Kleiner Hund und große Liebe
brauchen“, meinte Mama. „Aber wenn ich Ihnen mit ein paar gängigen Ausdrücken behilflich sein kann, dann kommen Sie nur! Mir macht es Spaß, mal wieder Italienisch zu sprechen! Und so kann ich mich ein klein wenig bei Ihnen revanchieren!“
„Ick höre imma revanchieren!“ sagte Ingo in unverfälschtem Berlienerisch. Dies löste wieder Fragen aus, und wir erfuhren, daß seine Mutter Berlinerin ist.
Am gleichen Abend fing der Unterricht an, und am folgenden Morgen begrüßten sich Mama und Ingo auf Italienisch!
Ja, es war eine schöne Zeit! Ingo nahm Anteil an allem, was zu unserem täglichen Leben gehörte. Als er Papas allabendliches Filmen von Bisken miterlebte, war er begeistert.
„Daß niemand eher auf die Idee gekommen ist!“ rief er.
„Es ist schon möglich, daß jemand es getan hat“, meinte Papa. „Aber es ist schwierig und verschlingt Filme! Wenn das Tier nur begreifen würde, daß es sich ruhig verhalten soll! Aber Bisken und Ruhe! Jetzt muß ich filmen und filmen, bis das Ungeheuer zufällig dieselbe Stellung einnimmt wie am Tage vorher, damit die Kontinuität nicht unterbrochen wird. Und wie viele Stunden und Tage ich nachher am Schneidetisch verbringen werde, daran will ich lieber nicht denken!“
Ingo war auch sehr interessiert, als ich ihm meine Töpferwerkstatt zeigte. Ich verließ ihn und den Garten für ein paar Stunden, um ein Abschiedsgeschenk für Cora zu töpfern: ein Freßnäpfchen und ein Trinkgefäß mit dem Namen Cora darauf.
Ingo schaute sich auch die Sachen an, die ich früher gemacht hatte.
„Dies ist ja beinahe klassisch in der Form“, sagte er und nahm eine kleine Vase in die Hand. „Und das Muster, diese Schlangenlinien, woher hast du das?“
„Ach, aus einem Bild in irgendeiner Zeitschrift. Es war ein Artikel über die minoische Zeit auf Kreta, und da waren ein paar
große Vasen abgebildet.“
„Wahrscheinlich die großen Getreidespeicher“, meinte Ingo. „Und dann hast du diese Miniatur gemacht? Das Ding ist hübsch, Elaine - sehr hübsch!“
„Möchtest du es haben? Ich schenke es dir!“
„Meinst du das ernst? Ja, ich möchte es furchtbar gern haben, tausend Dank, es ist lieb von dir!“
Er legte den Arm um meine Schultern, zog mich näher an sich, seine Augen trafen die meinen - und plötzlich gab er mir einen kleinen, leichten Kuß auf die Wange, ließ mich los und sagte: „Nein, woran denke ich, ich wollte doch schnell.“
Was er schnell wollte, sagte er nicht, aber er verschwand jedenfalls im Garten. Komisch.
Ehrlich gesagt: Ich hätte gar nichts dagegen gehabt, wenn er mir als Dank für die Vase einen richtigen Kuß gegeben hätte!
Abschied von Feline
Der Abschiedstag war gekommen.
Unser Garten war nicht wiederzuerkennen. Alles war umgegraben - außer dem großen Rasen, den Bisken und Anton als Spielplatz behalten sollten. Der Gemüsegarten war mit Maschendraht gegen Biskens Buddelleidenschaft geschützt. Hübsche Beete und kleine Wege waren entstanden. Die Erde war locker, dunkel und steinfrei und wartete nur noch auf die Pflanzen.
Ingo hatte Unglaubliches geschafft.
Und jetzt war Bisken ziemlich selbständig. Er interessierte sich nicht mehr für die mütterlichen Milchquellen, dafür klaute er mit Wonne Antons Katzenfutter und knabberte freudig an Kotelettknochen herum.
Und Cora-Feline blieb Ingo auf den Fersen, wo er stand und ging.
Jetzt waren seine Sachen im Auto verstaut, Mama hatte zwei große Pakete Wegzehrung zurechtgemacht - eins für Ingo und eins für Cora.
Papa verschwand mit Bisken und Marcus, den beiden sollte es erspart bleiben, zu sehen, daß Cora uns verließ.
Mama und ich waren furchtbar vernünftig und schrecklich nüchtern und unsagbar unsentimental. Es war doch sonnenklar, daß dies für unser Felinchen - ich meine, für Ingos Cora - das beste war! Und es gab keinen Grund zum Sentimentalwerden, wenn ein Tier, das wir nur ein paar Monate gehabt hatten, zu seinem richtigen Zuhause zurückkehrte!
Weiß der Himmel, woher der Kloß in meinem Hals kam! Ganz gegen das Programm! Und warum in aller Welt blieben mir die Worte im Hals stecken, als ich mich von Ingo verabschiedete?
Er reichte Mama beide Hände, er bedankte sich mit so schönen, lieben Worten für das, was wir für Cora getan hatten. Dann guckte er mich an, und plötzlich umarmte er mich.
„Du brauchst nichts zu sagen, Elaine. Ich weiß genau, wie dir zumute ist. Ich schreibe dir, und ich schicke dir Bilder von Cora. Ich habe vor, den
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