Klex in der Landschaft
»Ich muß dafür sorgen, daß die Fernsehfritzen über die Untersuchung berichten. Wir brauchen größtmögliche Publicity.«
Klex griff sich seine Hacke und ging wieder zu den Salatköpfen, während Lady Maud mit ihren Radieschen in die Küche zurückkehrte. Er war mit sich ganz zufrieden. Er bekam nicht sehr oft die Gelegenheit zu zeigen, wie talentiert er im Nachahmen anderer Leute war. Schon damals, als er ins Waisenhaus gekommen war, hatte er begonnen, diese Fähigkeit zu entwickeln. Da er nicht wußte, wer er war, schlüpfte Klex in die Persönlichkeiten anderer. Das hatte er auch beim Wildern gut gebrauchen können. Mehr als ein Wildhüter hatte völlig verblüfft die Stimme seines Arbeitgebers aus der Dunkelheit sagen hören, er solle bloß damit aufhören, sich lächerlich zu machen, während sich Klex aus dem Staube machte. Als er nun wieder das Unkraut bearbeitete, versuchte er sich noch einmal an Sir Giles. »Ich verlange, daß diese ganze Angelegenheit untersucht wird«, sagte er. Klex lächelte in sich hinein. Es klang ganz echt. Und eine Untersuchung würde es auch geben. Das hatte Lady Maud gesagt.
Kapitel 5
Die Untersuchung fand im alten Gerichtsgebäude von Worford statt. Alle waren erschienen – das heißt alle, über deren Grund und Boden die geplante Straße durch die Cleene-Schlucht führen sollte. General Burnett, Mr. und Mrs. Bullett-Finch, Oberst und Mrs. Chapman, Miss Percival, Mrs. Thomas, die Dickinsons (alle sieben) und die Fullbrooks, die vom General einen Bauernhof gepachtet hatten. Außerdem waren ein paar einflußreiche Familien anwesend, die eigentlich von der Autobahn überhaupt nicht betroffen waren, aber Lady Maud unterstützen wollten. Sie saß mit Sir Giles und Mr. Turnbull vorn, und die Sitze hinter ihnen waren alle besetzt. Klex stand ganz hinten. Abgesehen von einem Rechtsanwalt, der den Stadtrat von Ottertown vertrat, blieben die Sitze auf der anderen Seite des Mittelgangs leer. Eins war ziemlich klar: Niemand nahm im Ernst an, daß Lord Leakham einen Beschluß zugunsten Ottertowns fällen würde. Die Sache stand von vornherein fest – oder hätte eigentlich fest stehen müssen, wären da nicht Lady Mauds Eingreifen und die Intransingenz Lord Leakhams gewesen, dessen Wirkungsbereich während seiner früheren Karriere als Richter auf Strafsachen am obersten Gerichtshof beschränkt gewesen war. Auch der Verhandlungsort war unglücklich gewählt. Das alte Gerichtsgebäude ähnelte zu sehr den Gerichtssälen in Lord Leakhams Jugend, als daß der alte Mann auf Lady Mauds häufige Unterbrechungen der Beweisaufnahme überhaupt hätte milde reagieren können. »Madam, Sie stellen die Geduld des Gerichts auf die Probe«, informierte er sie, als sie gerade zum zehntenmal aufstand, um gegen das von Mr. Hoskins für die Planungsbehörde vorgetragene Projekt mit den Worten zu protestieren, es handle sich um einen Eingriff in die Freiheit des Individuums und in das Recht auf Eigentum. In ihren Tweedsachen schnaubte Lady Maud vor Zorn.
»Seit 1472 hat meine Familie Land in der Cleene-Schlucht«, rief sie. »Es wurde uns von Eduard dem Vierten anvertraut, der die Familie Handyman zu Hütern der Schlucht ernannte ...«
»Was auch immer Seine Majestät, Eduard der Vierte, 1472 getan haben mögen«, sagte Lord Leakham, »für die von Mr. Hoskins erbrachten Beweise ist es irrelevant. Würden Sie die Güte haben, sich zu setzen.«
Lady Maud setzte sich. »Weshalb unternehmt ihr beiden Männer nicht was?« fragte sie laut. Sir Giles und Mr. Turnbull rutschten unruhig auf ihren Stühlen hin und her. »Sie können jetzt fortfahren, Mr. Hoskins«, sagte der Richter. Mr. Hoskins drehte sich zu einem großen Reliefmodell der Grafschaft um, das auf einem Tisch stand. »Wie Sie anhand dieses Modells erkennen können, handelt es sich bei South Worfordshire um eine besonders schöne Grafschaft«, setzte er an.
»Jeder Trottel mit Augen im Kopf kann das sehen«, bemerkte Lady Maud mit lauter Stimme. »Dazu braucht man kein bescheuertes Modell.«
»Fahren Sie fort, Mr. Hoskins, fahren Sie fort«, sagte Lord Leakham mit einer Selbstbeherrschung, die vermuten ließ, daß er mit dem Gedanken spielte, Lady Maud einen Strick zu überreichen, damit sie sich daran aufhängen könne. »Dessen eingedenk hat das Ministerium den Versuch unternommen, die Naturschönheiten der Gegend soweit wie irgend möglich zu erhalten ...«
»So ein Stuß«, sagte Lady Maud.
»Hier haben wir«, setzte Mr. Hoskins erneut
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