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Klingenfieber: Roman (German Edition)

Klingenfieber: Roman (German Edition)

Titel: Klingenfieber: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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seine Bemühungen auch nur zu kommentieren. Dabei hätte sie ihn mit all ihrem Wissen doch unendlich weit voranbringen können.
    Nichtsdestotrotz hatte Stenrei das Gefühl, ständig von ihr zu lernen. Indem er ihr jeden Tag beim Kämpfen zusah. Einer wahren Meisterin folgte. Ihre Bewegungen geradezu studierte. Und dabei auch Zeuge wurde, wie sie sich veränderte, sich anpasste, abschaute, Finten und Vorstöße übernahm. Ilehu Wiftin wurde immer wieder sichtbar, fast so, als wäre ein Teil seines Geistes immer noch in ihr lebendig, oder als verwaltete sie sein Vermächtnis. Aber nicht nur den geschickten Zimmermann von Entlengs, sondern auch den einen, den Erenis am Leben gelassen und über den sie so lange noch gespottet hatte, erkannte Stenrei in einigen ihrer Schlagbewegungen wieder.
    Sie formte sich, indem sie sich vorankämpfte, so, wie das Meer Klippen umspült und dahinter Richtung Strand wieder zusammenfindet. Und Stenrei versuchte sich, von ihr unbemerkt und unbeachtet, ebenfalls zu formen. Nach ihrem Ebenbild. Zum Versuch einer männlichen Klingentänzerin.
    Mittlerweile jedenfalls kam ihm dieser Versuch lohnender vor als sein ursprüngliches Bestreben, die schöne Erenis zum Weib gewinnen zu können. Das hatte er mittlerweile nach mehreren Wochen, in denen sie ihn immer noch nicht beim Namen nannte, gründlich abgehakt. Sein diesbezügliches Begehren war immer noch vorhanden: Erenis schwitzte, atmete, lebte und bewegte sich verlockend in seiner unmittelbaren Nähe und machte ihn beinahe rasend damit. Aber er hatte sich inzwischen angewöhnt, sich in die Büsche zu schlagen und sich dort eigenhändig abzureagieren, wenn es nicht mehr auszuhalten war. Ob sie das mitbekam, wusste er nicht. Aber sie zog ihn wenigstens nicht damit auf. Und dadurch kam es ihm schon beinahe wieder wie ein Pakt zwischen ihnen vor. Wie etwas, das sie schweigend billigte.
    Er begann das beinahe zu genießen.
    Der Rittrichter Wenzent Vardrenken inzwischen genoss überhaupt nichts.
    Er ritt mit seinem Tross aus Verfechtern mitten hinein in die schier unüberschaubare Dorflandschaft, Kartenmaterial vor sich ausbreitend, das im Wind zerflatterte, in etwa dorthin sich wendend, wo er die Klingentänzerin zuletzt verloren hatte. Da begann er dann mit seinen Nachforschungen.
    Aber es war schwierig. Ihr Vorsprung war aufgrund seines Abstechers zur Hochstadt und zurück alles andere als unbeträchtlich. Er fand ihre Spur und verlor sie, fand sie wieder und verlor sie erneut. Das kannte er schon, er war ja schließlich bereits vorher lange genug auf ihrer Fährte gewesen, um sich daran gewöhnt zu haben, dass ihre Bewegungen vollkommen zufällig waren, das eine Dorf auslassend, dann wieder eins mit einem Mord bedenkend. Manchmal hatte sie sich sogar nach schräg rückwärts gewandt, um ein Dorf zu erreichen, das sie vorher umgangen hatte. So auch jetzt. Derselbe durch keine Formel der Welt zu berechnende Willkürpfad.
    Nachdem er in den ersten zehn Dörfern mit seinen Verfechtern zusammengeblieben war, gewann der Rittrichter den Eindruck, dass er den Vorsprung seiner von unverständlichen weiblichen Impulsen gelenkten Beute niemals würde aufholen können, wenn er den Vorteil seiner zahlenmäßigen Überlegenheit nicht auszuspielen begann. Also teilte er seine Mannen auf, in sechs Gruppen à fünf Reiter, um sämtliche umgebenden Dörfer auf einmal durchkämmen und dadurch – er selbst führte eine dieser Gruppen an – sechsmal so viele Anhaltspunkte sammeln zu können wie im Pulk. Zuerst schärfte er den Gruppen, bei denen er nicht dabei sein konnte, immer wieder ein, jeden Kampfkontakt mit der Klingentänzerin zu vermeiden, falls sie sie tatsächlich jetzt schon aufspüren sollten. Dann wiederum erinnerte er sich an seine Idee, dass es ja nicht von Nachteil für ihn war, wenn eine dieser Fünfergruppen von Erenis ausgelöscht würde, und er hörte auf mit seinen Belehrungen. Die Männer murrten ohnehin schon genug über ihn und seine für sie nicht nachvollziehbare Übervorsicht. Das gewaltsame Ende eines ihrer Grüppchen würde die Motivation der anderen beträchtlich steigern, denn bislang waren die Verfechter lustlos, beinahe höhnisch und machten allenfalls Dienst nach Vorschrift, keinen einzigen Handgriff mehr. Vardrenken hatte pausenlos damit zu tun, die Kontrolle über sie nicht einzubüßen, ähnlich wie bei seinem weiterhin aufreibend bockigen Pferd.
    So behielt er durch schieren Aktionismus die Kontrolle. Indem er seine Männer

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