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Kleines Lexikon psychologischer Irrtümer - von Abhängigkeit bis Zwangsneurose

Kleines Lexikon psychologischer Irrtümer - von Abhängigkeit bis Zwangsneurose

Titel: Kleines Lexikon psychologischer Irrtümer - von Abhängigkeit bis Zwangsneurose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gütersloher Verlagshaus
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ausgeht, dass das Beziehungsgefüge innerhalb der Familie wesentlichen Anteil an der psychischen Erkrankung hat.
    Wie bitte? Sie haben Familie und sind mit dieser nicht in Therapie?
    Um Ihnen einmal die Augen zu öffnen: Die Schulschwierigkeiten Ihres Sohnes sind doch hochverdächtig für eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Die Temperamentsdurchbrüche Ihrer 15-jährigen Tochter reden Sie bloß nicht mit der Pubertät klein. Schließlich Ihr Partner: mit seinem schroffen und undiplomatischen Verhalten ist er drauf und dran, Mobbingopfer zu werden und wird es wahrscheinlich erst dann merken, wenn es längst zu spät ist. Welche katastrophalen Folgen dies für das familiäre Binnenklima haben wird, braucht wohl nicht näher erläutert zu werden. Sie werden es wahrscheinlich schon längst bemerkt haben: Um eine Familientherapie kommen Sie einfach nicht herum. Da bekanntermaßen ja alles mit allem irgendwie – natürlich reflexiv und interferierend – zusammenhängt, heißt die Lösung des Problems: Systemische Familientherapie. Eventuell gewürzt mit Suggestionshypnose und Hypnoanalyse. Dann können Sie auch wieder mitreden.
    Feng-Shui
    Eine ganzheitliche Lehre, die Räume in Harmonie mit den darin lebenden und arbeiten Menschen und ihrer Umgebung zu bringen versucht.
    Psychische Epidemie, die auch vor Großkonzernen
nicht Halt macht. Durch die richtig ausgesuchte und nach bioenergetischen Gesichtspunkten platzierte Topfblume wird eine solch harmonische Wechselwirkung der Gehirnströme erreicht, dass selbst ein Mario Barth als halbwegs intelligenter Mitarbeiter imponiert. Schon morgens im Badezimmer geht es los. Durch den geschickt aufgestellten Spiegel, der Licht einfängt, wo gar keines ist und dadurch das Spiegelbild des Betrachters mit harmonischer Wechselwirkung und positiver Lebensenergie auflädt, werden mindestens zwei Bluthochdruckmittel eingespart. Und mit dieser enormen ganzheitlichen Balance wird auch das dümmste Geplapper einer Gender-Beauftragten zu einem wahrhaft befreienden Erlebnis.
    Frustrationstoleranz
    Welcher Langweiler hat eigentlich behauptet, dass Frustrationen zu tolerieren sind? Ausagieren und manipulieren sind die Königswege für eine erlebnisreiche Konfliktgestaltung, auch und erst recht in Beziehungskonflikten. Frei sein, high sein, foppen muss dabei sein. Psychoratgeber mit dem ständigen Gesäusel von Empathie oder Achtsamkeit versagen hier jämmerlich. Auf die Prinzipien von Niccolò Machiavelli ist hier schon mehr Verlass.

G

    Geburtstrauma
    Die Trennung von der Mutter als Abschluss der Schwangerschaft und Beginn des irdischen Daseins, oder: Eintritt in die böse, böse Realität. Der zukünftige ideologische Überbau für von cleveren Psychotraumatologen flächendeckend angebotene Therapien. Da lässt sich richtig was rausholen …
    Gender
    Das Geschlecht ist nicht rein biologisch bedingt, sondern auch maßgeblich kulturbedingt und gesellschaftlichen Normen untergeordnet.
    Dass Gesundheit ein Geschlecht hat bzw. dass das Geschlecht einen Einfluss auf Häufigkeit und Verlauf von Erkrankungen ausübt, ist nichts Neues, letztlich banal. Die
sich ihre eigene Wichtigkeit herbeiredenden Berufsgruppen Sozial- oder gar Kommunikationswissenschaftler erschaffen hier eine postfeministische Wortspielerei, deren skurrilste Blüte der schon vorgetragene (und mittlerweile in Erfüllung gegangene) Wunsch nach einem »Männerarzt« ist. Dies ist ungefähr so sinnvoll wie ein »Facharzt für chronisch-depressive Hartz-IV-Empfänger«.
    Genetisch
    Ist alles irgendwie. Gedanken, Verhalten, politische Einstellung, Rasse, Klasse, Religion, das Leben schlechthin. Neuerdings vermutet man sogar ein Gott-Gen. Bei biologistischen Interpretationen dieser Art hat der Allmächtige mal ein Auge zugedrückt, wie so oft.
    Gesprächstherapie
    Ist der Sammelbegriff für alle Psychotherapieformen, »sprechende Medizin« und somit die Ursuppe aller Psychotherapien. Eine individuelle KiTa für Erwachsene. Das häufigste Muster, nach dem sie zu Stande kommt: Der Hausarzt kann die Gebetsmühle des Jammerns nicht mehr hören, greift zum Überweisungsblock und schreibt das Zauberwort Psychotherapie auf. Der Therapeut sägt sich nicht den Ast ab, auf dem er sitzt. Er wird dafür bezahlt, das
Gejanke zu ertragen. Wird der Patient nach 200 Psychotherapiestunden gefragt, welche neuen Erkenntnisse er über sich und sein Leben erfahren habe, lautet die Antwort häufig: »Nichts, was ich nicht schon vorher

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