Kleine Portionen
lachen.
Bekanntschaften
Als ich mit Roland zusammen war, lernte ich eine Menge Leute kennen. Er stellte mich zum Beispiel Franz-Alois und dessen bestem Freund Boris vor. Zwei seltsame Möchtegern-Dandys, natürlich schwul und sehr maniriert.
Franz-Alois stammte angeblich aus einer adligen steirischen Familie und liebte es, sich wie ein Großgrundbesitzer des 19. Jahrhunderts zu benehmen. Er war knochig, mit einem Habichtsgesicht und stechenden Augen. Er trug oft enge, teure Jeans mit einer dunkelblauen Jacke. Darunter ein gestreiftes Hemd, zwei Knöpfe blieben immer offen, mit einem seidenen Tuch um den Hals. Seine Schuhe waren handgefertigt, aus Leder, mit diesen dummen Metallplatten. Zumindest glaube ich, dass sie es waren, die beim Gehen dieses Klack!- Klack!- Klack!-Geräusch machten. Er redete absichtlich immer etwas genuschelt, seine Haltung war blasiert und arrogant. Aber er konnte der netteste Junge sein. Er spielte andauernd auf bekannte Namen an, meistens solche des ehemaligen Adels.
Ich traf Franz-Alois oft in den Uni-Korridoren. Einmal, es war gegen Mittag, kam er daher – Klack!- Klack!- Klack! – und meinte ganz aufgeregt: »Es gibt ein neues Kasino in der Kärntner Straße! Und das wird heute eröffnet! Ich habe eine Einladung – du musst un-be-dingt mit mir mitkommen!«
Wie es sich für Kasinogeher gehörte, war er natürlich perfekt für den Anlass gekleidet, während ich lasche Jeans und ein helles, oranges T-Shirt trug. »Macht nichts, Schatz«, sagte er, als ich auf mein nicht wirklich passendes Outfit hinwies. »Du bist in meiner Gesellschaft. Mich hat man noch nie abgewiesen!« Und in der Tat, wir verbrachten einen lustigen Nachmittag im Kasino, schlürften Champagner, knabberten Kaviartoasts und versuchten unser Glück mit den Spielautomaten. Darüber hinaus kostete es uns keinen Groschen, weil man uns großzügig Jetons als Eröffnungsgeschenk in die Hand gedrückt hatte. Gott sei Dank, denn ich verlor den ganzen Stapel in kürzester Zeit.
Franz-Aloisens Freund Boris war noch überheblicher als Franz-Alois selbst und extrem egozentrisch. Er sah recht gut aus, wenn man auf snobistische Gecks steht, muskulös, mit halb-langen, weichen kastanienbraunen Haaren. Wir sahen ihn immer, wenn wir über den Graben schlenderten. Er saß gern auf der Terrasse des Segafredo, eines Cafés, das den Schönen und G’stopften einzig dazu diente, andere Leute anzustarren und angestarrt zu werden. Er winkte uns zu, wir sollten uns zu ihm setzen. Er trug immer Sonnenbrillen und redete lautstark in sein Handy – Handys waren ja damals noch eine Seltenheit.
Einmal war er in einem dieser teuren Kärntner Straße-Geschäfte einkaufen. Der Verkäufer, ein leichtfertiges, blondes, junges Ding, versuchte ihn zum Kauf des allerneuesten Jean-Paul-Gaultier-T-Shirts zu überreden. Es kostete ein Vermögen. Boris musterte den Jungen von oben bis unten, bevor er fragte: »Warum ist das denn so teuer, sagen Sie mal? Das ist doch auch nur ein T-Shirt. Oder weckt’s mich in der Früh auf? Kann es vielleicht sprechen?«
Entgeistert meinte der junge Verkäufer: »Aber das T-Shirt ist heuer einfach ein Must!«
»Sagen Sie mir nicht, dass ein T-Shirt, das mehr als Ihr Monatsgehalt kostet, ein Must ist!«, antwortete Boris kühl und stolzierte aus dem Geschäft.
Spital
Grégoire, der vor Schmerz fast in Ohnmacht fällt, das ist mehr, als ich ertragen kann. Seine Augen flattern, sein Atem geht flach und schnell. Mein Herz rast. Ich verliere den Kopf, gerate in Panik. Was soll ich tun? Tränen schießen mir in die Augen, während ich die Telefonnummer unserer Freundin Sandra wähle. Sie lebt in der Nähe und hat ein Auto. Es ist elf Uhr abends. Ich hoffe, dass sie noch nicht schläft.
Nein, sie ist wach. »Gib mir zehn Minuten Zeit«, sagt sie. Meine Hände sind verschwitzt, ich fühle mich übel, ich kann es nicht ertragen, meinen Freund gekrümmt auf dem Bett zu sehen, ich laufe in der Wohnung herum, ins Wohnzimmer, in die Küche, ins Wohnzimmer, hin und her, und die beiden Hunde starren mich fragend, verblüfft und gestresst an.
Zehn Minuten später höre ich das Quietschen von Autobremsen. Sandra. Sie klopft ans Küchenfenster, ich bedeute ihr, dass wir gleich kommen. Dann trage ich meinen Freund zu ihrem Auto und wische mir übers Gesicht. »Was ist denn los?« fragt Sandra.
»Wenn ich das nur wüsste«, antworte ich, und meine Stimme zittert.
»Wohin geht’s?«, will sie wissen.
»Krankenhaus Cochin,
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