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Klex in der Landschaft

Klex in der Landschaft

Titel: Klex in der Landschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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»das ist doch inzwischen Schnee von gestern. Nach allem, was ich vom Testament gesehen habe, hat er der armen Frau nichts hinterlassen, und darum geht es. Ich habe vor, diesem Versäumnis abzuhelfen.«
    »Sehr großzügig von Ihnen. Edelmütig«, sagte Mr. Ganglion und nahm einen Umschlag aus dem Tresor. »Und wo wir schon mal beim Thema menschliche Schwächen sind, möchte ich doch vorschlagen, daß Sie einen Blick auf diese Fotografien werfen und mir verraten, ob Sie die schon einmal gesehen haben.« Er öffnete den Umschlag und breitete die Fotos vor ihr aus. Lady Maud betrachtete sie mit konzentrierter Aufmerksamkeit. Ohne Zweifel hatte sie die schon mal gesehen. »Wo haben Sie die her?« rief sie.
    »Äh«, sagte Mr. Ganglion, »das darf ich leider nicht verraten.«
    »Ich bestehe aber drauf«, fauchte Lady Maud. »Nun«, sagte Mr. Ganglion und steckte die Fotos wieder in den Umschlag, »eine gewisse Person, sagen wir mal, ein potentieller Klient, bat mich um Rat ...« »Dundridge. Ich wußte es, Dundridge«, sagte Lady Maud. »Da kann ich auch nur raten, meine liebe Lady Maud«, behauptete Mr. Ganglion. »Also, besagter Klient unterstellte, daß Sie diese ... ähem ... diese recht freizügigen Fotos benutzten, um ... äh ... ihn zu erpressen.«
    »Gott im Himmel«, rief Lady Maud, »das dreckige kleine Aas!«
    »Selbstverständlich gab ich mir große Mühe, ihn zu überzeugen, daß etwas Derartiges außer Frage stehe. Doch er ließ sich nicht überzeugen ...« Aber Lady Maud hatte genug gehört. Sie stand auf und schnappte sich den Umschlag. »Falls Sie wollen, daß wir wegen Verleumdung gerichtlich gegen ihn vorgehen ...«, sagte Mr. Ganglion.
    »Er hat mich der Erpressung beschuldigt? Ich werde bei Gott dafür sorgen, daß er den Tag bereut, an dem er geboren wurde«, knurrte Lady Maud und stapfte mitsamt den Fotos aus dem Zimmer.
    *
    Dundridge befand sich in seinem mobilen Hauptquartier, wo er gerade Pläne für seine nächste Aktion gegen Haus Handyman ausarbeitete, als Lady Maud vorfuhr. Nun, wo er sicher sein konnte, daß ihn das Ministerium rückhaltlos unterstützte, betrachtete er die Zukunft mit neuem Selbstvertrauen. Er hatte mit dem Polizeipräsidenten gesprochen und volle Unterstützung durch die Polizei verlangt, falls Lady Maud sich weigern sollte, der Aufforderung zum Auszug aus Haus Handyman nachzukommen, und der Polizeichef hatte sich widerstrebend dazu bereit erklärt. Gerade erteilte er Hoskins die Anweisung, in den Park vorzurücken, als Lady Maud in den Wohnwagen stürmte.
    »Du dreckiges kleines Schwein«, schrie sie und schmiß die Fotos auf seinen Schreibtisch. »Schau sie dir ruhig genau an.« Das tat Dundridge; Hoskins ebenfalls.
    »Na?« fuhr Lady Maud fort, »und was hast du nun zu sagen?« Dundridge stierte zu ihr hoch und suchte krampfhaft nach Worten, die seinen Gefühlen entsprachen. Es gab keine. »Wenn du glaubst, daß du ungestraft davonkommst, dann täuschst du dich«, brüllte Lady Maud.
    Dundridge umklammerte das Telefon. Das dreckige Miststück war wieder aufgetaucht, um ihn mit diesen entsetzlichen Fotos zu quälen, und diesmal bestand kein Zweifel, wer bei diesen obszönen Verrenkungen die Hauptrolle spielte, und diesmal war auch noch Hoskins anwesend. Hoskins entsetzter Gesichtsausdruck gab den Ausschlag. Ein Skandal war unvermeidlich. Dundridge wählte die Nummer der Polizei.
    »Glaub bloß nicht, du kannst dich rauswinden, indem du einen Anwalt anrufst«, brüllte Lady Maud. »Das tu ich nicht«, sagte Dundridge, der endlich seine Stimme wiederfand, »ich rufe die Polizei an.«
    »Die Polizei?« sagte Lady Maud.
    »Die Polizei?« flüsterte Hoskins.
    »Ich werde Sie wegen versuchter Erpressung vor Gericht bringen«, sagte Dundridge.
    Lady Maud stürzte sich quer über den Schreibtisch auf ihn. »Du versautes kleines Arschloch«, schrie sie. Dundridge taumelte von seinem Stuhl und lief zur Tür. Lady Maud machte eine Kehrtwendung und rannte hinter ihm her. Hinter ihnen legte Hoskins den Hörer auf und griff sich die Fotos. Er ging auf die Toilette und schloß die Tür hinter sich. Als er wieder herauskam, kauerte Dundridge hinter einem Bulldozer. Sechs Bulldozerfahrer hielten Lady Maud zurück, und die Fotos waren zu Asche verbrannt und ins Klo gespült worden. Hoskins setzte sich und wischte sich mit einem nassen Taschentuch die Stirn. Das war knapp gewesen.
    »Glaub ja nicht, daß du damit durchkommst«, rief Lady Maud, als man sie zu ihrem Wagen brachte. »Ich

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