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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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rackerte wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Zweimal erwischte sie der Blutende sogar beinahe mit seinem schrecklichen Breitsäbel. Stenrei wäre dazwischengegangen und hätte abgebrochen, wenn so etwas in dem Tumult überhaupt möglich gewesen wäre.
    Diesen Kampf gewann Erenis nur aufgrund von Ausweichbewegungen, die sie sich unmittelbar von Ilehu Wiftin abgeschaut hatte. Hinterher wusch sie sich eine volle Stunde lang in einem Mühlbach. Sie hatte das Gefühl, den Fleischberg an sich kleben zu haben wie zudringlichen Schleim.
    Danach kamen ein paar schnellere, austauschbare Kämpfe. Bei einem war höchstens zu verzeichnen, dass der Gegner außergewöhnlich hübsch war. Aber auch das schien Erenis nicht im Mindesten zu beeindrucken.
    Umso überraschter war Stenrei, als sie ihren Gegner in Gafun kurzentschlossen am Leben ließ.
    Dieser Gegner hatte sich nämlich nicht um den Kampf gerissen, sondern war von seiner Frau, seiner Schwester und seinem Schwager mit barschen Worten mehr oder weniger dazu gezwungen worden. »Da liegen die Münzen, wir könnten sie gut gebrauchen – und du willst sie einfach liegen lassen?«, schalt die Gattin. »Was bist du nur für ein Schlappschwanz? Wir haben doch immer gewusst, dass deine sogenannten Fähigkeiten nie einen Sinn haben werden und nur Zeitverschwendung sind«, pflichtete die Schwester bei. »Du denkst immer nur an dich. Immer nur an dich. Und unser schönes Gafun wird man jetzt verspotten, denn in den anderen Dörfern fanden sich welche, die Manns genug waren«, setzte die Ehefrau noch einen drauf. »Ich würde es ja selbst tun«, schämte sich der Schwager nicht zu heucheln, »aber du weißt ja: mein kaputter Zeh …«
    Der solcherart Geschundene hatte sich schließlich bereit erklärt, ein schmales Schwert ergriffen und Erenis’ einen eleganten, beinahe kunstvoll zu nennenden Kampf geliefert. Mit schierer Wucht hatte sie ihm dann das Schwert aus der Hand geschlagen und ihm ihres an die Kehle gesetzt.
    »Ich töte die Verlierer immer«, hatte sie geknurrt.
    »Dann tu es.« Der Kehlkopf des Verlierers spießte sich beim Schlucken beinahe selbst auf Erenis’ Schwertspitze.
    In diesem Augenblick hatte Erenis begriffen, dass dieser Mann mehr gestraft war, wenn er weiterleben musste, und mit einem Lachen hatte sie ihr Schwert weggesteckt, ihre Münzen an sich genommen und mit Stenrei das Dorf verlassen. Noch Stunden später hatte sie immer wieder lachen müssen.
    »Was belustigt dich denn so?«, fragte Stenrei.
    »Die seltsamen Schicksale, die es gibt. Mir war das vorher gar nicht klar, aber Frauen scheinen doch über Möglichkeiten zu verfügen, Männer leiden zu lassen. Das freut mich.«
    »Ja. Du könntest aufhören zu kämpfen und stattdessen heiraten.« Stenrei hatte sich weit vorgewagt mit diesem Scherz, anschließend wartete er beinahe bang Erenis’ Reaktion ab.
    Sie jedoch hatte nur den Kopf geschüttelt und entgegnet: »Aber nur einen, oder zwei oder drei. Jedenfalls viel zu wenige.« Danach kam die Sprache nie mehr auf dieses Thema.
    In bereits unmittelbarer Nähe der Hochstadt waren zwei der Kämpfe von besonderer Eindrücklichkeit. Wahrscheinlich waren diese beiden Gegner städtisch geschult und hatten sich dann in ländlicher Umgebung zur Ruhe gesetzt, oder sie arbeiteten normalerweise in der Hochstadt, hielten sich jetzt aber gerade zu Hause in einem der umliegenden Dörfer auf – jedenfalls wirkten sie wie Männer, für die das Kämpfen zum Alltag gehörte und die es auch nicht nötig hatten, davon großes Aufheben zu machen.
    Der eine agierte mit einer Waffe, die Erenis noch nie gesehen hatte: einer Metallstange mit je einer fächerförmigen Klinge an jedem Ende, die er auch über dem Kopf oder vor dem Körper zu wirbeln verstand, sodass er sich großzügig Raum zu schaffen wusste und Erenis kein Durchkommen sah. Sie besiegte ihn, indem sie unter seinem Wirbeln durchgrätschte und ihm die Beine unterm Körper wegtrat, wodurch er stürzte und seine Stangenwaffe nutzlos wurde.
    Der zweite führte zwei Schwerter, eins in jeder Hand, und er führte beide so geschickt, dass nicht zu erkennen war, ob er Rechts- oder Linkshänder war. Erenis hatte das Gefühl, zwei Gegnern gegenüberzustehen – aber zwei Gegnern, die man nicht verwirren und ineinander verheddern konnte, sondern die perfekt aufeinander eingespielt waren. In diesem Kampf gab es drei Augenblicke, in denen Erenis dachte, ihr letztes Stündlein hätte geschlagen. Alle drei Male hatte sie die eine

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