Kleine Portionen
sehen wollte, musste man die Darsteller bezahlen. Es ging hier um Amateur-Camsex, ja. Aber Amateur-Camsex mit einem Hauch von Nuttigkeit.
Als ich schließlich die Website verließ, fühlte ich mich leicht benommen. Das war es also, was uns die 2000er einbrachten? Durchschnittliche Nachbarsehepaare, die auf Internet herumhurten?
Ostern
Ostern hat für mich kaum religiöse Bedeutung. Oh, während ich für die katholische Monatsschrift in Paris arbeitete, erfuhr ich mehr über den tieferen Sinn von Ostern, als ich je hatte wissen wollen. Und natürlich hat man mir Ostern erklärt, als ich ein Kind war. In der Schule hatten wir ja Religionsunterricht. Katholischen Religionsunterricht, um genau zu sein. Vergessen Sie nie, dass Staat und katholische Kirche in Österreich nicht getrennt sind.
Was für meine persönliche Geschichte wichtig bleibt, sind aber unsere speziellen Osterbräuche. Unser Regionalbrauchtum und unsere Familientraditionen.
Der netteste Brauch war der »Palmkätzchen«-Strauch, den man in einer passenden Ostervase einfrischte. Es handelte sich um einen Strauß blühender Salweidenäste. Wikipedia sagt uns, dass »die Blumen – weiche, seidige, silbrige 3-7 cm lange Kätzchen – im Frühjahr produziert werden, bevor die neuen Blätter erscheinen«. Diese so genannten »Palmkätzchen« sind flauschig-weiße und gelbliche Bällchen, weich und lieblich. Wir schmückten den Strauß mit Eierschalen. Wir bohrten in jedes Ei zwei winzige Löcher. Dann bliesen wir bei einem Loch rein und das Innere beim andern Loch raus. Die Schalen wurden anschließend bemalt.
Eier bemalen ist ein weiterer, typischer Osterbrauch. Wir färbten auch hart gekochte Eier. Wir ließen sie in leuchtend gelber, blauer, grüner, roter Lebensmittelfarbe schwimmen. Dann rieben wir sie mit Schmalz ein, damit sie auch schön glänzten.
Die Woche vor Ostern sollte man eigentlich kein Fleisch essen. Glücklicherweise bietet die österreichische Küche viele fleischlose Rezepte, besonders süße Gerichte, all die wundervollen Schmarren und Knödel mit Früchten.
Am Ostersamstag, den wir normalerweise im Haus unseres Großvaters in der Nähe der slowenischen Grenze verbrachten, gab es eine Osterprozession bis zur Dorfkapelle. Die Frauen trugen Kopftücher. Die Witwen, auch solche, deren Männer vor Jahrhunderten gestorben waren, trugen schwarz. Wir schleppten altmodische Körbe mit kaltem Geselchtem, Selchwurst, hartgekochten Eiern, gekochter Rinderzunge, Kren und süßlichem Brot mit. Der Priester zelebrierte eine kurze Osterzeremonie, die »Fleischweihe«. Die Glocken läuteten zum ersten Mal seit dem Aschermittwoch wieder. Man hatte uns erklärt, sie seien während der Fastenzeit in Rom geblieben. Nun waren sie wieder zurückgekommen. Am Ende segnete der Priester die Anwesenden und, noch wichtiger, die Körbe sowie deren Inhalt.
Dann eilte jeder nach Hause und machte sich über das Fleisch her. Normalerweise wurde es auf einem Holzbrett serviert, auf das man dünne Scheiben von den soeben gesegneten Viktualien legte. Fleisch- und Wurstwaren wurden mit geriebenem Kren bestreut. Man musste aufpassen, dass man nicht zu viel Kren aß, weil er sehr scharf ist. Wenn man zu viel davon abbekam, stach es in der Nase. Man musste dann durch eine Scheibe Osterbrot atmen, damit das Kitzeln wieder weg ging.
Für uns Kinder war natürlich der wichtigste Brauch der Besuch des Osterhasen. Bevor wir zur Fleischweihe gingen, verbrachten wir den Morgen damit, im Wald neben dem Haus meines Opas kleine Osternester aus Moos zu bauen. Nach dem Mittagessen wurden wir aufgefordert, einen Spaziergang zu machen. Wenn wir zurückkamen, durften wir unsere Osternester wieder begutachten. Der Osterhase enttäuschte uns nie. Er brachte Schokoladeglocken, Schokohasen, Schokohennen, Süßes, sogar Spielzeug. Die lagen nicht nur im Nest, sondern auch in anderen Verstecken im Wald. Unter Anleitung unserer Eltern mussten wir nach den Geschenken suchen.
Eines Tages entdeckten meine Schwester und ich, dass es gar keinen Osterhasen gab. Meine Mutter hatte den ganzen Tag über einen hellen, rosaroten Pullover getragen. Als wir zu unserem traditionellen Spaziergang aufbrachen, sahen wir einen hellrosa Fleck zwischen den Bäumen herumtanzen. So erfuhren wir, dass immer unsere Mutter die Geschenke versteckt hatte. Aber das war dann auch schon egal. Wir plauderten alles erst aus, als wir erwachsen waren. Eine gute Gelegenheit, gemeinsam mit Mama darüber zu
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