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Kleine Freie Männer

Kleine Freie Männer

Titel: Kleine Freie Männer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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was, dachte Tiffany.
    »Ja, aber das Schaf und die Eier zu stehlen, so was
    gehört sich nicht«, sagte sie streng.
    »Nichts davon war festgenagelt«, erwiderte Rob
    Irgendwer, als wäre das eine Rechtfertigung.
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    »Ein Ei kann man doch nicht festnageln!«, sagte
    Tiffany.
    »Ach, du kennst dich mit solchen klugen Sachen aus,
    Meisterin«, entgegnete Rob Irgendwer. »Wie ich sehe,
    bisse mit dem Schreiben fertig. Wir sollten uns jetzt auf den Weg machen. Hast du'n Borstending?«
    »Besen«, flüsterte die Kröte.
    »Äh, nein«, sagte Tiffany. »Das Wichtige an Magie ist
    zu wissen, wann man sie nicht anwendet.«
    »Wie du meinst.« Rob Irgendwer rutschte am Tischbein
    hinunter. »Komm her, Doofer Wullie.« Einer der Größten
    – er sah aus wie einer der beiden Eierdiebe vom Morgen –
    trat an Robs Seite, und sie beugten sich ein wenig vor.
    »Steig auf, Meisterin«, sagte Rob Irgendwer.
    Bevor Tiffany den Mund öffnen könnte, flüsterte die
    Kröte aus dem Mundwinkel (und bei einer Kröte ist der
    Mundwinkel ziemlich groß): »Ein Größter kann einen
    erwachsenen Menschen tragen. Du könntest nicht einmal
    dann einen von ihnen zertreten, wenn du wolltest.«
    »Ich möchte es gar nicht versuchen! «
    Ganz vorsichtig hob Tiffany einen großen Stiefel. Der
    Doofe Wullie lief darunter, und sie fühlte, wie der Stiefel nach oben gedrückt wurde. Genauso gut hätte sie auf einen Ziegel treten können.
    »Jetzt der andere Stiefel«, sagte Rob Irgendwer.
    »Dann falle ich!«
    »Nee, mit solchen Dingen kennen wir uns aus …«
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    Und dann stand Tiffany auf zwei Kobolden. Sie spürte,
    wie sie sich unter ihr vor- und zurückbewegten, sie
    ausbalancierten. Es bestand nicht die Gefahr, dass sie das Gleichgewicht verlor. Eigentlich fühlte es sich so an, als hätte sie sehr dicke Sohlen.
    »Gehen wir«, sagte Rob Irgendwer unter ihr. »Und mach
    dir keine Sorgen darüber, dass sich deine Miezekatze noch einmal kleine Vögel schnappt. Einige von uns bleiben hier und kümmern sich um alles!«
    Rattenbeutel kroch über einen Zweig. Er war kein Katze, die es gut verstand, ihre Denkweise zu ändern. Aber er verstand sich gut darauf, Nester zu finden. Er hatte das Piepsen vom anderen Ende des Gartens gehört und schon
    vom Boden die drei kleinen gelben Schnäbel aus dem Nest ragen gesehen. Jetzt näherte er sich und geiferte. Er hatte sein Ziel fast erreicht …
    Drei Wir-sind-die-Größten nahmen ihre Strohschnäbel
    ab und grinsten fröhlich.
    »Hallo, Herr Miezekatze«, sagte einer von ihnen. »Du
    lernst nicht, wie? TSCHIEP!«

    114

5
    Das grüne Meer

    Tiffany flog einige Zoll über dem Boden, während sie still stand. Wind rauschte an ihr vorbei, als die Größten durch das Tor der Farm und über das Grasland der Weiden liefen
    …
    Seht das Mädchen, wie es fliegt. Derzeit sitzt eine Kröte auf ihrem Kopf und hält sich an ihren Haaren fest.
    Wir weichen etwas zurück, und dort taucht der lange
    grüne Walrücken des Kreidelands auf. Tiffany ist ein
    hellblauer Punkt auf dem endlosen Gras, das Schafe auf Teppichlänge gemäht haben. Doch das grüne Meer ist nicht makellos. Menschen sind dort nicht gewesen.
    Im vergangenen Jahr hatte Tiffany drei Karotten und
    einen Apfel für eine halbe Stunde Geologie ausgegeben
    und eine Karotte zurückbekommen, nachdem sie dem
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    Lehrer erklärt hatte, dass ›Geologie‹ auf seinem Schild nicht ›Geh Olo Gieh‹ geschrieben wurde. Sie erinnerte sich an seine Erklärung, dass Kreide vor Jahrmillionen im
    Wasser aus winzigen Muscheln entstanden war.
    Das ergab einen Sinn für Tiffany. Manchmal fand man
    kleine Fossilien in der Kreide. Doch vom Feuerstein hatte der Lehrer kaum etwas gewusst. In Kreide, dem weichsten Gestein, konnte man Feuerstein entdecken, härter als Stahl.
    Manchmal schlugen die Schäfer Feuersteine gegeneinander und formten sie auf diese Weise zu Messern. Nicht einmal die besten Stahlmesser waren so scharf wie ein Feuerstein.
    In der ›alten Zeit‹, wie man sie im Kreideland nannte, hatten Männer auf der Suche nach Feuerstein Gruben
    ausgehoben. Sie war immer noch da, tiefe Löcher im
    hügeligen Grün, gefüllt mit Dornengestrüpp.
    Auch in den Dorfgärten entdeckte man immer wieder
    große, knubbelige Feuersteine, manche größer als ein
    Menschenkopf. Oft sahen sie auch wie Köpfe aus. Sie
    waren so verdreht und gewölbt, dass man einen Feuerstein ansehen und praktisch alles in ihm erkennen konnte: ein Gesicht, ein seltsames Tier, ein

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