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Kleine Freie Männer

Kleine Freie Männer

Titel: Kleine Freie Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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kleineren
    Farmwagen, in Begleitung eines Mutterschafs und ihres neugeborenen Lamms. Sie brachte beide im Stall unter.
    Einige der Männer kamen mit dem Hund. Er war nervös und bissig, hatte die Nacht in einer Scheune angekettet verbracht. Immer wieder schnappte er nach den Männern, die ihn an zwei ledernen Leinen hielten. Sein Fell war lang, ebenso seine Zähne.
    Der Baron traf zusammen mit seinem Verwalter ein.
    Oma Weh nickte ihnen zu und öffnete die Stalltür.
    »Du steckst den Hund zusammen mit einem Schaf in den Stall, Oma Weh ?«, fragte der Verwalter. »Möchtest du, dass er an Lamm erstickt?«
    Kaum jemand lachte. Niemand mochte den Verwalter.
    »Wir werden sehen«, sagte Oma Weh. Die Männer
    zerrten den Hund zur Tür, stießen ihn in den Stall und schlossen die Tür rasch. Die Leute eilten zu den kleinen Fenstern.
    Das Lamm blökte, der Hund knurrte, und dann mähte
    das Mutterschaf. Aber es war kein normales Mähen. Dieses Mähen klang drohend.
    Etwas stieß gegen die Tür, die in den Angeln erzitterte.
    Im Stall jaulte der Hund.
    Oma Weh hob Tiffany hoch und hielt sie ans Fenster.
    Der mitgenommene Hund versuchte, wieder auf die
    Beine zu kommen, aber bevor ihm das gelang, griff das Schaf erneut an. Siebzig Pfund Mutterzorn schmetterten mit der Wucht eines Sturmwidders gegen den Jagdhund.
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    Oma Weh setzte Tiffany auf den Boden und zündete ihre Pfeife an. Sie paffte friedlich, während das Gebäude hinter ihr erbebte und der Hund jaulte und winselte.
    Nach einigen Minuten nickte sie den Männern zu. Sie öffneten die Tür.
    Der Hund verließ den Stall und hinkte auf drei Beinen, aber er kam nicht weiter als einen Meter – hinter ihm raste erneut das Mutterschaf heran und prallte so heftig gegen ihn, dass er fiel und rollte.
    Dann blieb er still liegen. Vielleicht hatte er begriffen, was geschehen würde, wenn er versuchte, sich erneut aufzurichten.
    Oma Weh nickte erneut den Männern zu, die das Schaf packten und es in den Stall zurückzogen.
    Der Baron hatte das Geschehen mit offenem Mund
    beobachtet.
    »Letztes Jahr hat er ein Wildschwein getötet!«, sagte er.
    »Was hast du mit ihm gemacht?«
    »Er wird sich erholen«, erwiderte Oma Weh und wich der Frage aus. »Hauptsächlich ist sein Stolz verletzt. Aber er wird nie wieder ein Schaf ansehen, darauf gebe ich dir meinen Daumen.« Und sie leckte ihren rechten Daumen und hielt ihn hoch.
    Nach kurzem Zögern leckte auch der Baron seinen
    Daumen, beugte sich vom Rücken seines Pferds herunter und drückte ihn gegen den von Oma Weh. Im Kreideland galt eine Daumenabmachung als absolut bindend.
    »Für dich, wegen eines Wortes, wurde das Gesetz
    gebrochen«, sagte Oma Weh. »Wirst du dich daran
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    erinnern, du, der du zu Gericht sitzt? Wirst du dich an diesen Tag erinnern ? Grund dazu hast du.«
    Der Baron nickte.
    »Das genügt«, sagte Oma Weh, und die beiden Daumen lösten sich voneinander.
    Am nächsten Tag gab der Baron Oma Weh Gold, aber
    es war nur Folie, die eine Unze Fröhlicher Seemann enthielt, jenes billigen, schrecklichen Pfeifentabaks, den Oma Weh rauchte. Sie war immer schlecht gelaunt, wenn sich die Händler verspäteten und ihr der Tabak ausging.
    Selbst mit allem Gold der Welt konnte man Oma Weh nicht bestechen, aber mit einer Unze des Fröhlichen Seemanns war es möglich, ihre Aufmerksamkeit zu wecken.
    Anschließend war alles leichter. Der Verwalter zeigte sich nicht ganz so unwirsch, wenn die Pacht ausstand, der Baron war freundlicher zu den Leuten, und Tiffanys Vater sagte eines Abends nach zwei Bier, dass der Baron gesehen hatte, was geschah, wenn Schafe aufmuckten, und
    irgendwann einmal würden die Dinge vielleicht anders sein. Und Tiffanys Mutter flüsterte ihm zu, dass er so etwas nicht sagen sollte, denn man wusste nie, wer zuhörte.
    Und eines Tages hörte Tiffany, wie ihr Vater leise zu ihrer Mutter sagte: »Es war ein alter Schäfertrick, mehr nicht. Ein Mutterschaf kämpft wie ein Löwe für ihr Lamm, das wissen wir alle.«
    Das steckte also dahinter. Überhaupt keine Magie. Aber an jenem Morgen war es Magie gewesen. Und es hörte nicht auf, Magie zu sein, nur weil man eine Erklärung dafür hatte …
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    Die Wir-sind-die-Größten beobachteten Tiffany aufmerk-
    sam, gelegentlich blickten sie sehnsüchtig zu der Flasche mit dem speziellen Einreibemittel.
    Ich habe nicht einmal die Hexenschule gefunden, dachte sie. Ich kenne keinen einzigen Zauberspruch. Mir fehlt ein spitzer Hut. Meine Talente beschränken sich

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