Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
Bosel streitig machen wollte.
    »Ich könnt’s ja machen«, tönte er. »Aber es kommt mir ungerecht vor. Ich kann doch nicht einfach so ein Mädchen umlegen, das mir nicht allzu viel getan hat. Vielleicht solltest du besser gegen ein Mädchen kämpfen, Mädchen. So richtig mit Haareziehen und Augenkratzen und so.« Lang anhaltendes Gelächter brandete auf.
    Erenis wartete, bis die Heiterkeit sich wieder gelegt hatte. Weiterhin hingen Blicke an ihrem Münzsäckchen, ihrer Klinge und auch an ihrem ledernen Hintern. Sie kannte das. Die Männer kamen nie über ihren Hintern hinweg, die Weiber nie über die Münzen. »Zwei Stunden nur. Zwei Stunden, um zu prahlen, zu lästern und sich wichtig zu machen. Dann ziehe ich weiter. Mitmeinen Münzen und mit der in alle umliegenden Dörfer getragenen Botschaft, dass in Bosel niemand Manns genug war, es mit mir aufzunehmen.«
    Murren. Wütendes Flüstern.
    »Schnapp sie dir, Kaskir«, keifte das Mädchen von vorhin. »Du kannst noch vorm Mittagessen mit ihr fertig sein. Und dann lad uns ein.« Sie schien Hunger und Durst zu haben.
    »’s wär aber wirklich schade drum«, sagte Kaskir und grinste lüstern. »’s wär wirklich, wirklich schade.«
    Erenis antwortete jetzt nicht mehr. Sie setzte sich im Schneidersitz neben ihren am Schwert lehnenden Rucksack und schloss die Augen, als wolle sie ein Nickerchen machen. Mitten auf dem Hauptplatz. Am helllichten Tag.
    Das Gemurre und Geknurre um sie herum klang wie von aufgebrachten Hunden. Die Leute redeten sich die Köpfe hitzig. Stenrei nutzte die Gelegenheit, ein wenig von Erenis abzurücken. Sie schien ihn ohnehin vergessen zu haben. Die Leute jedoch, denen er sich näherte, damit sie ihn durchließen, starrten ihn feindselig an, als wäre er mit der Versucherin im Bunde. Denn genau dies war der Begriff, den die Frauen tuschelten: Versucherin . Und die Männer raunten, eher anerkennend: Dreistes Stück .
    Schließlich meldete sich eine fettleibige Bauersfrau zu Wort: »Fall nicht auf sie rein, Kaskir. Sie hat letzte Woche in Tyrgen einen Mann umgelegt, den starken Haddut. Der Händler Milco hat mir davon erzählt.«
    »Hat sie beim Kampf betrogen?«
    »Nein, es ging wohl alles mit rechten Dingen zu, deshalb hat man sie auch ziehen lassen. Aber sie hat Haddut wirklich erschlagen. Wenn du dich drauf einlässt, wird sie dich töten.«
    »Das muss sie erst mal fertigbringen«, warf Kaskir sich in die Brust.
    »Das wird sie. Du hast sie doch selbst gehört. Sie ist eine Schwertschülerin und folgt einer blutroten Fahne. Sieh dir doch ihr Schwert an, wenn du mir nicht glaubst. Dort stehen die Namen all ihrer Opfer geschrieben, der bisherigen und der künftigen, in deren eigenem Blut.«
    Das war eine waghalsige Behauptung, aber Milco, der Glaswarenhändler, hatte der Bauersfrau diese Legende genau so erzählt, und es war eine äußerst eindrucksvolle Geschichte gewesen.
    Einige Boseler gingen näher heran und versuchten tatsächlich, in den Zierzeichen irgendwelche Namen zu lesen.
    »Steht da irgendwo Kaskir drauf?«, fragte Kaskir, der nicht lesen konnte, abergläubisch.
    Alle, die das Entziffern versuchten, auch auf beiden Seiten der Klinge, schüttelten die Köpfe. Sie konnten überhaupt keine nachvollziehbaren Worte erkennen.
    »Dann bin ich keins ihrer Opfer«, schlussfolgerte Kaskir und lachte. »Ich hole mein Breitschwert, und dann geht’s los. Sorgt dafür, dass sie mir nicht abhaut, Leute! Mann, hundert Münzen! Das wird ein schönes rundes Fest heut Abend!«
    Er ging weg, sein Schwert holen. Einige, die sich ihre Plätze für heute Abend beim Besäufnis sichern wollten, folgten ihm. Die übrigen Schaulustigen umstanden die Versucherin.
    Noch andere Worte hatten sie für sie. Wenn sie so dasaß, legte die Hose beinahe die obere Hälfte ihres Gesäßes frei. Schamlos . Die Augen geschlossen, aber nicht wie schlafend wirkend, sondern eher wie lauschend. Leichtsinnig . Lebensmüde . Das Schwert funkelte im Licht. Aufwieglerisch. Unruhebringerin. Männerverderberin .
    Jetzt lächelte Erenis ein wenig. Männerverderberin gefiel ihr.
    Stenrei dagegen wurde von Gleichaltrigen umringt. Weil die ganze Angelegenheit an Umfang beständig zuzunehmen schien, wünschte er inzwischen eher unbemerkt aus der ganzen Sache herauszukommen, aber das wollte ihm ganz und gar nicht gelingen. »Seit wann kennst du sie?« »Habt ihr gekämpft miteinander?« »Hat sie ein Pferd irgendwo?« »Hat sie dich das Schwert anfassen lassen?« »Wie alt ist

Weitere Kostenlose Bücher