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Klassenziel (German Edition)

Klassenziel (German Edition)

Titel: Klassenziel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. A. Wegberg
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komischen weißen Anzüge an, die man im Krimi immer sieht. Dauernd waren Stimmen und Schritte im Haus zu hören. Wie bei einer Party, nur nicht so spaßig.
    «Ich würd jetzt gern duschen», sagte ich zu meiner Mutter.
    «Ähm, ja, ich glaube, das ist eine gute Idee.» Sie zupfte mit zwei Fingern an meinem blutbefleckten Shirt. «Ich frag mal, ob das geht.»
    Wie bitte? Mussten wir jetzt vor dem Duschen um Erlaubnis bitten oder was?
    «Also, das mit dem Duschen ist genehmigt», sagte sie, als sie zurückkehrte. «Du sollst dir vorher frische Sachen aus dem Schrank geben lassen.» Was immer das auch heißen sollte. Seit ich sechs war, holte ich mir meine Sachen eigentlich immer selbst aus dem Schrank. Und ich hatte nicht die Absicht, daran was zu ändern.
    Ich zog mich mit schmerzenden Knochen die Treppe hoch und wollte in mein Zimmer gehen, aber eine uniformierte Polizistin hielt mich auf. «Du kannst hier leider nicht rein. Sag mir, was du brauchst, ich hol es dir.»
    «Was soll das denn? Wieso kann ich denn nicht in mein Zimmer?»
    Sie zeigte auf die ganzen Spurensicherer, die sich dadrin zu schaffen machten. Und zwar nicht nur an Dominiks, sondern auch an meinen Sachen. «Moment mal! Der PC gehört mir!», schrie ich und preschte vor, aber die Polizistin krallte mir die Hand um den Arm. «Hey, hey, bleib mal ganz ruhig. Du kriegst alles wieder, was dir gehört und kein Beweisstück ist, aber jetzt lass uns erst mal unsere Arbeit machen, ja?»
    Ich tobte noch ein paar Minuten da rum und machte mich zum Affen. Dann gab ich nach, weil ich einfach zu fertig war für so einen Mist. «Also gut. Rechte Schranktür, oberstes Fach: ein T-Shirt. Fach darunter: eine Unterhose und ein Paar Socken. Keine Tennissocken. Kleiderstange: ein Hemd. Wenn’s geht, sollte die Farbe zum T-Shirt passen. Und die Hosen liegen ganz unten.»
    Ich guckte angewidert zu, wie abgebrüht die Frau an meine Klamotten ranging. Ich weiß nicht, aber ich fand das echt übergriffig. Am liebsten hätte ich das Zeug noch mal gewaschen, weil sie es in den Fingern gehabt hatte.
    Das Badezimmer war offenbar spurensicherungsfreie Zone, aber an den anders angeordneten Gegenständen im Regal und über dem Waschbecken erkannte ich, dass hier auch schon jemand rumgewühlt hatte. Ich schloss die Tür vorsichtshalber gleich zweimal ab. Was genau suchten die eigentlich? Dachten die, Dominik hätte hier eine Bombe versteckt oder was? Ich zog meine stinkenden, total versifften Klamotten aus und stopfte sie in den Wäschebehälter. Dann stellte ich mich mit geschlossenen Augen unter den heißen Wasserstrahl.
    Mann, das tat gut. Ich fing langsam wieder an, mich wie ein richtiger Mensch zu fühlen. Gleichzeitig kam allerdings auch der Schmerz hoch. Ob Nick wirklich tot war? Dann würde er nie wieder hier duschen? Und sein Shampoo nie mehr benutzen? Aber da hingen doch seine Handtücher. Das hier war sein Deoroller. Daneben stand der Becher mit seiner Zahnbürste drin. Nick konnte gar nicht tot sein! Die wollten mich verarschen!

[zur Inhaltsübersicht]
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    E s ist wieder so ein strahlend schöner Tag. Trotzdem, je näher ich der Schule komme, desto ängstlicher werde ich. Ich hab sogar richtige Bauchschmerzen. Wenn ich könnte, würde ich allen aus dem Weg gehen. Einfach nur auf meine Füße starren und mich schleunigst an meinen Platz setzen, mit niemandem reden und mich von niemandem ignorieren, verarschen und bloßstellen lassen.
    Gerade noch rechtzeitig fällt mir ein, dass wir in der ersten Stunde Chemie haben, ich muss also wieder in diesen anderen Raum – und ich hab mir nicht genau gemerkt, wo der war. Erste Etage, glaub ich. Aber welche Nummer? Ich renne schwitzend durch den langen Gang und lese jedes einzelne Türschild, und ich finde den Raum tatsächlich, ganz ohne fremde Hilfe.
    Luna und Becky winken mir zu, als ich reinkomme, und Luna ruft: «Wo hast du denn die Kirschtorte?» Kenji kommt etwas später, zeitgleich mit dem Sonntag, aber bevor er sich an seinen Platz setzt, zwinkert er kurz in meine Richtung. Alles ist gut.

    A ls ich mich abtrocknete, nahm ich mir vor, Melody anzurufen. Dann fiel mir ein, dass ich ihre Nummer ja gar nicht mehr hatte – ich hatte überhaupt keine Nummern mehr, weil die alle in meinem Handy gewesen waren. Noch während ich überlegte, wo diese Klassenliste mit den ganzen Telefonnummern und Adressen sein konnte, fiel mir wieder ein, was der Typ vom LKA erzählt hatte: dass Dominik mehrere Menschen getötet haben

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