Kleider machen Bräute
überhaupt.«
»Aber das war nicht der wahre Grund, warum ich sie zerbrochen habe.« Molly war den Tränen gefährlich nahe. Sie sah die Spieldose vor sich: der allerschönste Gegenstand auf der ganze Welt. Mit einer kleiner Ballerina, die sich darauf vor einem Spiegel drehte. Drei Reihen mit winzigen Schubladen und der kleine glitzernde Verschluss. »Ich hab es getan, weil Dad sie ihr geschenkt hat. Er hat sie ihr geschenkt und nicht mir.«
Ihre Mutter nickte langsam. »Acht ist ein bisschen zu jung für so etwas. Vermutlich hat er sie deshalb deiner Schwester gegeben.«
»Es war das Vollkommenste, das ich je gesehen hatte!«
Molly war damals fassungslos gewesen, dass beim Aufprall die Spieldose auf den Badezimmerboden in tausend Stücke zersprang. Sie hatte laut aufgeschrien, erschrocken darüber, was sie getan hatte. Doch keiner hatte sie gehört. Dann war Molly einfach weggerannt. Als Caitlin die Spieluhr schließlich fand, gab Molly vor, es wäre ein Unfall gewesen. Dabei war es genau das Gegenteil.
»Du hast sie also nicht einfach nur fallenlassen?« Ihre Mutter seufzte.
»Mit aller Kraft auf den Boden geschleudert, Mum.«
»Aha.«
»Ich war so wütend. Und dann so erschrocken, und dann bekam ich Angst …«
»Es ist lange her«, sagte ihre Mum und tätschelte Mollys Bein. »Du warst noch so klein.«
»Ich glaube nicht, dass ich das je vergessen werde. Caitlin jedenfalls ganz bestimmt nicht.« Molly schüttelte den Kopf. »Ich war einfach eifersüchtig. Es fällt mir nicht leicht, das zuzugeben, weil ich mich so ungerecht behandelt fühlte. Ich dachte, ihr würdet mich alle hassen.«
»Oh, Darling, nichts liegt der Wahrheit ferner!« Ihre Mutter schwieg einen Moment lang und schien ihre Worte sorgfältig zu wählen. »Ich erinnere mich gut an diese Zeit. Dein Vater war gerade erst auf und davon – mit dieser Frau . Ich habe mich dann wohl sehr Caitlin zugekehrt. Sie hatte so viele Fragen, und ich dachte, es würde auch mir helfen, mich auf die neue Situation einzustellen, wenn ich mich mit ihr hinsetze und versuche, all die Fragen zu beantworten.«
»Ihr habt stundenlang geredet.«
Ihre Mutter nickte. »Ja, nicht wahr?« Dann sah sie Molly an. »Und du nicht. Du hast alles in dich hineingefressen. Ich dachte damals, du wärst noch zu klein, um allzu sehr unter der Trennung zu leiden.«
»Im Ernst?«
Wieder nickte ihre Mutter. »Davon war ich fest überzeugt. Du warst acht , Molly. Und hast ganz normal mit allem weitergemacht, Bilder von Kleidern gemalt, deine Puppen zurechtgemacht, vor dem Spiegel Modenschau gespielt – und dabei überall mein Make-up verteilt.«
»Ich habe so getan, als wäre ich eine Dame mit einem Kleiderladen«, erklärte Molly. »So musste ich wenigstens nicht darüber nachdenken, dass ich die tollpatschige Molly Wright bin.«
»Das zu hören bricht mir das Herz.« Sie sah Molly in die Augen. »Offensichtlich habe ich damals alles falsch eingeschätzt. Es tut mir so leid.«
Sie schwiegen eine Weile, lauschten dem Dröhnen des überstrapazierten Motors und Simons leisem Schnarchen. Pascal sagte die ganze Zeit kein Wort.
Molly weinte nicht. Sie fühlte sich erleichtert, nachdem sie ihrer Mutter endlich ihre quälendsten Gedanken gestanden hatte. Und das war’s. Ihre Mutter war auch nur ein Mensch, der in einer schwierigen Lebenssituation gesteckt und gesehen hatte, wie sich die jüngere Tochter in ihr Spiel vertiefte, und daraus schloss, dass es ihr gut ging. Sollte es tatsächlich so einfach sein?
»Mum?«
»Ja?«
»Was denkst du wegen morgen?«
»Inwiefern?«
»Alles eben. Na ja, hauptsächlich über Francesco.«
Ihre Mutter musterte sie aufmerksam. »Warum fragst du?«
Molly atmete hörbar aus. »Findest du nicht, dass alles ein bisschen … zu schnell geht? Die beiden sind doch erst seit fünf Monaten zusammen.«
Ihre Mutter runzelte die Stirn und wirkte nachdenklich.
»Und er ist so … anders als das, was wir gewohnt sind.«
»Ist er das?«
Ungeduldig sah Molly ihre Mutter an. Stellte sie sich absichtlich so dumm? »Er ist ein verdammter Millionär! Und er ist älter als sie.«
Ihre Mutter lächelte schwach. »Soweit ich weiß, ist keins von beiden ein Verbrechen.«
»Glaubst du nicht, dass sie einfach nur, ich weiß auch nicht, geblendet ist von alldem? Oder sich geschmeichelt fühlt? Wer hätte denn gedacht, dass meine Schwester, dieses Yorkshire-Mädel …«
»Molly«, unterbrach ihre Mutter sie mit sanfter Stimme, »Caitlin ist dreißig Jahre
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