Klex in der Landschaft
wohl anstelle.«
»Ich könnte ihr folgen«, schlug Klex vor. »Dabei kommt bestimmt nichts heraus«, sagte Lady Maud. »Und wie würden Sie überhaupt erfahren, wem Sie folgen müssen?«
»Sie ist die einzige Frau, die in dem Haus wohnt«, sagte Klex. »Im obersten Stock wohnt ein Mr. Sykes, und ein Mr. Billington im Erdgeschoß.«
»Ausgezeichnet«, sagte Lady Maud. »Sie sind ein aufmerksamer Beobachter. Aber wie könnte ich sie bloß kennenlernen? Man müßte irgendwie ein Treffen arrangieren.«
»Ich könnte«, sagte Klex und verfiel in Sir Giles’ Stimme, »sie anrufen und so tun, als sei ich er, und ihr vorschlagen, mich irgendwo zu treffen ...«
Lady Maud starrte ihn verblüfft an. »Natürlich. O Klex, was würde ich nur ohne Sie anfangen?« Klex errötete. »Aber nein, so funktioniert es auch nicht«, fuhr Lady Maud fort. »Sie würde es ihm sagen. Ich muß mir was anderes einfallen lassen.« Klex ging in sein Zimmer und legte sich schlafen. Er war zwar müde und sehr hungrig, aber verglichen mit dem Bewußtsein, daß Lady Maud zufrieden mit ihm war, fielen diese kleinen Unbequemlichkeiten überhaupt nicht ins Gewicht. Glücklich und zufrieden schlief er ein. Das galt auch für Lady Maud, allerdings hatte ihr Glück eher praktische Gründe und beruhte auf der Lösung eines Problems, das ihr Sorgen bereitet hatte: Geld. Der Zaun für den Großwildpark würde mindestens dreißigtausend Pfund kosten, und die Tiere, die sie bestellt hatte, kamen auch auf zwanzigtausend. Fünfzigtausend Pfund für die Rettung des Handymanschen Anwesens waren ein Haufen Geld, und dabei war noch nicht mal raus, ob es funktionieren würde. Wenn es jemand bezahlen sollte, dann Giles, der schließlich für die ganze niederträchtige Angelegenheit verantwortlich zeichnete. Und ihr war eingefallen, wie sie ihm die Kosten aufbürden konnte. Sie würde ihn noch in den Ruin treiben.
*
Am nächsten Morgen saßen sie und Klex am Ende der Elm Road in einem Taxi. Um neun sahen sie, wie Sir Giles aus dem Haus kam. Lady Maud bezahlte den Fahrer und begab sich, mit Klex im Schlepptau, zur Nummer sechs.
»Nicht vergessen, was Sie zu sagen haben«, schärfte ihm Lady Maud noch einmal ein, als sie auf die Klingel drückte. Es summte.
»Wer ist da?« fragte Mrs. Forthby.
»Ich bin’s. Ich habe meine Autoschlüssel vergessen«, sagte Klex mit Sir Giles’ Stimme.
»Und ich dachte immer, ich wäre die Vergeßlichere von uns beiden«, sagte Mrs. Forthby.
Die Haustür ging auf. Klex und Lady Maud stiegen die Treppe hoch. Mrs. Forthby öffnete ihre Wohnungstür. Sie hatte einen Morgenrock an und ein gelbes Staubtuch in der Hand. »Guten Morgen«, sagte Lady Maud und ging an ihr vorbei in die Wohnung.
»Aber ich dachte ...«, begann Mrs. Forthby. »Gestatten Sie, daß ich mich vorstelle«, sagte Lady Maud. »Ich bin Lady Maud Lynchwood, und Sie müssen Mrs. Forthby sein.« Sie ergriff Mrs. Forthbys Hand. »Ich habe mich so darauf gefreut, Sie kennenzulernen. Giles hat mir viel von Ihnen erzählt.«
»Oje«, sagte Mrs. Forthby, »wie furchtbar peinlich.« Hinter ihr schloß Klex die Tür. Lady Maud verschaffte sich ein Bild von der Einrichtung und, da sie schon mal dabei war, von Mrs. Forthby, ehe sie in einem Sessel Platz nahm. »Ein richtiges kleines Liebesnest«, meinte sie schließlich. Mrs. Forthby stand wie angewachsen vor ihr und knetete das Staubtuch.
»Was für eine schreckliche Situation«, sagte sie, »einfach schrecklich.«
»Papperlapapp. Stimmt doch gar nicht. Und hören Sie auf, das Staubtuch zu malträtieren. Sie machen mich nervös.«
»Verzeihung«, sagte Mrs. Forthby. »Ich habe nur das Gefühl ... nun ja ... daß ich mich bei Ihnen entschuldigen müßte.«
»Entschuldigen? Wofür denn?« wollte Lady Maud wissen. »Also ... Sie wissen doch ...« Mrs. Forthby schüttelte ratlos den Kopf.
»Wenn Sie auch nur für einen Moment annehmen, ich hätte irgendwas gegen Sie, dann irren Sie sich gewaltig. Für mich sind Sie geradezu ein Geschenk des Himmels.«
»Ein Geschenk des Himmels?« murmelte Mrs. Forthby und setzte sich auf ihr Sofa.
»Aber ja«, sagte Lady Maud. »Für mich war mein Mann schon immer ein äußerst widerwärtiger Mensch mit den denkbar abscheulichsten Angewohnheiten. Dafür, daß Sie anscheinend bereit sind – und zwar vermutlich dank Ihrer Herzensgüte –, seine obszönen Bedürfnisse zu befriedigen, stehe ich tief in Ihrer Schuld.«
»Tatsächlich?« sagte Mrs. Forthby, in deren Welt durch diese
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