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Kleine Abschiede

Kleine Abschiede

Titel: Kleine Abschiede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tyler
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abkratzte. Adrian stöhnte verzweifelt. »Ich habe das
Katzenfutter vergessen«, sagte Delia. Nicht, daß sie hoffte, er schaffe es
herbei; sie dachte, vielleicht beruhigte Reden ihn. »Bei dem Hundefutter ist
mir eingefallen, daß wir kaum noch etwas haben«, sagte sie. »Ach, macht nichts.
Ich schicke Ramsay später.«
    Die alte Frau suchte den
vierten Penny. Sie wußte genau: irgendwo steckte er.
    »Ramsey!« wiederholte Adrian.
Er stöhnte schon wieder oder nein, diesmal lachte er. »Ich wette, Sie wohnen in
Roland Park«, sagte er zu Delia.
    »Richtig.«
    »Habe ich’s doch gewußt! Jeder
in Roland Park hat einen Nachnamen als Vornamen.«
    »So?« sagte sie gekränkt. »Was
ist daran schlecht?«
    »Oh, nichts.«
    »Es ist nicht einmal wahr«,
sagte sie. »Ich kenne jede Menge Leute, die...«
    »Nehmen Sie’s nicht persönlich!
Ich wohne auch in Roland Park«, sagte er. »Es war reines Glück, daß sie mich nicht...
Bennington oder McKinney genannt haben; McKinney war der Mädchenname meiner
Mutter. Ich wette, Ihre Schwiegermutter... und wenn wir den Flammeri heute
abend nicht essen, können wir das immer noch morgen tun, was meinst du?«
    Eine Sekunde war sie verdattert,
bis sie begriff, Rosemary war wieder in Hörweite. Genau: der kleine
Einkaufskorb mit Inhalt tauchte hinter ihren Lebensmitteln auf. Mittlerweile
war die alte Frau weitergegangen, schwankte unter der Last des Hundefutters,
und die Kassiererin fragte: »Plastiktüte oder Papier?«
    »Plastik, bitte«, sagte Adrian.
    Delia öffnete den Mund, wollte
widersprechen (eigentlich nahm sie immer Papier), doch vor seiner Frau
widersprach sie Adrian besser nicht.
    Adrian sagte: »Delia, ich
glaube, du kennst meine...«
    Delia drehte sich um, verzog
ihr Gesicht zu einer freudig überraschten, lächelnden Maske.
    »Meine, äh, Rosemary«, sagte
Adrian, »und ihr, äh, Skipper. Darf ich euch Delia Grinstead vorstellen.«
    Rosemary lächelte überhaupt
nicht; Delia kam sich albern vor, aber Skipper nickte ihr freundlich zu. Er
hielt die Arme über der Brust verschränkt — kurze, muskulöse Arme, dicht
behaart, quollen aus dem Ärmel seines Polohemds. »Verwandt mit Dr. Grinstead?«
fragte er sie.
    »Ja! Das ist mein... das war
mein... das ist mein Mann«, sagte sie. Wie erklären, daß sie verheiratet war,
in dieser Situation?
    Aber Skipper nahm es problemlos
hin. Er erklärte Rosemary: »Dr. Grinstead ist der Hausarzt meiner Mutter.
Behandelt sie schon ewig. Stimmt’s?« fragte er Delia.
    »Stimmt«, sagte sie, obwohl sie
keine Ahnung hatte. Rosemary musterte sie inzwischen kühl. Sie hielt den Kopf
schräg, so kam der asymmetrische Haarschnitt mit seiner dramatischen
Kinnsträhne besser zur Geltung. Es ging Delia natürlich nichts an, aber insgeheim
fand sie, Adrian verdiente eine liebenswertere Frau. Sie fand, selbst Skipper
verdiente das. Schade, daß sie heute morgen keine hohen Absätze trug, kein
hübscheres Kleid.
    »Dr. Grinstead ist so ziemlich
der letzte Arzt in Baltimore, der Hausbesuche macht«, erklärte Skipper
Rosemary.
    »Nur, wenn es wirklich nicht
anders geht«, sagte Delia. Ein Reflex: nie hörte sie auf, ihren Mann vor seinen
Patienten zu schützen.
    Hinter ihr sagte der
elektronische Preisscanner piep... piep... piep, erfaßte ihre Lebensmittel. Die
Musik spielte nicht mehr, das Rückspulen dauerte einige Minuten; Delia fiel
jetzt erst auf, wie gedämpft und bedrohlich die Stimmen der Käufer überall im
Laden klangen.
    »Dreiunddreißig vierzig«,
verkündete die Kassiererin.
    Delia wollte einen Scheck
ausfüllen, doch Adrian reichte schon das Geld. »Oh!« sagte sie, bereit zu
widersprechen. Doch dann begriff sie, daß Rosemary zuhörte.
    Adrian schenkte ihr ein
breites, süßes Lächeln und nahm sein Wechselgeld in Empfang. »Schön, euch zu
treffen«, erklärte er dem anderen Paar. Er schob den Wagen weiter hinaus, Delia
hinter ihm her.
    Es hatte seit Tagen immer
wieder geregnet, doch heute früh hatte es aufgeklart, und der Parkplatz lag wie
gewaschen, frisch und säuberlich in zitronengelbem Sonnenlicht. Adrian machte
mit dem Einkaufswagen am Bordstein halt und hob zwei der Einkaufstüten heraus,
überließ Delia die dritte. Welcher Wagen, das war jetzt die Frage! Er war schon
auf dem Weg zu seinem eigenen, den er vor der Reinigung geparkt hatte, doch sie
unterbrach ihn. »Warten Sie«, sagte sie. »Ich stehe hier.«
    »Was, wenn sie uns sehen? Wir
können doch nicht in zwei verschiedenen Wagen davonfahren!«
    »Ich habe auch

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