Kleine Portionen
entdeckte mit Erstaunen, dass ich auf den Hund und seine bedingungslose Hingabe eifersüchtig war.
Ich wollte einen Hund, der mir gehörte. Das passierte im Jahr 1997.
Natürlich hatten wir nie Geld. Grégoire war pleite, und ich auch. Ich fragte meine Eltern, ob sie mir helfen könnten, und meine Mutter schickte mir Geld, damit ich meine Schulden bezahlte. Ich verwendete es stattdessen, um Nina zu kaufen.
In Frankreich muss man für seinen Hund einen offiziellen Namen auswählen, der dann in den Hundepass geschrieben wird. Der erste Buchstabe des Namens hängt vom Jahr ab, in dem man das Tier kauft. 1997 war ein »N«-Jahr.
Die Verkäuferin fragte mich, ob ich mir schon einen Namen ausgedacht habe.
»Nana Mouskouri«, antwortete ich halb im Scherz.
Die Verkäuferin war entsetzt. »Das kann ich aber nicht ins offizielle Register schreiben«, schwindelte sie mir vor. »Und überhaupt, wie stellen Sie sich das vor, wenn Sie mit dem Hund Gassi gehen und ihn dann … Nana Mouskouri rufen?« Sie spuckte den Namen aus, als wäre er eine Beleidigung.
»Ganz gut stell ich mir das vor«, wollte ich antworten, tat es dann aber doch nicht. »Dann nennen wir sie einfach Nina«, sagte ich stattdessen. »Nina, Nina Hagen, die kennen Sie doch? Deutsche Sängerin, brillant, ziemlich verrückt.«
Und so kam Nina zu ihrem Namen. Und so kam ich zu diesem weißen, flauschigen Tierchen. Ein sehr gesprächiges Mädchen mit starkem Charakter und lauter Stimme. Ich erinnere mich, wie sie in unsere Wohnung kam, durch die Räume huschte, schnell wie ein Blitz, alle Ecken beschnupperte und fortwährend »Hm-hm-hm« schnaufte, wohin sie auch ging. Wenn das Schnaufen aufhörte, wusste ich, dass sie irgendwo hinpisste oder schlimmer.
Gestern verbrachte ich fast den ganzen Tag beim Tierarzt. Nina hatte die ganze Nacht durch gejammert und gewinselt, und sie hatte kaum aufstehen können. Seit drei Tagen hatte sie schon nichts gefressen. Ich musste sie den ganzen Weg in die Tierklinik tragen. »Ihr Zustand ist sehr schlecht«, sagte mir der Arzt. »Sie hat eine Gebärmutterinfektion, glaube ich. Aber sie ist zu schwach, wir können sie nicht operieren. Bis zum Abend bleibt sie jetzt mal hier, wir hängen sie an einen Tropf. Sie können sie um halb sieben abholen kommen. Aber morgen bringen Sie sie wieder her. Wir werden dann sehen, was wir machen. Wenn sie bis dahin überlebt …«
Also gehe ich heute Morgen wieder in die Tierklinik. Nina sieht schon besser aus, weigert sich aber immer noch, zu fressen. Wenigstens hat sie aufgehört zu jammern, was bedeutet, dass sie keine Schmerzen mehr hat. Zumindest versuche ich mir das einzureden. Sie schaut mich mit ihren schwarzen Knopfaugen an, die immer ein bisschen traurig wirken, immer so, als ob sie ein schlechtes Gewissen hätte, aber immer voller Liebe.
Nina lebt noch, ja. Aber ich muss mit einer irgendwie verschwommenen Wahrnehmung der Wirklichkeit auskommen, mit einer rabenschwarzen Wolke über meinem Kopf.
Ein Belgier in Griechenland
Jean-Arnaud meinte später: »Deine außerordentliche Höflichkeit hat mich verführt. Menschen neigen heutzutage ja dazu, furchtbar unhöflich zu sein. Und da bist du vor uns gestanden, schön und groß und mit ganz exquisiten Manieren. Erinnerst du dich noch, wie wir uns kennengelernt haben?«
Na klar. Es war ein warmer und luftiger Freitagabend. Die Terrasse des Hotels war voll mit Athenern, die übers Wochenende aus der Großstadt geflohen waren. Mit unseren Freunden hatten wir einen leeren Tisch in der Nähe der Bar gefunden. Am Nebentisch saß ein dicker, schnaufender Mann in den Fünfzigern, sein Gesicht war rot und verschwitzt, seine grauen Haare sehr kurz geschnitten, fast schon militärisch. Er sah aus wie ein Amerikaner oder ein Deutscher. An seiner Seite befand sich eine schlanker, dunkelhaariger und gut aussehender Mann mit erstaunlich schwarzen, lebendigen Augen, einer Hakennase und eher femininem Gehabe. Sie sprachen in fließendem Englisch miteinander, der jüngere ohne Zweifel Grieche, der dicke Mann mit einem fremden Akzent.
Als Anne-Cécile zu uns stieß, gab es keinen freien Sessel mehr an unserem Tisch. Ich hatte einen am Tisch der beiden Männer entdeckt, also drehte ich mich zu ihnen um und fragte höflich: »Entschuldigung, meine Herren, dass ich Ihr Gespräch unterbreche. Darf ich Sie fragen, ob dieser Sessel noch frei ist?«
»Ist er«, antwortete der Grieche und schenkte mir ein breites, weißzahniges Lächeln.
»Hätten Sie
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