Kleine Sünden erhalten die Liebe
vier Jahre jünger als ich, ein paar Zentimeter kleiner und Verkäuferin bei Dazzle’s. Ihre roten Locken sind kurz geschnitten, und in puncto Kleidergeschmack bewegt sie sich zwischen einer Disney-Prinzessin und einem Punkrocker. Heute trug sie schwarze Uggs, eine schwarze Strumpfhose, einen kurzen schwarzen Rock und unter dem schwarzen Sweatshirt einen Strickpullover mit schwarzen, orangefarbenen, pinken und babyblauen Streifen. Als sie uns sah, stand sie auf und lächelte breit.
»Ich dachte schon, ihr würdet nie wieder heimkommen und ich müsste hier für immer und ewig sitzen bleiben«, sagte sie.
Ich sah mich auf der Straße um. »Wo ist dein Auto?«
»Es steht vor meiner Wohnung. Irgendetwas läuft aus.«
»Wie bist du hergekommen?«
»Mein Nachbar hat mich hier abgesetzt. Er musste sowieso irgendwohin. Ich dachte, du wolltest heute Morgen eine Suppe kochen.«
»Ich musste meine Pläne kurzfristig ändern«, erklärte ich ihr.
Diesel öffnete meine Haustür, Carl hüpfte ins Haus, und wir folgten ihm alle in die Küche, wo Katze Nr. 7143 auf einem Schemel hockte. Katerchen ist eine getigerte Kurzhaarkatze und hat nur ein Auge und einen halben Schwanz. Glo hat ihn aus dem Tierheim gerettet und ihn mir gegeben. Auf den Papieren aus dem Tierheim war er als Katze Nr. 7143 eingetragen, also heißt er seitdem so. Katerchen sprang von dem Hocker, schnüffelte an Carl und ging angewidert davon. Carl zeigte ihm den Vogel und kletterte auf den Hocker.
»Hast du in letzter Zeit mal wieder jemanden mit einem Fluch belegt?«, fragte Diesel Glo.
Glo legte ihre Tasche auf die Arbeitsplatte. »Nein. Ich wollte meinen Besen mit einem Zauber für gute Laune belegen, aber es hat nicht funktioniert. Er ist immer noch griesgrämig.«
Glo hat die gesamte Harry-Potter-Serie vier Mal gelesen und interessiert sich sehr für Zauberei. Vor einigen Monaten hat sie in einem Kuriositätenladen Ripple’s Zauberbuch entdeckt, und seitdem probiert sie ständig irgendwelche Zaubersprüche aus. Ich mag Glo sehr, und sie ist eine hervorragende Verkäuferin, aber als Zauberin ist sie eine Katastrophe.
»Was für eine Suppe kochst du?« Glo spähte in meinen Topf.
»Gemüse mit Rinderbouillon und Nudeln.«
»Gibst du exotische Kräuter dazu? Ich habe ein wenig pulverisiertes Molchauge bei mir.« Glo kramte in ihrer Tasche und zog ein kleines Gefäß hervor. »Und ich habe Eidechsenaugen, aber das Haltbarkeitsdatum könnte abgelaufen sein. Sie waren im Angebot.«
»Danke«, erwiderte ich. »Ich verzichte.«
Ich nahm den kleinen Schlüssel aus meiner Tasche, legte ihn auf die Arbeitsplatte und ging zur Spüle, um mir die Hände zu waschen.
»Oh, mein Gott«, stieß Glo hervor. »Das ist der Lovey-Schlüssel. Ich wusste nicht, dass du die Sonette gekauft hast.«
»Ich habe keine Sonette gekauft«, erklärte ich. »Den Schlüssel habe ich gefunden. Eigentlich hat Carl ihn entdeckt.«
Glo hob den Schlüssel auf und betrachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Wenn du genau hinschaust, siehst du das L in der Mitte der Ranken. Der Schlüssel ist sehr alt, und Nina aus dem Raritätenkabinett sagte, er sei vielleicht verzaubert. Er gehört zu einem kleinen Buch mit Sonetten. Ich habe gespart, um mir das Buch bei Nina kaufen zu können, aber da ist mir anscheinend jemand zuvorgekommen.«
Ich band mir meine Kochschürze um und sah zu Glo hinüber. »Ich wusste gar nicht, dass du Poesie magst.«
»Nina hat mich einige der Sonette lesen lassen. Sie sind so romantisch. Und einige sind richtig schlüpfrig.«
»Was gibt es Schöneres als ein schlüpfriges Sonett«, meinte Diesel und nahm sich einen Bagel.
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Diesel Sonette mochte, ob schlüpfrig oder nicht. Für mich war er eher ein Mann für Limericks.
Glo legte den Schlüssel wieder auf die Arbeitsplatte. »Nina hat mir erzählt, bei diesen Sonetten würde garantiert jeder Lust auf Sex kriegen, und ich dachte mir, das könnte sich vielleicht irgendwann als nützlich erweisen. Man weiß ja nie, richtig?«
Ich warf einen Blick auf Diesel und dachte, dass mir ein Zauber lieber wäre, mit dem sich Lustgefühle ignorieren ließen.
»Ich möchte ein paar Nachforschungen über Gilbert Reedy anstellen«, erklärte Diesel. »Darf ich deinen Computer benützen?«
»Natürlich.«
»Wer ist Gilbert Reedy?«, wollte Glo wissen.
»Ein Toter«, erwiderte Diesel. »Er hat heute Morgen einen Kopfsprung von seinem Balkon im dritten Stock gemacht.«
Ich deckte
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