein bisschen Farbe in den tristen Winter zu bringen, wäre schön.« Elli lächelte ihr bezauberndes Lächeln.
Kurze Zeit später hatten sie es sich im Wohnzimmer gemütlich gemacht.
»Hattest du schöne Weihnachten?«, fragte Elli.
Franzi zuckte mit den Schultern. »Ich war die meiste Zeit bei meiner Mutter.«
»Dann war dein Weihnachtsfest wahrscheinlich deutlich ruhiger als bei mir. Ich habe eine ziemlich große Familie, bei uns geht es sehr turbulent zu.« Elli lachte. »Vor allem habe ich zwei jüngere Brüder, vierzehn und sechzehn, da kannst du dir sicher vorstellen, was bei uns los ist.«
»Ich bin froh, ein bisschen zum Nachdenken gekommen zu sein.« Franzi räusperte sich und straffte die Schultern. »Elli, ich muss dir etwas sagen . . .« Sie suchte Ellis Augen. »Ich möchte dir nichts vormachen. Unser Timing war einfach schlecht. Aber gerade weil ich dich sehr mag, möchte ich keine falschen Hoffnungen bei dir wecken.«
»Dein Herz gehört einer anderen, oder?« Ellis Stimme war kein Vorwurf zu entnehmen.
Franzi nickte. »Ja, das tut es. Ich liebe Meike noch immer . . . ich kann sie nicht vergessen. Ich bin nicht bereit für etwas Neues. Es tut mir leid. Ich möchte deine Gefühle nicht ausnutzen.«
»Das ist wirklich schade. Aber ich kann es verstehen.« Elli seufzte. »Gegen seine Gefühle kann man nichts machen. Ich muss zugeben, ich habe mich schon ein bisschen in dich verliebt. Aber es soll wohl einfach nicht sein. Ich hoffe, die andere Frau ist sich ihres Glückes bewusst.«
Franzi atmete tief durch. »Ich kann es dir nicht sagen. Bis Heiligabend dachte ich, ich hätte ihr nichts bedeutet. Aber jetzt . . . Vielleicht bin ich ihr doch wichtiger, als ich gedacht habe.«
Elli ergriff Franzis Hand. »Ich wünsche euch, dass ihr doch noch zueinanderfindet.«
So viel Verständnis hatte Franzi gar nicht verdient. Elli hätte wütend auf sie sein sollen. Franzi wusste gar nicht, wie ihr geschah.
»Was gibt es denn zu essen?«, fragte Elli. Sie zwinkerte Franzi zu. »Ich habe großen Hunger.«
Meike drehte den Brief noch einmal in ihrer Hand. Sollte sie ihn wirklich Franzi bringen? War es nicht doch nur eine verrückte Weinlaune gewesen?
Nein, das war es nicht. Entschlossen steckte Meike den Umschlag in ihre Handtasche. Sie würde um Franzi kämpfen. Und was könnte ihre Gefühle besser zum Ausdruck bringen als ein Brief?
Auf diese Weise hatte Franzi Zeit, sich in Ruhe damit auseinanderzusetzen. Sie konnte überlegen, ob und wie sie antworten wollte, müsste nicht sofort reagieren.
Meike trat vor die Tür. Es war längst dunkel draußen, obwohl es erst früher Abend war. Tiefhängende Wolken verdeckten die Sterne, und es regnete. Trotzdem war es noch sehr kalt. Das Lenkrad fühlte sich eisig an, als sie sich ins Auto setzte. Sie drehte die Heizung voll auf.
Schon so oft war sie diesen Weg gefahren, aber niemals war es ihr so schwergefallen wie an diesem Tag. Wie würde Franzi reagieren? Würde sie überhaupt reagieren?
Nach wenigen Minuten war Meike angekommen. Sie parkte den Wagen vor Franzis Haus. In der Wohnung brannte Licht. Zumindest war Franzi zu Hause.
»Es wäre auch schade um die guten Steaks gewesen, wenn ich einfach gegangen wäre.« Genießerisch zerteilte Elli mit dem Messer das Fleisch.
Nach ihrer Aussprache hatte Elli Franzi beim Kochen geholfen. Der Abend hatte genau den Verlauf genommen, den Franzi sich erhofft hatte. Sie hatten viel miteinander geredet und gemeinsam gelacht.
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