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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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die Daumen in den Gurt gehakt, so gefährlich und eingeweiht wie möglich dreinzuschauen.
    Als die Schwertfrau ihn unvermittelt ansprach, zuckte er dennoch zusammen. »Wie heißt dieses Kaff noch mal? Bosen?«
    »Bosel! Bosel«, antwortete er hastig und raunend wie ein Bühnenvershelfer.
    Mit deutlich lauterer Stimme sagte sie: »Menschen von Bosel, hört mich an! Mein Name ist Erenis. Ich bin eine Schülerin des Schwertes, und ich folge dem verschlungenen roten Band des fernen Blutes. In meiner Hand halte ich einhundert Münzen frischer Prägung. Sie mögen dem stärksten Mann dieses Dorfes gehören, wenn es ihm gelingt, mich im Kampf zu bezwingen. Aber derjenige muss sich schnell entscheiden, denn ich werde nur zwei Stunden warten.«
    »Was für ein Kampf?«, fragte einer, der etwa in Stenreis Alter war. »Mit Schwertern?«
    »Mit was immer meinem Gegner beliebt. Aber ich werde dieses Schwert benutzen.«
    »Und was heißt bezwingen, Mädchen?«, fragte ein breitschultriger Lockenkopf mit den Zügen eines bulligen Hundes. Stenrei kannte ihn besonders gut. Er hieß Kaskir und hatte schon immer gerne andere, Schwächere, herumgeschubst. Auch Stenrei. Stenrei konnte Kaskir nicht ausstehen. Außer zwei oder drei Speichelleckern konnte wahrscheinlich niemand in Bosel Kaskir ausstehen, womöglich nicht einmal Kaskirs Eltern. Aber mit ziemlicher Sicherheit war Kaskir jener »stärkste Mann im Dorf«, von dem die Frau –  Erenis hieß sie also! – gesprochen hatte. Außer ihm kam höchstens noch Llender Dinklepp infrage, der sich früher eine Zeit lang als Söldner verdingt hatte, aber der litt schon seit einiger Zeit an Keuchatem und war für einen Kampf wohl nicht mehr gesund genug. Ausgerechnet Kaskir also konnte reich werden, indem er die schöne Frau besiegte. Einhundert Münzen! »Bis du weinst?«
    Die Frau schaute Kaskir genau an und lächelte wieder beinahe. »Bis ich tot bin. Vorher hat man mich nicht bezwungen.«
    »Aber das wäre doch schade. Ein leckerer Happen wie du. Lass uns einen Armdrückwettstreit draus machen, dann bin ich sofort dein Mann!« Mehrere Umstehende lachten. Es wurden immer mehr. Drei Dutzend jetzt schon. Kaskir sonnte sich in deren Aufmerksamkeit.
    »Ich bin keine Schülerin des Armdrückens, sondern des Schwertes. Hundert Münzen sind mehr, als jeder von euch in seinem Leben auf einem Haufen sehen wird. Erkauft es euch mit Blut und mit Mumm, und nicht mit Gewinsel und Feilschen.«
    Die Leute brummten. Murrten. Ein Mädchen mit zusammengewachsenen Augenbrauen sagte: »Erschlag sie doch einfach, Kaskir, nimm dir ihre Münzen und spendier uns allen ’ne Runde im Zugpferd !«
    »Und was ist mit deinem Schwert?«, erkundigte Kaskir sich weiter. »Wenn du tot bist, brauchst du es ja wohl nicht mehr.« Wieder lachten einige. In ihrer Ratlosigkeit ordneten sie sich dem offenkundig Beherztesten bereitwillig unter.
    »Ich sagte, du sollst aufhören zu feilschen. Willst du die Münzen oder das Schwert oder mich, dann komm her und nimm dir, wonach es dich verlangt. Aber hör auf zu quatschen wie einer, der die Bezeichnung Mann nicht verdient.«
    Brummen. Murren. Zischen. »Willst du mich beleidigen?«, fragte Kaskir.
    »Ich will dich niederwerfen«, antwortete Erenis, »und ich tue, was dazu nötig ist.«
    Mehrere spuckten jetzt aus. Die Zuschauer, die nun schon fast vier Dutzend waren, wirkten, als rotteten sie sich zusammen, um gemeinsam gegen die unverschämte Fremde vorzugehen. Stenrei fühlte sich jetzt langsam ein wenig unwohl in seiner Position zwischen den Dörflern und Erenis. Fast wünschte er sich, dass niemand ihn beachtete, aber dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung.
    »Was hast du mit ihr zu schaffen, Sten?«, fragte eine Alte.
    »Ich? Ich habe sie zufällig im Wald getroffen. Nichts weiter.«
    »Hol du dir doch die Münzen.« Gelächter.
    »Ich?«, fragte Stenrei erneut zurück. »Nein, kein Bedarf. Außerdem kann ich mit Waffen nicht umgehen. Ich darf ja nicht. Kaskir aber schon! Kaskir ist alt genug.«
    Damit schob er dem drei Jahre älteren Lockenkopf wieder die Karten hin, der tatsächlich – das wussten alle hier, denn er ließ kaum eine Gelegenheit aus, es ihnen zu zeigen – stolzer Besitzer eines Breitschwerts war.
    Kaskir leckte sich inzwischen die Lippen. Es war ihm deutlich anzusehen, wie sehr es in ihm arbeitete. Er war bedeutend breiter und schwerer als die Frau, mit Sicherheit also auch viel kräftiger. Er schaute sich um, ob jemand ihm den Ruf als Stärkster von

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