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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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den er hier draußen verbrachte, machte ihn angreifbarer.
    Endlich öffnete sich über ihm der hölzerne Fensterladen. Späne und Vogelkot rieselten auf ihn herab. Und ohne Geräusche ging das auch nicht ab, die Hütte war in sich verzogen und verbogen wie ein im Regen stehen gelassener Weidenflechtkorb. Bei den Belagerten rührte sich etwas, womöglich zischten sie sich ein »Achtung!« zu oder gaben sich gegenseitig Zeichen.
    Stenrei begann, durch die Fensterluke zu schlüpfen, hätte dazu aber ziemlich lange gebraucht, wenn Erenis ihn nicht von drinnen am Kragen gepackt und kurzerhand hineingezerrt hätte. Während er unsanft in muffigem Stroh landete, verriegelte sie schon wieder den Holzladen.
    Es war fast vollkommen dunkel drinnen, nur vereinzelte Mondsilberstreifen wirkten wie in die Finsternis gemalt.
    »Sag bloß, du hast ein Schwert.«
    Stenrei schluckte wieder. War das jetzt sein Todesurteil? »Du kennst es doch. Ich habe es dir zu verdanken.«
    Sie nahm es, ohne dass er ihre Bewegung hatte kommen sehen. Er wehrte sich nicht. Sie hielt die Klinge gegen einige der Silberstreifen. Ihr Arm und das Metall wurden gleichermaßen Teil des Musters. »Tatsächlich. Ist ja noch nicht lange her, dass ich damit Funken erzeugt habe. Der Besitzer war kein schlechter Fechter. Aber du darfst noch gar keins tragen, ist das nicht so?«
    »Ja, nach dem Gesetz darf ich das nicht. Aber ich bin jetzt auf der Straße unterwegs, und ich will von dir lernen.«
    Schweigen. Dann gab sie ihm das Schwert zurück. Unruhige, zuckende Streifen.
    »Du bist ein lästiger kleiner Kerl, hat dir das schon mal jemand gesagt?«
    Diese Beleidigung saß. Stenrei spürte, wie seine Wangen zu brennen begannen. Er war klein, selbst für sein Alter. »Ich kann dir von Nutzen sein.«
    »Ich brauche niemanden. Und Schüler nehme ich schon gar nicht an.«
    »Du kannst Augen und Ohren brauchen. Du begibst dich immer mitten hinein in die Gefahr. Mitten in die Dörfer. Oder mitten in diese Hütte. Du kannst jemanden brauchen, der den Überblick behält.«
    »Und das sollst ausgerechnet du sein? Der den Überblick behält?«
    »Mich verdächtigt niemand«, sagte er trotzig und wusste, dass das ein gutes Argument war.
    Er hörte, wie sie sich in der Dunkelheit hinsetzte. Er konnte sie riechen. Ihren Körper. Ihre Nähe. Es gefiel ihm, und er wünschte sich, dass es so bleiben könnte. Er und sie. Allein. Unter der Nacht.
    Sie seufzte. »Also, wenn du so sehr den Überblick hast: Werden sie in der Nacht angreifen?«
    »Nein, auf keinen Fall. Sie bewachen dich nur. Du bist ihnen sicher. Sie versorgen sich mit Proviant und warten ab, bis dir der deine ausgeht, denn sie scheinen es nicht im Mindesten eilig zu haben.«
    Erenis knurrte etwas, das wie »verfluchte Obrigkeitsbedienstete« klang.
    Stenrei fuhr fort: »Also kannst du dich genauso gut hinlegen und dich ausruhen. Ich werde Wache halten.«
    Erenis lachte auf. »Und ich werde so dumm sein und mich dir anvertrauen!«
    »Denkst du wirklich, ich arbeite für die? Solange ich dir nichts einflöße, das dich betäubt, kannst du mich doch jederzeit überrumpeln, selbst aus dem Schlaf heraus. Wenn du willst, gebe ich dir mein Schwert. Wenn es das ist, was dich beunruhigt. Aber du kannst mir glauben: Ich kann noch gar nicht damit umgehen. Niemand hat es mir beigebracht.«
    »Für einen Jungen redest du außergewöhnlich viel.« In ihrer Stimme lag, der Härte ihrer Worte widersprechend, ein Lächeln, das Stenrei neuen Mut schöpfen ließ.
    »Ich rede, weil es meine einzige Chance ist, dich zu überzeugen. Ich kann dir sonst nichts bieten, um dich hier rauszuholen. Weder Kampfkraft noch Fernwaffen, noch habe ich Verstärkung mitgebracht. Aber mein Grips kann uns beide hier rausholen. Mein Grips und die Dinge, die ich von meinem Vater gelernt habe.«
    »Was für Dinge?«
    »Das sage ich dir morgen, wenn es etwas heller geworden ist. Ich brauche mehr Licht. Also leg dich jetzt schlafen. Ich bin sowieso zu aufgeregt zum Schlafen. Ich werde aufpassen, dass die Büttel nicht doch noch irgendwelche Dummheiten machen.«
    Erenis grummelte etwas. Beim besten Willen konnte er sie nicht verstehen.
    Dann sagte sie tatsächlich: »Gib es mir. Zur Sicherheit. Wäre doch schade, wenn ich dich aus einem Reflex heraus noch kleiner hackte als du ohnehin schon bist.«
    Erneut händigte er ihr das Schwert aus. Streifen, die wie Fische vor einer ins Wasser getauchten Hand wegschwammen. Es fühlte sich erstaunlich ungut an, die Waffe

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